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ASIEN/884: Myanmar - Attentat auf buddhistische Politiker in Malaysia (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Februar 2014

Myanmar: Attentat auf buddhistische Politiker in Malaysia - Konflikt mit Muslimen weitet sich aus

von Kalinga Seneviratne


Bild: © Anurup Titu/IPS

Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar, die im November 2012 an der Grenze zu Bangladesch abgewiesen wurden
Bild: © Anurup Titu/IPS

Singapur, 21. Februar (IPS) - Zwei buddhistische Politiker aus Myanmar sind in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur bei einem Mordanschlag nur knapp mit dem Leben davongekommen. Das Attentat nährt Befürchtungen, dass die religiös motivierte Gewalt im Bundesstaat Rakhine, einer der 14 Verwaltungseinheiten Myanmars, nun auf andere Länder überspringt.

Aye Maung und Aya Thar Aung sind hochrangige Mitglieder der Arakan-Nationalpartei (ANP), die die mehrheitlich buddhistische Bevölkerung des westlichen Bundesstaates Rakhine repräsentiert, der während der britischen Kolonialzeit als Arakan bekannt war.

Die beiden Politiker saßen im Auto, als sie vor einem großen Einkaufszentrum in Kuala Lumpur von einem Motorrad aus beschossen wurden. Verletzt wurde niemand. Einen Tag später kehrten sie nach Myanmar zurück. Als Teil einer sechsköpfigen ANP-Delegation hatten sie in Malaysia exilierte Glaubensbrüder treffen und Spenden sammeln wollen.

Aye Maung sprach auf einer Pressekonferenz von einem "gut geplanten Terroranschlag". "Unsere inneren Unruhen haben nun offenbar andere Länder erreicht. Wir können daraus schließen, dass die Terroristen in Staaten wie Malaysia eine feste Basis gefunden haben."


Inszenierungsvorwurf

Mehrere muslimische Gruppen in Malaysia beschuldigen die ANP jedoch, den Angriff selbst inszeniert zu haben, um sich die Sympathie der Buddhisten vor den allgemeinen Wahlen 2015 zu sichern. In Rakhine ist es seit 2012 mehrfach zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Buddhisten und Rohingya-Muslimen gekommen. Viele Opfer stammten aus dieser muslimischen Minderheitsgruppe, deren Mitglieder von den Buddhisten in Myanmar als illegale Migranten aus Bangladesch betrachtet werden.

Tausende Rohingya sind in das vorwiegend von Muslimen besiedelte Malaysia geflohen. Schätzungen zufolge leben dort inzwischen etwa 250.000 Staatsbürger von Myanmar, sowohl Buddhisten als auch Muslime. Viele von ihnen arbeiten in schlecht bezahlten Jobs in Restaurants und auf Baustellen.

Nach den Schüssen in Kuala Lumpur machte die malaysische Polizei sofort Einwanderer aus Myanmar für die Tat verantwortlich. Malaysische Politikexperten wie Chandra Muzaffar, Vorsitzender der Internationalen Bewegung für eine gerechte Welt (JUST), weist jedoch darauf hin, dass viele Muslime in der Region mit der Behandlung der Rohingya in Myanmar unzufrieden sind. Die Polizei müsse den Zwischenfall gründlich untersuchen, um die Hintermänner zu identifizieren.

Der oberste Ermittler in Kuala Lumpur, Khairi Ahrasa, erklärte, dass eine von ihm geleitete Sondereinheit den Fall untersuche, bei dem es Anhaltspunkte für eine Beteiligung der Politik gebe. Es werde außerdem überprüft, ob der gewaltsame Tod eines Bürgers von Myanmar, Ko Aung Gyi, einen Tag später mit dem Mordversuch zusammenhänge.

Ko Aung Gyi, Mitglied der Gruppe der Studenten der Generation 88 aus Rakhine, wurde kurz nach einem Treffen mit der Delegation getötet. Der politische Aktivist lebte mit seiner Familie seit mehreren Jahren in Malaysia. Seine Frau Ma Su Su Myint erklärte, er sei getötet worden, nachdem man ihn um ein Treffen gebeten habe, um eine 'Geschäftsangelegenheit' zu besprechen.


Gewalt gegen Migranten aus Myanmar

Im vergangenen Jahr waren mehrere Migranten aus Myanmar in Malaysia getötet worden. Im Mai 2013 starben bei Übergriffen in Kuala Lumpur, die mit den Unruhen in Rakhine in Verbindung gebracht werden, mindestens zwei Menschen. Zuvor hatte die Polizei in Indonesien vier Männer festgenommen, die später für einen Bombenanschlag auf die Botschaft Myanmars in Jakarta verurteilt wurden. Der Drahtzieher hatte erklärt, man habe den Tod von Muslim-Brüdern in Myanmar rächen wollen.

JUST äußerte sich zudem besorgt über die zunehmenden Spannungen zwischen Muslimen und Buddhisten in der Region. Im vergangenen November veranstaltete die Organisation in Kuala Lumpur einen interreligiösen Dialog, an dem Buddhisten aus ganz Asien und Muslime aus Malaysia und Indonesien teilnahmen.

"Wir haben einen Untersuchungsausschuss aus Buddhisten, Muslimen und Personen ohne Religionszugehörigkeit gebildet, die den Hergang der Tat rekonstruieren und Lösungen vorschlagen sollen", sagte Muzaffar.


Ehemalige Rivalen nun geeint

Wie der aus Myanmar stammende Hla Oo, der in Malaysia im Exil lebt, in seinem Blog schrieb, wird Aye Maung von Rohingya-Muslimen "bitter gehasst". Aye Maungs Partei für die Entwicklung von Nationalitäten (RNDP) und die Arakanische Liga für Demokratie (ALD), die ursprünglich miteinander rivalisierten, beschlossen im vergangenen Oktober, sich zur ANP zusammenzuschließen, um bei den Wahlen 2015 als geballte Kraft anzutreten.

Die Hochburg der RNDP war früher der Norden von Rakhine, während die ALD ihre Stützpunkte im Süden unterhielt. Bei den Wahlen 1990 gewann die ALD elf von 26 Sitzen in Rakhine, 2010 trat sie nicht an. Die RNDP errang vor vier Jahren 16 Mandate. Der Antrag der ANP auf eine Registrierung bei der Wahlkommission von Myanmar wurde Mitte Januar nach mehrmonatiger Wartezeit bewilligt.

Muzaffar ist überzeugt, dass die Regierung von Myanmar mehr tun könnte, um die Gewalt in Rakhine zu beenden. Möglicherweise versuche die Armee, den buddhistischen Nationalismus für sich auszunutzen, um die Militärherrschaft über die Wahlen im übernächsten Jahr hinaus auszudehnen. Nach Ansicht des Experten kann der Verband Südostasiatischer Staaten (ASEAN) versuchen, gemäß seinen Satzungen von 2007 einen Dialog zu initiieren. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/02/myanmar-ethnic-strife-spills-malaysia/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2014