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ITALIEN/017: Linke Mitte legt bei Bürgermeisterwahlen bei Stichwahl nochmals zu (Gerhard Feldbauer)


Linke Mitte legt bei Bürgermeisterwahlen in Italien bei Stichwahl nochmals zu

Leoluca Orlando in Palermo mit 72,4 Prozent wieder Bürgermeister

Von Gerhard Feldbauer, 22. Mai 2012



Beim Ballottagio, der Stichwahl zu den Bürgermeisterwahlen am Sonntag/Montag (20./21. Mai) in Italien, haben die Centro Sinistra-Parteien nochmals zugelegt. Wie bereits das erste Votum wird auch die Stichwahl als ein deutlicher Protest gegen die rigorose Abwälzung der Krisenlasten durch das von der EU diktierte Sparprogramm der Regierung Mario Montis vor allem auf die arbeitenden Menschen und die Rentner gesehen. Zwei Wochen vorher hatten Mitte Links-Kandidaten in der Mehrheit der über 1000 zur Wahl stehenden Städte und Gemeinden bereits die vorderen Plätze belegt. Mit 66,9 Prozent hatten sich etwa 6,9 Millionen an der Wahl beteiligt. Zu der Stichwahl waren nochmals 3,4 Millionen in über 100 Städten mit über 15.000 Einwohnern, darunter in Palermo, Genua und Parma, aufgerufen. Zur Abstimmung stellten sich die Kandidaten, die im ersten Wahlgang nicht die erforderliche absolute Mehrheit von 50 Prozent plus einer Stimme erreicht hatten.

In Palermo siegte erwartungsgemäß der bekannte Anti-Mafia-Politiker Leoluca Orlando von der Partei der Werte Italiens (IdV) des früheren Korruptionsermittlers Antonio Di Pietro. Orlando, der zwischen 1985 und 2000 bereits dreimal das Amt des Stadtoberhaupts von Palermo innehatte und von der Kommunistischen Neugründungspartei (PRC) unterstützte wurde, erreichte mit 72,4 Prozent die höchste Stimmenzahl unter allen Kandidaten. In Genua zieht der Bewerber der Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL) mit 59,7 Prozent ins Bürgermeisteramt ein. In Parma gewann der Kandidat der Protestpartei "Fünf Sterne" des Starkomikers Beppe Grillo die Wahl mit 60,2 Prozent.

Um ihre schweren Verluste im ersten Wahlgang einzudämmen, hatte die faschistoide Volksfreiheitspartei (PdL) des Ex-Premier Silvio Berlusconi in mehreren Städten die rechte Union Demokratischer Christen (UDC) für ein Wahlbündnis gewonnen, was jedoch keine Ergebnisse zeitigte. "Die Lega liegt am Boden", für "die PdL ist es ein Flop", kommentierte "La Repubblica", Sprachrohr der DP, den Wahlausgang. Die Wahlbeteiligung war mit 51,4 Prozent die niedrigste bei Kommunalwahlen, was auch auf das Erdbeben am Vorabend der Wahl in Brescia und Umgebung, das schwere Zerstörungen und sieben Menschenleben forderte, zurückzuführen ist.

Über dem Urnengang lag der Schatten eines Terroranschlag auf eine Modeschule in Brindissi, bei dem eine 16jährige Schülerin getötet und mehrere schwer verletzt wurden. Es verstärkt sich der Verdacht eines Mafia-Hintergrundes. Die Schule trägt den Namen der Frau des Untersuchungsrichters Giovanni Falcone, die mit ihrem Mann und drei Leibwächtern vor genau fast 20 Jahren, am 13. Mai 1992, von der Mafia ermordet wurde.

Nach dem Erfolg von Mitte Links stellt sich erneut die Frage, ob die Wahlsieger den Auftrieb im Widerstand gegen den Sozialabbau und Rechtskurs der Monti-Regierung nutzen werden. Das erforderte, dass die Linke von der DP entschieden verlangt, die Kollaboration im Parlament mit Monti zu beenden, und die noch bestehende Chance zu vorzeitigen Neuwahlen zu nutzen und dazu ein klares Programm sozialer und demokratischer Forderungen zur Überwindung des katastrophalen Erbes des faschistoiden Berlusconi-Regimes vorzulegen sowie dazu eigene Vorschläge einzubringen.

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Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2012