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LATEINAMERIKA/1082: Bauernwiderstand in Brasilien (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Bauernwiderstand in Brasilien
Die Landlosenbewegung MST lässt nicht locker und hat Erfolg

Von Berit Thomsen


"In Brasilien sind 85 Prozent der Bauernhöfe Familienbetriebe", sagt Marcello Netto Rodrigues. Er ist Redakteur der Zeitung Brasil de Fato, die von der brasilianischen Landlosenbewegung MST herausgegeben wird. Rodrigues sagt weiter: "In diesem bäuerlichen Zweig der Landwirtschaft werden 75 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeiter beschäftigt." Allerdings beackern die Familienbetriebe gerade mal ein Viertel des Landes in Brasilien.

"Der Rest des Landes befindet sich in den Händen der Großgrundbesitzer, die an staatlichen Fördermitteln", so Rodrigues, "das Fünffache von dem erhalten, was an die Familienbetriebe fließt." Er hat an einem Treffen zwischen Vertretern der Landlosenbewegung MST, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter (BDM) am 14. Dezember in Bielefeld teilgenommen.

Die industrielle Landwirtschaft überrennt ganze Gebiete. Hinter dieser Landenteignung stehen Interessen großer Konzerne. "Sie brauchen viel Land und billige Arbeitskräfte, um etwa Soja und Zuckerrohr anzubauen meist für den Export," sagt Rodrigues. "Beide Kulturen nehmen derzeit eine Fläche von 35 Millionen Hektar ein. Das ist so groß wie Deutschland."

"Ist erstmal die lokale und regionale Wertschöpfung in den ländlichen Räumen verschwunden, dann haben die Menschen kaum mehr Alternativen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten", fügt Kelli Mafort von der Landlosenorganisation MST hinzu, die 1984 gegründet wurde. Mafort beziffert die potentielle Masse des Widerstandes auf 4,5 Millionen Menschen in Brasilien. Allesamt Menschen ohne Land oder ausgebeutete Landarbeiter. Auf diese Masse setzt MST. Neben Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit organisieren sie mal Demonstrationen oder Besetzungen von Ländereien. Dann werden Familien dort angesiedelt, wenn es gut läuft, bis der Landbesitz erreicht ist.

Der Erfolg ist erstaunlich. Bisher konnten in der Geschichte von MST 370.000 Familien wieder zu Landbesitz gebracht werden. Insgesamt wurden dadurch 14 Millionen Hektar Land erstritten. "Das ist eine Fläche so groß wie Uruguay", sagt Rodrigues. Zurzeit besetzen 90.000 Familien Ländereien. Die Auseinandersetzung geht immer weiter.

Da motiviert es, wenn Brasilien die Nachrichten erreicht, dass die Milchbäuerinnen und Bauern in Deutschland und europaweit Aufstände organisieren. "Es ist wichtig für uns mitzukriegen, dass auch in Europa die Bauern um ihre Rechte kämpfen", sagt Mafort. "Das bestärkt uns in unserer Arbeit."


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 329 - Januar 2010, S. 4
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2010