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LATEINAMERIKA/1396: Peru - Indigene partizipieren an Entscheidungsprozessen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Februar 2013

Peru: Indigene partizipieren an Entscheidungsprozessen - Gesetz wird erstmalig angewendet

von Milagros Salazar


Bild: © Puinamudt

Indigenen-Führer aus dem Amazonasgebiet beim Treffen mit Abgeordneten
Bild: © Puinamudt

Lima, 12. Februar (IPS) - Zum ersten Mal sollen Indigene in Peru ein Mitspracherecht beim Bau eines Erdölförderprojekts auf ihren Territorium erhalten. Dieses Recht leitet sich von einem Gesetz ab, das im vergangenen Jahr verabschiedet wurde. Die Behörden haben der Vereinigung der indigenen Gemeinschaften am Fluss Corrientes (Feconaco) zugesichert, sie vor jedem weiteren Schritt ihres Vorhabens zu konsultieren.

Die Indigenen jedoch misstrauen den Behörden. "Wenn sie wollen, dass wir sie respektieren, dann müssen sie auch unsere Entscheidungen respektieren", sagt Andrés Sandi, Präsident der Vereinigung. Sandi trägt einen Kopfschmuck aus roten und gelben Federn, die seinen Status als 'Apus' - indigenen Anführer - symbolisieren.

Ende Januar reiste Sandi aus dem tiefen Amazonas nach Lima, wo er mit anderen indigenen Anführern und Vertretern der Regierung zusammentraf. Ziel seiner Reise war es, den Behörden klarzumachen, dass sich die Indigenen nicht an den Konsultationen beteiligen werden, wenn ihre Gemeinschaften als solche nicht anerkannt würden. "Man kann nicht nur den Sohn respektieren, man muss auch dem Vater Respekt zollen", so der indigene Achuar.


Indigene drohen mit Blockade

Die Indigenen-Führer klagten darüber, dass Mitarbeiter der staatlichen Firma PeruPetro, die am Ölfeld 1AB im Amazonasgebiet Öl fördern wollen, Ende Januar auf indigenes Territorium eindrangen, auf dem sich das Ölfeld befindet, ohne die Bewohner der Region vorher gefragt zu haben. "Wir werden das ganze Projekt zum Stillstand bringen, wenn man uns nicht anhört", warnte einer der Indigenen.

Das Gesetz über das Recht auf vorherige Konsultation der indigenen Völker wurde bereits im August 2011 erlassen, jedoch erst im April 2012 vom Parlament gebilligt. Es beruht auf Vorgaben der Konvention 169 über die Rechte indigener Völker der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), Indigene in politische und wirtschaftliche Entscheidungen, die ihr Land betreffen, einzubeziehen. Das Ölfördervorhaben 1AB ist der erste Streitfall, der im Rahmen des Gesetzes behandelt werden soll.

Die Indigenen sind gut organisiert: Die Gemeinschaften Achuar, Urarina, Kukama Kukamira, Secoya, Matsés und Quechua haben die Plattform Indigenenvölker im Amazonasgebiet zur Verteidigung ihrer Territorien (Puinamudt) gegründet. Dieser gehört auch die Vereinigung der indigenen Gemeinschaften am Fluss Corrientes an.

"Die Bedürfnisse der Indigenen kann man nicht einfach außer Acht lassen", sagt die Parlamentsabgeordnete Verónika Mendoza gegenüber IPS. Mendoza gehört einer Gruppe von Abgeordneten an, die den Konsultationsprozess begleiten sollen. Am 4. Februar beriefen sie ein Treffen mit Vertretern von PeruPetro ein und forderten sie zu einer Stellungnahme auf. Die Unternehmensvertreter sagten schließlich zu, die Indigenen über jeden ihrer Schritte auf dem Laufenden zu halten.

PeruPetro kann erst ab 2015 Öl am Ölfeld 1AB fördern. Das Unternehmen hat kürzlich die Konzession dafür gewonnen. Noch ist jedoch die Firma Pluspetrol Norte für das Ölfeld verantwortlich. Dort ist die Umweltverschmutzung teilweise so stark, dass eine natürliche Sanierung nicht mehr möglich ist.

Im Juli 2012 stellten die Indigenen im Ölfeld 1AB 25 Fälle von Umweltbelastungen fest. Davon fielen 17 auf das Tigre-Becken, zwei auf die Ufergelände des Flusses Corrientes und sechs auf das Pastaza-Becken. Von 2007 bis 2011 haben die indigenen Umweltbeobachter insgesamt 82 Leckagen am Ölfeld 1AB gezählt. Als Ursache gelten in der Regel alte poröse Ölleitungen. Vertreter des Unternehmens Pluspetrol Norte hingegen beklagen Vandalismus und absichtlich zerstörte Leitungen.


Umweltschäden müssen beseitigt werden

Die Indigenen bestehen darauf, dass ab 2015 kein weiteres Öl gefördert wird, bis es einen Fahrplan dafür gibt, wie die bisherigen Umweltschäden beseitigt werden können. Auf Druck der Indigenen hat die staatliche Umweltbehörde Proben genommen, um den Grad der Umweltverschmutzung messen zu können. Die ersten Zwischenergebnisse gingen den Indigenen in der ersten Februarwoche zu. Demzufolge übertraf die Konzentration einiger Chemikalien im Wasser des Flusses Pastaza die erlaubten Werte um das 90-Fache.

Das Ministerium für Interkulturalität zählt 52 indigene Völker im ganzen Land. 48 davon leben im Amazonasgebiet, vier in den Anden. Dem Ministerium zufolge kommen auf das Land in diesem Jahr fünf Konsultationsprozesse zu. Der erste sollte bereits im Februar oder März beginnen, doch die Indigenen blockieren den Start. Immerhin haben sie zugestimmt, sich in der zweiten Februarhälfte mit Vertretern von PeruPetro zusammenzusetzen, um die erste Konsultation gemeinsam zu planen. (Ende/IPS/jt/2013)


Links:

http://feconaco.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102337

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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2013