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LATEINAMERIKA/1403: Venezuela - Kommunisten für Maduro (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 11 vom 15. März 2013
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Kommunisten für Maduro
Venezuela wählt am 14. April - Nicolás Maduro kandidiert gegen Henrique Capriles

von André Scheer



Nach dem Tod des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez wählt Venezuela am 14. April sein neues Staatsoberhaupt. Gegenüber stehen sich auf der einen Seite Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski, der im vergangenen Oktober klar gegen Chávez verloren hatte.

Capriles, der Gouverneur im Bundesstaat Miranda ist, war die erneute Kandidatur per Twitter-Nachricht vom Oppositionsbündnis "Tisch der demokratischen Einheit" (MUD) angeboten worden. In der Nacht zum vergangenen Montag akzeptierte er dann die Bewerbung, obwohl sich der extreme Flügel der Opposition für einen Boykott der Neuwahlen ausgesprochen hatte. Capriles nutzte seine Ansprache allerdings dazu, die Anhänger und Familienangehörigen von Hugo Chávez zu beschimpfen. Chávez sei nicht am 5. März, sondern bereits im vergangenen Dezember verstorben, behauptete er. Die Angehörigen hätten sich zu einem "Zirkus" hergegeben, der mit dem Leichnam des verstorbenen Präsidenten veranstaltet worden sei, um Zeit zu gewinnen. Chávez' Stellvertreter, den jetzigen geschäftsführenden Staatschef Nicolás Maduro, fragte Capriles, ob er in Havanna Schauspielunterricht genommen habe, um "Weinen zu lernen". Zugleich forderte er die trauernden Anhänger des verstorbenen Präsidenten auf, nach Hause zu gehen: "Chávez ist nicht mehr da, und niemand kann ihn euch zurückgeben. Für mich als Gläubigen war das die Entscheidung Gottes."

Maduro war von Hugo Chávez bei dessen letzter Fernsehansprache am 8. Dezember vergangenen Jahres als Nachfolger vorgeschlagen worden. Unterstützt wird er nicht nur von der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV), sondern auch von Venezuelas Kommunisten. Die PCV hatte nach dem Tod des Comandante am darauffolgenden Wochenende eine Sitzung ihres Zentralkomitees und anschließend eine Nationalkonferenz einberufen, um ihr Verhalten bei den Neuwahlen abzustimmen.

Einstimmig sprachen sich beide Instanzen für die Unterstützung von Nicolás Maduro aus. Dieser sei mehr als sechs Jahre lang ein herausragendes Mitglied des Regierungskabinetts von Hugo Chávez gewesen. Als Außenminister habe er "in entscheidender Weise zur Entwicklung der antiimperialistischen Außenpolitik und zur Einheit des großen lateinamerikanischen und karibischen Heimatlandes" beigetragen. "Das waren zentrale Elemente im Handeln der Regierung von Präsident Chávez, die mit der Politik unserer Partei übereinstimmen, den Aufbau neuer internationaler Kräfteverhältnisse zugunsten der nationalen Souveränität der vom Imperialismus, und speziell dem US-Imperialismus, besetzten Völker und Länder zu fördern". Zudem stamme Nicolás Maduro aus den Reihen der Arbeiterklasse, sei seit früher Jugend in fortschrittlichen politischen und sozialen Organisationen besonders der gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung aktiv gewesen. Er sei der Verteidigung der Interessen der Arbeiterklasse verpflichtet, die zum historischen Hauptsubjekt der tiefgreifenden Umgestaltung der Gesellschaft auf dem Weg zum Sozialismus werden müsse, heißt es in der Resolution der venezolanischen Kommunisten. Gefordert wird vom künftigen Präsidenten, den Kampf gegen Bürokratismus und Korruption zu verstärken und eine Diskussion darüber zu entwickeln, was die revolutionäre Bewegung Venezuelas unter dem Begriff Sozialismus konkret versteht.

Der Präsidentschaftskandidat ließ es sich nicht nehmen, in Begleitung seines halben Kabinetts persönlich im Theater Cantaclaro, dem Sitz des PCV-Zentralkomitees, zu erscheinen. In einer fast zweistündigen Ansprache würdigte Maduro die Rolle der Kommunisten in den vergangenen Jahrzehnten und ihre Loyalität zu dem von Hugo Chávez geführten revolutionären Prozess. Er erinnerte daran, dass die Kommunistische Partei 1996 die erste politische Kraft war, die Hugo Chávez als ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 6. Dezember 1998 nominiert hatte. Die PCV hatte Chávez damals zu einer Beratung in das Parteigebäude eingeladen und diesen gefragt, ob er eine Unterstützung durch die Kommunisten akzeptieren würde. Die PCV hatte Erfahrungen damit, dass sich "fortschrittlich" gebende Kandidaten aus wahltaktischen Gründen Wahlaufrufe der Partei zurückwiesen. Chávez jedoch akzeptierte sofort die Unterstützung durch die PCV und rief diese dazu auf, ihre Entscheidung öffentlich zu machen. So erschien die Parteizeitung "Tribuna Popular" damals mit der historischen Schlagzeile "Hugo Chávez - Kandidat der PCV" über einem Foto, das den Comandante vor einem Transparent der Partei zeigt.

Auch Maduro hat keine Scheu, sich auf eine Bühne zu stellen, die mit roten Fahnen, Hammer und Sichel und dem "roten Hahn", dem traditionellen Symbol der PCV, geschmückt ist. Zwar versuche die Rechte, politische Gegner mit dem Vorwurf des Kommunismus zu beleidigen, sagte Maduro in seiner Ansprache vor den Delegierten der Partei am 10. März. "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun. Denn jemanden einen Kommunisten zu nennen, bedeutet, ihn ehrlich und bescheiden zu nennen," unterstrich er. "Kann euch jemand irgendetwas vorwerfen? Kann euch jemand Krämerseelen, Diebe, Hinterzieher nennen?

Gibt es jemanden, der behaupten könnte, dass die Kommunisten irgendwo die Arbeiterklasse verraten oder Bestrebungen gegen unser Heimatland unterstützt hätten?" Das unterscheide die PCV von anderen Kräften, die zeitweilig oder ganz die Seiten gewechselt hätten. Venezuelas Kommunisten könnten deshalb stolz auf eine "fast perfekte Geschichte" sein. Maduro schlug deshalb vor, dass die PCV offiziell Teil der politisch-militärischen Führung der Bolivarischen Revolution werden solle. Diesem Gremium gehören bislang das Regierungskabinett, das Oberkommando der Streitkräfte, die Gouverneure der 20 sozialistisch regierten Bundesstaaten, Caracas' Oberbürgermeister Jorge Rodríguez und die Regierungschefin des Hauptstadtdistrikts, Jacqueline Farías, an.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 45. Jahrgang, Nr. 11 vom 15. März 2013, Seite 13
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2013