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LATEINAMERIKA/1500: Wirtschaftskrieg gegen Venezuelas Regierung (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 7 vom 13. Februar 2015
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Wirtschaftskrieg gegen Venezuelas Regierung
Inflation, Verknappung, Schieberei - Destabilisierung als Ziel

von Günter Pohl


In Venezuela vertiefen sich die Anzeichen für einen lang andauernden Wirtschaftskrieg gegen die linke Regierung. In manchen Wirtschaftsbereichen kommt es zu Engpässen in der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs.

Gebäude der Supermarktkette "Día Día" wurden am 6. Februar durch die Regierung besetzt, ebenso wie Teile des Managementbereichs. "Die 35 Zweigstellen von Día Día gehen in die Kontrolle des staatlichen Lebensmittelproduktions- und -verteilsystems PDVAL über", so Präsident Nicolás Maduro. Auch gibt es Vorwürfe der künstlichen Verknappung gegen die Drogeriekette "FarmaTodo". Der "Día Día"-Geschäftsführer Manuel Morales war am 2. Februar verhaftet worden, weil er in Schiebereien und Verknappung von Gütern, an denen ein hoher Bedarf besteht, verwickelt ist. 2.500 Tonnen solcher Güter sind nach Regierungsangaben illegal verschoben worden, während die normalen Kundinnen und Kunden vor immer leereren Geschäften Schlange stehen. Auch Güter wie Fahrzeuge, Maschinen oder Ersatzteile werden knapp; es existiert ein paralleler Devisenmarkt. In dieser Situation verschärft der geringere Ölpreis, aus dem Venezuela den Löwenanteil seiner Staatseinnahmen bezieht, die Konfrontation. Dem ist die Regierung mit einer bewussten Anhebung von Renten und des staatlichen Mindestlohns um 15 Prozent im Januar entgegengetreten. Die Inflation lag 2014 bei 64 Prozent; der niedrige Ölpreis könnte zusätzlich zu einer Rezession führen.

Die venezolanische Regierung wandte sich auch gegen Sanktionen durch die USA, die diese unter Hinweis auf angebliche Menschenrechtsverletzungen verhängt hatte. Dabei werden Fälle von Oppositionspolitikern angeführt, die wegen Anstachelung zu gewaltsamen Aktionen inhaftiert wurden. An die venezolanische Regierung legen die USA andere Maßstäbe an als an ihre eigene rassistische Justiz oder an Korruption in verbündeten Ländern. CELAC, die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten, stellte sich dagegen hinter die Regierung des Präsidenten Maduro.

Der Internationale Sekretär der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV), Carolus Wimmer, schätzte im Gespräch mit UZ ein, dass die Lage für die Kräfte der bolivarianischen Revolution kompliziert sei: Auf der einen Seite unternähmen die USA alles, was machbar sei, um die venezolanische Regierung zu stürzen - sowohl, um die Kontrolle über die Naturreichtümer des Landes wieder zu erlangen, als auch, um den politischen Einfluss der linken Regierung in Lateinamerika und weltweit zu brechen. Andererseits, so Wimmer, werde der mediale und wirtschaftliche Krieg gegen die Regierung zwar gemeinsam mit der nationalen Bourgeoisie und der Rechten sowie faschistischen Kräften durchgeführt. Die Opposition ist aber weiterhin politisch schwach und zerstritten. Daher bleibe den USA nur der putschistische Weg, für den eine militärische Lösung ausdrücklich Teil der Planungen ist. Die Regierungsallianz des Patriotischen Pols ist noch stabil; auch die Streitkräfte stehen hinter der Regierung, von einzelnen Abweichlern, die von den USA unterstützt und geschützt werden, abgesehen. Wimmer und die PCV gehen daher davon aus, dass es für die fortschrittlichen Kräfte trotz aller Schwierigkeiten möglich ist, die gegenwärtigen Probleme zu bewältigen.

Ähnliche Versuche, die Linksregierung zu destabilisieren, hat es seit 1999 immer wieder gegeben. 2002 wurde sogar ein nach zwei Tagen zurückgeschlagener Putsch gegen Präsident Hugo Chávez durchgeführt. Damals wie heute ist im Falle eines Putsches aber immer auch eine ganz andere Wendung denkbar: eine Stärkung des revolutionären Prozesses, wenn sich im Kampf gegen die Putschisten das Bewusstsein der breiten Bevölkerung entwickelt. Nach dem Sieg 2002 hatte die Regierung eine ganze Reihe von fortschrittlichen Maßnahmen eingeleitet. Seit etwa sechs bis sieben Jahren jedoch ist der Bolivarianische Prozess ins Stocken geraten. Nach dem Tod von Hugo Chávez kämpft sein Nachfolger Nicolás Maduro immer noch um einen Weg. Dabei haben sich innerparteiliche Widersacher, die eher auf ein Verwalten einer pragmatischen Regierungsarbeit setzen, in wichtigen Positionen festgesetzt. Diese Kräfte führen einen Kleinkrieg gegen die Teile der Bewegung, die - wie die PCV - eine deutliche Radikalisierung des Prozesses verlangen. Bisher ist es dem Regierungslager immer gelungen, der Bedrohung von rechts mit gemeinsamer Gegenwehr zu begegnen - und um diese Einigkeit geht es auch jetzt.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 47. Jahrgang, Nr. 7 vom 13. Februar 2015, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2015

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