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LATEINAMERIKA/2074: Chile - Proteste und Straßenblockaden drei Jahre nach Beginn der Revolte (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Chile
Proteste und Straßenblockaden drei Jahre nach Beginn der Revolte


Der dritte Jahrestag des gesellschaftlichen Aufstands in Chile wurde mit zahlreichen Protestaktionen begangen. Präsident Boric rief zu Zusammenhalt auf.

(Santiago de Chile, 18. Oktober 2022, telesur) - Mit Straßenblockaden in mehreren chilenischen Städten wurde am Dienstag, den 18. Oktober, auf den dritten Jahrestag des Beginns der Proteste in Chile erinnert. Nach Angaben der örtlichen Behörden brachte die Polizei Carabineros die Proteste unter Kontrolle, damit geplante Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Revolte stattfinden konnten. Unterdessen rief Chiles Präsident Gabriel Boric die Bevölkerung dazu auf, gemeinsam an der Lösung der wesentlichsten Probleme des Landes zu arbeiten.

In der Stadt Renca in der Metropolregion der Hauptstadt Santiago war der Verkehr beispielsweise von 7 bis 9 Uhr morgens durch Barrikaden eines Wohnungskomitees unterbrochen worden. Durch die Blockade einer Hauptkreuzung kam es zu Staus und stockendem Verkehr. Nach Angaben der Teilnehmenden dienten die Proteste dem Ziel, von der Regierung das Recht auf würdigen Wohnraum einzufordern. Aufgrund der steigenden Inflation könnten sich viele diesen nicht mehr leisten.


Bergwerk blockiert, Schüler*innen protestieren für Freilassung der politischen Gefangenen

Zur gleichen Zeit und aus den gleichen Motiven blockierte die Vereinigung der Bergbauarbeiter (Fetramin) in Valparaíso den Zugang zu dem vom Großkonzern Codelco betriebenen Bergwerk Andina. Das chilenische Ministerium für Verkehr und Telekommunikation berichtete am Morgen von Sperrungen und Umleitungen in verschiedenen Teilen der Hauptstadt, die durch Blockaden in Gebieten wie San Ramón, Conchalí, Renca, La Florida und Santiago nötig geworden waren.

Die symbolträchtigen Gymnasien in Santiago waren geschlossen geblieben, die Schüler*innen durften sie nicht betreten. In ihrer unmittelbaren Umgebung kam es jedoch zu Protestaktionen. Eine Gruppe von Demonstrierenden, die sich an der Metrostation República versammelt hatte, verkündete: "Drei Jahre nach dem Aufstand haben wir nichts erreicht, wir leben immer noch in diesem Staat des Elends und der Ausbeutung". Außerdem forderten sie die "sofortige und bedingungslose Freilassung der politischen Gefangenen".


Protestaktionen in der Nähe des "Platzes der Würde"

Zu änhlichen Ereignissen kam es auf der Plaza Ñuñoa und der Plaza Baquedano, wo sich zahlreiche Menschen zum Protestieren und zu Straßenblockaden versammelten, um an den Jahrestag des 18. Oktober zu erinnern. Die ersten Zwischenfälle wurden am Morgen gemeldet, als sich die Polizei den Demonstrierenden entgegenstellte, nachdem diese die Straßen in der Umgebung der sogenannten Plaza de la Dignidad (Platz der Würde), dem Schauplatz der Proteste vor drei Jahren, blockiert hatten. Nachdem Personen Barrikaden auf der Avenida Providencia errichtet hatten, musste die Polizei den Verkehr im Bereich der Plaza Baquedano für einige Minuten unterbrechen.

Präsident Boric forderte die Politik auf, auf den "gesellschaftlichen Aufschrei" zu reagieren. In seiner Rede machte der chilenische Präsident darauf aufmerksam, dass "vor drei Jahren Tausende von Menschen demonstrierten, die eine lang aufgestaute Unzufriedenheit zum Ausdruck brachten, um mehr Gerechtigkeit, Gleichheit und ein Ende der Missstände zu fordern." "Sie haben demonstriert, damit weder die Größe des Geldbeutels noch der Geburtsort eine Bedingung für den Zugang zu einem sicheren Leben, einer guten Gesundheit, einer angemessenen Bildung und einer Rente sind, die nach einem Arbeitsleben einen würdigen Ruhestand garantiert", so Boric.

Der Staatschef bestritt auch, dass es sich bei den Protestaktionen um eine "antikapitalistische Revolution" handele. Stattdessen sei es vielmehr ein Ausdruck der Unzufriedenheit. "Die Proteste waren keine antikapitalistische Revolution und auch keine reine Welle von Verbrechen, wie man in den letzten Tagen versucht hat zu verbreiten. Sie waren Ausdruck von Schmerz und Brüchen in unserer Gesellschaft, die die Politik, deren Teil wir sind, nicht zu deuten oder zu beantworten vermocht hat", so der Präsident.


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veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 15. November 2022

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