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NAHOST/701: 'Ya Salaam' - Arabisch wird Pflichtfach an israelischen Schulen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. Oktober 2010

'Ya Salaam' - Arabisch wird Pflichtfach an israelischen Schulen

Von Jerrold Kessel und Pierre Klochendler


Jerusalem, 8. Oktober (IPS) - Das israelische Bildungsministerium hat mit Beginn des laufenden Schuljahres Arabisch zum Pflichtfach erhoben. Die Direkive gilt vorerst für 170 Schulen im israelischen Norden. Ihre Befürworter werten sie als Versuch des Brückenbaus zwischen jüdischen und arabischen Israelis.

Hinter der Reform steht Schlomo Alon, der Chef der Abteilung für arabische und islamische Lerhinhalte im israelischen Bildungsministerium. 'Ya Salaam' heißt die von ihm ins Rollen gebrachte Initiative - 'wie wunderbar' in arabischer Sprache. "Wir hoffen, dass größere Vertrautheit mit der arabischen Sprache die Toleranz und Akzeptanz in der jungen Generation fördert", sagt Alon.

Ya Salaam ist zu einer kritischen Zeit angelaufen. Derzeit denkt die israelische Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu über die Einführung eines Treueschwurs auf den "jüdischen Staat Israel" für Bewerber um die israelische Staatsbürgerschaft nach - ein Affront gegen alle Palästinenser, die die israelische Staatsbürgerschaft anstreben, etwa weil sie ein Mitglied der arabischen Minderheit in Israel heiraten wollen.

"Die Beziehungen zwischen arabischen Israelis und dem Staat werden diese Pläne sicher nicht verbessern", fürchtet Netanjahus Stellvertreter Dan Meridor. 20 Prozent der Israelis sind arabischer Herkunft. Die meisten von ihnen sprechen fließend Hebräisch. Für den Rest der Israelis gilt das nicht. Viele von ihnen sehen im Arabischen die Sprache des Feindes.


Den Feind verstehen

Bislang war Arabisch eine von mehreren Zweitsprachen, zwischen denen israelische Schüler im Alter von zwölf Jahren wählen konnten, und Englisch bindend die erste Pflichtsprache. Das Arabische konnte kaum mit anderen Sprachen wie Russisch oder Französisch konkurrieren. Nur wenige Schüler entschieden sich für Arabisch als Unterrichtsfach.

Auch waren die Motive nicht unbedingt von Interesse an der arabischen Minderheit geprägt. Viele Israelis, die arabisch sprechen, haben die Sprache 'aus Sicherheitsgründen' erlernt, wollen 'den Gegner' auf der Straße verstehen oder ihren Militärdienst beim Geheimdienst absolvieren. Prinzipiell fühlen sich die meisten jüdischen Israelis Europäern und Amerikanern und deren Werten näher als arabischen Nachbarn und arabischen Israelis.


"Viel schwerer als Hebräisch"

Die Kinder, die jetzt erste Erfahrungen mit der arabischen Sprache sammeln, haben es nicht leicht. "Arabisch ist viel schwerer als Hebräisch", sagt der zehnjährige Yossi. "Aber ich fange an, den Klang der arabischen Sprache zu mögen." Seine Lehrerin hofft wie Alon, dass mit der Sprachkenntnis Barrieren fallen. "Als ich klein war, machte mir die arabische Sprache Angst. Vielleicht kann Ya Salaam das ändern."

Offenbar gab es trotz der schwierigen Lage in Nahost in Israel Nachfrage nach Arabisch als Pflichtfach. "Eltern und Schüler wollten Arabisch auf dem Lehrplan", sagt Alon. Er selbst habe zudem mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für Arabischlehrer gesucht. Etwa 1.000 dieser Lehrer unterrichten an israelischen Schulen. Die meisten von ihnen sind jüdischen Glaubens. Dank Ya Salaam wurden 50 neue arabische Lehrer eingestellt.

"Vielleicht gelingt es Israel mit der Einführung von Arabisch als Pflichtfach den Respekt für die arabische Minderheit gesellschaftlich zu verankern", meint Alon. Er hofft, dass sein Pilotprojekt bald auf alle öffentlichen Schulen ausgedehnt wird. (Ende/IPS/hn/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2010