Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

OZEANIEN/028: Pazifik - Neues Inselstaaten-Forum will sich von Australien und Neuseeland emanzipieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2013

Pazifik: Neues Inselstaaten-Forum will sich von Australien und Neuseeland emanzipieren

von Kalinga Seneviratne


Bild: © David Jackmanson/CC BY 2.0

Karte der Pazifikregion
Bild: © David Jackmanson/CC BY 2.0

Singapur, 22. August (IPS) - Das neue Entwicklungsforum der Pazifikstaaten (PIDF) will als volksnahes Gegengewicht zu dem bisherigen Forum der Pazifikinseln (PIF) auftreten, in dem Australien und Neuseeland ein deutliches Übergewicht haben. Doch das Projekt könnte einen Keil zwischen die Länder der Region treiben. Drahtzieher ist nämlich der von mehreren Staaten geächtete Putschist Frank Bainimarama, der seit 2006 die Fidschi-Inseln regiert.

Bei der Vorstellung von PIDF Anfang dieses Monats kritisierte Premierminister Bainimarama, dass bisher einige Staaten "größtenteils aus dem Entscheidungsprozess ausgeschlossen worden sind". Dies wolle PIDF nun ändern.

Die zwischenstaatliche Regionalorganisation PIF setzt sich aus 16 Vertretern der 14 Pazifikstaaten sowie aus Australien und Neuseeland zusammen. Der Hauptsitz befindet sich in der Hauptstadt der Fidschi-Inseln, in Suva. Der Staat ist allerdings aus dem Gremium ausgeschlossen, seit der Marinekommandant Bainimarama durch einen Putsch die Macht an sich riss und Wahlen verweigerte.

"Es ist kein Geheimnis, dass Bainimarama eine große Abneigung gegen PIF hat, vor allem wegen der scheinheiligen Art und Weise, mit der das Forum die Fidschi-Inseln seit dem Militärcoup behandelt hat", sagte David Robbie, der das 'Pacific Media Centre' mit Sitz im neuseeländischen Auckland leitet. "Die Versuche des Forums, Fidschi zu destabilisieren, haben sich als Bumerang erwiesen. Bei aller Kritik an dem Regime des Staates muss man auch positive Entwicklungen anerkennen, etwa die Öffnung der Region für groß angelegte Entwicklungspartnerschaften mit Asien."


Ressentiments gegen reiche Australier

Bainimarama schürt in den Pazifikstaaten Ressentiments gegen PIF, indem er auf die Dominanz wohlhabender Australier, Neuseeländer oder Einwanderer aus anderen westlichen Ländern in dem Forum hinweist. Er wirft ihnen vor, durchsetzen zu wollen, dass die Probleme im Pazifikraum aus der Perspektive der Industriestaaten gelöst werden.

Der Präsident von Kiribati, Anote Tong, räumte in einem Interview mit Radio Australia ein, dass das Forum nicht die tatsächlichen Anliegen der Gesellschaft vertritt. "Wir sind ein Club, der sich zurückzieht und weit entfernt von den Menschen ist, die Antworten erwarten."

Der Unterschied zwischen den beiden Foren ist auch optisch sichtbar. Während die Teilnehmer der hinter geschlossenen Türen stattfindenden PIF-Treffen zumeist in Anzügen erscheinen, wurden auf der ersten PIDF-Versammlung farbige, kurzärmelige Hemden im pazifischen Stil getragen. Alle Diskussionen des Forums waren öffentlich.

Zum ersten Mal kamen in einem größeren regionalen Gremium des Pazifikraums Vertreter von Wirtschaft, Kirche und Zivilgesellschaft mit Politikern zusammen. Nach Ansicht von Robbie gewinnt PIDF weiter an Rückhalt. "Bainimarama ist ein Coup gelungen, als er den Regierungschef von Osttimor, Xanana Gusmao, gegen den Widerstand Australiens zu dem Forum einladen konnte. Damit wurde eine wichtige Brücke zwischen Asien und dem Pazifikraum geschlagen."

Die Gründung von PIDF zeigt, dass Australien und Neuseeland nicht länger allein das Sagen haben, wenn es um die Verteilung regionaler Hilfen geht. In den vergangenen zehn Jahren haben auch China und viele andere asiatische Länder damit begonnen, im Pazifikraum zu investieren oder Finanzhilfen dorthin zu lenken. Die Ausrichtung des PIDF-Gründungstreffens wurde von China, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziert.

Während die Pazifikstaaten hohe Regierungsvertreter zu dem Treffen entsandten, waren seitens Australiens und Neuseelands nur Beobachter anwesend. Sondergesandte kamen aus China, Russland sowie aus Staaten wie Chile und Kuba. Die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Katar schickten Regierungsminister.


Neues Forum spaltet die Inselstaaten

Zugleich wurde deutlich, dass PIDF die Länder Melanesiens und Polynesiens spaltet. Denn hochrangige Politiker aus polynesischen Inselstaaten wie Samoa, Tahiti und Französisch-Polynesien boykottierten die Zusammenkunft.

Die polynesischen Nationen stehen in regionalen Angelegenheiten tendenziell eher auf der Seite Australiens und Neuseelands. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung des Pazifikraums leben jedoch in den Staaten Melanesiens. Australien verhinderte, dass Bainimarama 2010 innerhalb des PIF an die Spitze der einflussreichen regionalen Vereinigung 'Melanesian Spearhead Group' (MSG) rückte.

Dieses Vorgehen scheint Australien aber geschadet zu haben. "MSG ist das eigentliche wirtschaftliche Kraftzentrum der Pazifikregion und eine ernste Gefahr für das alte Forum, in dem vor allem die polynesischen Staaten, Australien und Neuseeland das Sagen haben", erklärte Robbie. "Und mit PIDF ist nun eine weitere Bedrohung aufgetaucht." (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://pacificidf.org/
http://www.forumsec.org/
http://www.msgsec.info/
http://www.ipsnews.net/2013/08/little-islands-take-on-australian-dominance/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2013