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FINANZEN/350: Hessen - Land spart zu Lasten der Studierenden (idw)


Universität Kassel - 07.05.2010

Land spart zu Lasten der Studierenden

Senat und AStA der Universität Kassel haben sich kritisch mit der geplanten Kürzung des hessischen Hochschulbudgets auseinandergesetzt.


Kassel. Der Senat und der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Universität Kassel haben in der gestrigen Sitzung des Senats folgende Erklärung abgegeben:

Die im neuen Hochschulpakt für das Jahr 2011 vorgesehenen Kürzungen von 30 Millionen Euro für die hessischen Hochschulen sind unverantwortlich. Die Situation an den Hochschulen ist bereits heute angespannt: Überfüllte Hörsäle, wachsende Zahlen an Studierenden pro Lehrperson und Prüfungsüberlast erschweren das Lehren, Lernen und Forschen.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland gemessen an seiner Wirtschaftskraft deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Industrieländer. Die öffentlichen Gesamtausgaben betrugen 2006 nur 1,1 % des deutschen Bruttoinlandprodukts, die Ausgaben der Schweiz lagen bei 1,5 % und der Durchschnitt der EU und der OECD bei 1,3 %. In absoluten Zahlen gab Deutschland pro Studierende (inkl. Medizin) 13.016 USD aus, die Schweiz 22.230 USD.

Im innerdeutschen Ländervergleich gehört Hessen zur Schlussgruppe. Die öffentlichen Gesamtausgaben betrugen nur 0,9 % des hessischen Bruttoinlandprodukts, allein Bayern lag darunter. Pro Studierende (ohne Humanmedizin) ergab dies Ausgaben in Höhe von 6.200 Euro, der Bundesdurchschnitt lag bei 6.300 Euro, Baden-Württemberg leistete sich 7.000 Euro (alle Zahlen von 2006, s. Statistisches Bundesamt, Bildungsfinanzbericht 2009).

Die demografische Entwicklung und die doppelten Abitursjahrgänge verschärfen künftig drastisch die Unterfinanzierung der Hochschulen. Aus demographischen Gründen nimmt die Zahl der Absolventen von allgemein bildenden Schulen mit Fachhochschul- und Hochschulreife bis zum Wintersemester 2010 zu. Diese starken Jahrgänge werden mindestens bis 2015 an den Hochschulen verbleiben. Ihnen streben aufgrund der gymnasialen Schulzeitverkürzung (G8) bis 2016 weitere starke Jahrgänge nach. Die gewählte Etappenlösung über drei Abitursjahrgänge wird in Hessen die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten in den Jahren 2013 bis 2015 deutlich erhöhen. Bis 2013 erwartet die Kultusministerkonferenz eine Erhöhung der bundesweiten Absolventenzahl von derzeit 282.000 auf 343.000.

Bereits jetzt bestehen für viele Fächer an hessischen Universitäten Zugangsbeschränkungen (Numerus Clausus), die für viele Studierwillige die Berufsoptionen stark einschränken. Die geplanten Kürzungen werden dazu führen, dass noch mehr Studierwillige vom Studium ausgeschlossen werden oder nur unter schlechten Bedingungen studieren werden können. Darüber hinaus erfordern bildungspolitische Vorhaben wie der Ausbau dualer Studiengänge, also die Kombination von Berufsausbildung und Studium, und die neue Regelung für den Hochschulzugang beruflich Qualifizierter mehr und nicht weniger öffentliche Mittel. Das Ansinnen, künftig 20 Mio. Euro aus dem Grundbudget der Hochschulen in das Erfolgsbudget zu verlagern, halten wir für einen bildungspolitischen Fehler, weil damit tendenziell statt Studienplätzen Exzellenzprojekte noch weiter begünstigt werden.

Die Universität Kassel übernimmt schon heute mit einer Studierendenauslastung von ca. 115% einen starken Anteil an der Bewältigung des Missverhältnisses von Bildungsangebot und -nachfrage. Mit zusätzlichen Kürzungen im Bildungsbereich spart das Land zu Lasten derzeitiger Studierender und künftiger Abitur-Jahrgänge!" (p)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution45


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Kassel, Christine Mandel, 07.05.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2010