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INTERNATIONAL/012: Somalia - Nach den Kämpfen zurück in die Schulen, Internate für Waisen geplant (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Dezember 2011

Somalia: Nach den Kämpfen zurück in die Schulen - Regierung plant Internate für Waisen

von Shafi'i Mohyaddin Abokar

An den meisten Schulen müssen Mädchen Ganzkörperschleier tragen - Bild: © Shafi'i Mohyaddin Abokar/IPS

An den meisten Schulen müssen Mädchen Ganzkörperschleier tragen
Bild: © Shafi'i Mohyaddin Abokar/IPS

Mogadischu, 28. Dezember (IPS) - In den Bezirken der somalischen Hauptstadt Mogadischu, in denen bis vor kurzem die Kämpfer der radikal-islamistischen Al-Shabaab das Sagen hatten, soll der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. Doch vorerst fehlen 80 Prozent der Schüler, die mit ihren Familien aus den Ruinen der lange umkämpften Stadt geflohen sind. An einem einheitlichen Lehrstoff für alle somalischen Schulen wird noch gearbeitet.

Sadeq Salaad vom zivilen 'Formal Private Education Network in Somalia' (FPENS) berichtete IPS in einem Telefoninterview: "Wegen der ständigen Kämpfe zwischen Al-Shabaab und Regierungstruppen blieben seit Mitte 2009 78 Schulen in den nördlichen und nordöstlichen Teilen der Hauptstadt geschlossen." Seit 1991, als das Land am Horn von Afrika in Anarchie zerfiel, organisiert die Nichtregierungsorganisation FPENS den Schulbetrieb in Somalia.

"Nachdem sich Al-Shabaab aus den von ihr kontrollierten, verwüsteten und ausgeplünderten Stadtbezirken zurückgezogen hatte, konnten unseren Zahlen zufolge in diesen Stadtteilen 20 Schulen wieder den Betrieb aufnehmen", berichtete Sadeq.


Schulen in Trümmern

Der langsam anlaufende Schulbetrieb sei mit der zögerlichen Rückkehr der vor den ständigen Kämpfen geflohenen Familien zu erklären, sagte er. "Zudem liegen viele Schulgebäude in Trümmern oder wurden teilweise zerstört. Sie müssen erst einmal wieder aufgebaut oder instand gesetzt werden."

Im Bezirk Boondheere im Nordosten von Mogadischu, der jahrelang von Al-Shabaab okkupiert war, ist die Mujama Umul Qura-Schule als erste in der Gegend seit Oktober wieder geöffnet. Hier können bis zu 6.000 Schüler unterrichtet werden, doch nur wenige haben sich bislang angemeldet.

Der Schulleiter Sheik Hassan Mohamed Ahmed sagte: "Zurzeit unterrichten wir hier etwa 20 Prozent unserer Schüler. Wir rechnen jedoch damit, dass im Januar alle Schüler wieder zum Unterricht erscheinen."

Der Schulbetrieb der Mujama Umul Qura liegt in den Händen der 'International Islamic Relief Organization'. Der hier vermittelte Unterrichtsstoff unterscheidet sich von dem anderer Schulen in der Umgebung.

Bildungsminister Ahmed Aideed Ibrahim berichtete IPS, in seinem Ministerium sei man dabei, einen einheitlichen Lehrstoff für die Schulen zu erarbeiten. "Wir sind mit Fachleuten aus dem ehemaligen Schulministerium im Gespräch und hoffen, dass wir in acht Monaten soweit sind, dass Somalias früherer Lehrplan wieder eingeführt ist", versicherte er.

Der Minister beklagte, dass so viele somalische Kinder während der Kriegsjahre nicht zur Schule gehen konnten. "Die langen Jahre ohne einen regulären Schulbetrieb sind die Hauptursache für die vielen tausend Kindersoldaten, die sich von Milizengruppen anwerben ließen", erklärte Ibrahim.


UNESCO könnte beim Wiederaufbau der Schulen helfen

So etwas dürfe sich nicht wiederholen, betonte der Minister. Deshalb plane man den Bau von Internaten und Schulheimen, in denen Waisen und Kinder besonders armer Familien untergebracht werden sollen. Ob man in Somalia wie früher den Kindern wieder einen kostenlosen Schulbesuch ermöglichen könne, sei ungewiss.

Somalias Schülerunion (SSU) begrüßt die Wiederbelebung des Schulbetriebs in der Hauptstadt. Ihr Vorsitzender Mohamed Abdullahi forderte die Regierung auf, die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) um Unterstützung beim Wiederaufbau der zahllosen zerstörten Schulgebäude zu bitten. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Dezember 2011