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SCHULE/725: Migranten an Schulen als "Mängelwesen mit Förderbedarf" (idw)


Stiftung Mercator - 06.09.2017

Migranten an Schulen als "Mängelwesen mit Förderbedarf"

Schulen laufen Gefahr, migrationsgesellschaftliche Ungleichheit fortzuschreiben oder gar zu fördern.


Eine Studie der Universität Bremen und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg hat sich der Frage gewidmet, ob auch die Schule in der Migrationsgesellschaft angekommen ist und die Grundlagen der Lehrerbildung geprüft. Das Ergebnis: Die heute ausgebildete Generation von Lehrern wird nur unzureichend für Differenzsensibilität und Kritik an Diskriminierung qualifiziert.

Die Studienpläne und Curricula in den meisten Bundesländern berücksichtigen Themen wie Heterogenität, interkulturelle Bildung und Migration. Und dennoch: eine der migrationsgesellschaftlichen Realität Deutschlands angemessene Bildung ist noch nicht systematisch in der Lehrerbildung verankert - damit ist die bundesdeutsche Lehrerbildung inhaltlich nicht in der Migrationsgesellschaft angekommen. Je höher die Schulform wie beispielsweise Gymnasien desto mehr nimmt die Relevanz des Themas in der Lehrerbildung ab.

Lehrer werden in ihrer Aus- und Fortbildung durchgängig als Personen ohne Migrationshintergrund adressiert, die den Umgang mit den migrationsgesellschaftlich "Anderen" zu lernen haben. Das "Andere" - die Schüler mit Migrationshintergrund - selbst werden wiederrum zum Problem gemacht und implizit, zuweilen auch explizit als Mängelwesen adressiert. Das Thema wird reduziert auf die Notwendigkeit der Förderung dieser Gruppe.

"Die Studie macht deutlich, dass eine neue Haltung gefragt ist. Im Umgang mit sprachlicher und kultureller Vielfalt stehen nicht nur Unterrichtskonzepte und Materialien auf dem Prüfstand. Hinterfragen muss man auch die Einstellungen und Haltungen von Lehrkräften zur Migration in Geschichte und Gegenwart", erklärt Winfried Kneip, Geschäftsführer der Stiftung Mercator, die die Studie fördert. Er führt weiter aus: "Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass Lehrkräfte in ihrer Ausbildung und in der Fortbildung lernen: Wie können wir Benachteiligung und Diskriminierung in der Schule nicht nur vermeiden, sondern alle Kinder und Jugendliche bestmöglich fördern?".

"Migration betrifft alle. Pädagogisches Können in der Migrationsgesellschaft stellt daher kein Spezialkönnen für den Umgang mit einer speziellen Gruppe dar. Eine solche Perspektive, in der 'Spezialwissen' über und die spezielle 'Behandlung' von Schüler/innen 'mit Migrationshintergrund' vermittelt wird, gilt es zu überwinden," fordern die Autoren der Studie, Yasemin Karakasoglu und Paul Mecheril als Konsequenz aus den Ergebnissen der Studie. "Stattdessen", so die beiden Wissenschaftler weiter, "muss in der Lehrkräftebildung Wissen darüber, wie Migrationsphänomene und globale Migrationsverhältnisse entstehen, inwiefern und wie sie alle betreffen, vermittelt werden. Genau dies ist als Querschnittaufgabe in der Aus- und Fortbildung institutionell zu verankern."

Alle Ergebnisse finden Sie im unten angegeben Link.


Über die Stiftung Mercator:
Die Stiftung Mercator ist eine private, unabhängige Stiftung. Sie strebt mit ihrer Arbeit eine Gesellschaft an, die sich durch Weltoffenheit, Solidarität und Chancengleichheit auszeichnet. Dabei konzentriert sie sich darauf, Europa zu stärken, den Bildungserfolg benachteiligter Kinder und Jugendlicher insbesondere mit Migrationshintergrund zu erhöhen, Qualität und Wirkung kultureller Bildung zu verbessern, Klimaschutz voranzutreiben und Wissenschaft zu fördern. Die Stiftung Mercator steht für die Verbindung von wissenschaftlicher Expertise und praktischer Projekterfahrung. Als eine führende Stiftung in Deutschland ist sie national wie international tätig. Dem Ruhrgebiet, der Heimat der Stifterfamilie und dem Sitz der Stiftung, fühlt sie sich besonders verpflichtet.


Weitere Informationen unter:
http://www.stiftung-mercator.de/Kurzfassung_Studie_Lehrerbildung
http://www.stiftung-mercator.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1075

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Stiftung Mercator, Marisa Klasen, 06.09.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2017

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