Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → BILDUNG


UNIVERSITÄT/2715: Lehrqualitätsoffensive an der Uni Kiel (idw)


Christian-Albrechts-Universität zu Kiel - 18.07.2017

Lehrqualitätsoffensive an der Uni Kiel:
Unterstützung für den Studieneinstieg, bessere Studienbedingungen, weniger NCs


Vor zwei Jahren beschloss die damalige Landesregierung, ausreichend Studienplätze für Absolventinnen und Absolventen des doppelten Abiturjahrganges bereitzustellen. Parallel dazu sollten die Studien- und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen und Universitäten des Landes verbessert werden. Auf 200 Stellen bezifferte die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) den dafür notwendigen Stellenbedarf.

Rund 170 zusätzliche Stellen, davon 52 Dauerstellen, wurden inzwischen an der Landesuniversität eingerichtet. Die CAU-Vizepräsidentinnen Professorin Ilka Parchmann und Professorin Anja Pistor-Hatam stellten am Dienstag, 18. Juli, eine Zwischenbilanz der CAU-Lehroffensive vor. Das Fazit: In vielen Fächern konnten zusätzliche Stellen geschaffen werden. Zudem haben im laufenden Bewerbungsjahr weniger Fächer einen Numerus Clausus. Parallel wurden viele neue Lehrangebote auf den Weg gebracht, die Unterstützung beim Studieneinstieg wurde ausgeweitet und Studierende erhalten besseren Zugang zu den verschiedenen Forschungsfeldern der CAU. Für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in ihrer Forschung weiter qualifizieren wollen, wurde der Lehrstundenumfang reduziert.

Lehrentwicklungsprogramm umgesetzt

Künftige Studienanfängerinnen und Studienanfänger können sich auf gute Studienbedingungen an der Landesuniversität freuen. Zwei Jahre lang feilten Hochschulleitung, Fakultäten und Fächer der CAU an Konzepten und ermittelten Bedarfe, die unmittelbar die Lehre verbessern. Als erste Maßnahme wurden 16 Stellen geschaffen, um besonders überlastete Fächer (unter anderem Ökotrophologie, Geographie, Germanistik, Pädagogik, Psychologie, Philosophie, BWL, VWL, Politikwissenschaften, Soziologie) und Prüfungsämter (fünf Stellen) zu unterstützen. Auch der Studierendenservice erhielt mehr Personal (zwei Stellen). "Unser gemeinsames Ziel war es, unhaltbare Situationen in besonders nachgefragten Fächern aufzulösen und gleichzeitig Lehrinnovation zu ermöglichen. Außerdem wollten wir unsere Forschungsexzellenz früher und besser in die Lehre integrieren. Für all das haben wir nun die Weichen gestellt", lobte Vizepräsidentin Professorin Anja Pistor-Hatam die gute hochschulinterne Zusammenarbeit.

Mehr Studienplätze, weniger NCs, Perspektiven für wissenschaftlichen Mittelbau

Um ausreichend Studienplätze für den doppelten Abiturjahrgang bereitzustellen, der sich laut Prognosen auch in diesem Jahr auswirken wird, wurden rund 75 befristete Stellen geschaffen. Dadurch konnten im vergangenen Jahr 820 Studienplätze in zulassungsbeschränkten Studiengängen neu eingerichtet werden. Die Anzahl der Landeskinder unter den neuen Studierenden konnte so 2016 um 469 (33 Prozent) gegenüber 2015 gesteigert werden. Für dieses Jahr sind weitere 260 Studienplätze in grundständigen, zulassungsbeschränkten Studiengängen entstanden. 2017 gibt es deshalb weniger Zulassungsbeschränkungen an der CAU: 58 von 87 grundständigen Studiengängen sind zulassungsfrei. Besonders begehrt sind dabei Fächer mit wirtschaftswissenschaftlichem Bezug.

Auch die Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Mittelbau wurden verbessert: 38 Stellen wurden eingesetzt, um die Lehrverpflichtung für bereits beschäftigte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu senken. Dadurch haben diese mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen, können sich besser wissenschaftlich weiterqualifizieren und es ergeben sich für sie weitere Karriereperspektiven.

"Besonders wichtig ist uns, dass wir nicht nur Lücken schließen, sondern auch qualitative Verbesserungen und Lehrinnovation auf den Weg bringen konnten", hebt Vizepräsidentin Parchmann hervor. Knapp 30 zusätzliche Dauerstellen wurden deshalb innerhalb der Universität für innovative Lehrkonzepte über ein internes Antragsverfahren ausgelobt. "Hier haben wir uns sehr über die Breite und Qualität der Anträge gefreut. Viele Ansätze sind interdisziplinär und projektorientiert, andere zielen auf Verbesserungen in den Fächern ab. Es war schön zu sehen, dass die Einheit von Forschung und Lehre in allen Bereichen an der CAU so engagiert gelebt wird", freute sich Vizepräsidentin Pistor-Hatam.

Um diese Dynamik zu erhalten, sei nunmehr ein Netzwerk zur "Qualitätsentwicklung in der Lehre" geplant, das die Qualität der Lehre an der CAU dauerhaft sichern und weitere innovative Lehrkonzepte ermöglichen soll. Weitere acht Stellen wurden in zentralen Einrichtungen für die Lehre eingerichtet. Gestärkt wurde unter anderem das Zentrum für Schlüsselqualifikationen (ZfS). Fünf weitere Stellen gehen in die Bereiche Berufsperspektiven, Organisation und Betreuung von Praktika sowie in IT-Services. Dazu Vizepräsidentin Anja Pistor-Hatam: "Mit all diesen Initiativen haben der Stellenwert und die Qualität der Lehre innerhalb der CAU einen enormen Schub erhalten."

Studieneinstieg, Forschungsorientierung und CAU-Lehrprofil

Erfahrungsgemäß ist das erste Studienjahr für Studierende das schwierigste. In diesen Zeitraum fallen die meisten Studienabbrüche und Fachwechsel. Ergänzend zu den über das Projekt "PerLe" (Projekt erfolgreiches Lehren und Lernen) etablierten Programmen wird deshalb der Übergang von der Schule ins Studium weiter unterstützt. Darunter fallen in Fächern wie Informatik, Elektrotechnik oder Geschichte spezielle Trainingsangebote oder Tutoren-Programme in der Studieneingangsphase. Im Philosophischen Seminar wurde eine Schreibwerkstatt eingerichtet. Dort wird künftig in den schreibintensiven Phasen des Studiums akademisches und wissenschaftliches Schreiben trainiert und unterstützt.

Spezielle Lösungen wurden für Lehrangebote entwickelt, bei denen Studierende verschiedener Studiengänge gemeinsam studieren. Dies betrifft besonders Lehramtsstudierende in verschiedenen Fachgebieten oder Studierende der Medizin, Agrarwissenschaften und weiterer Studiengänge in der Grundausbildung Chemie. Das Institut für Elektrotechnik und Informationstechnik setzt künftig auf neue Formen des projektbasierten und forschungsorientierten Lernens, um Studierende früh an das eigene spätere Forschen heranzuführen. Auch die vier zentralen Forschungsschwerpunkte der CAU entwickeln Ansätze, um Studierenden bereits ab dem Bachelor Einblicke in die Vielfalt ihrer Forschungsthemen und -methoden zu bieten.

Ausgebaut wird darüber hinaus die fachübergreifende Vernetzung zum Beispiel in der School of Sustainability, im Bereich Jura für Nichtjuristen und Nichtjuristinnen oder in den Bereichen Wirtschaft. Drei neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden künftig die Entwicklung universitätsweiter Lehrschwerpunkte in den Bereichen Ethik, Unternehmertum und Diversität vorantreiben. "Forschungsorientierung verbunden mit Fragen von Ethik und Verantwortung gehören für uns genauso zu dem Lehrprofil der CAU wie die Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachkulturen", betonte Parchmann. "Wir möchten unseren Studierenden zudem früh vielfältige Berufsperspektiven aufzeigen und sie an die Idee heranführen, sich selbst zu engagieren - sei es im gesellschaftlichen, unternehmerischen oder im Bildungsbereich." Das Programm "PerLe" unterstützt auch weiterhin diese Lehrprofilentwicklung an der CAU.

Lehrkräfteausbildung gestärkt

Gestärkt wurde in den letzten Jahren an der Universität Kiel auch das Lehramt. Seit 2014 wurden in diesen Bereich über das Bundesprogramm "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" (LeaP@CAU - Lehramt mit Perspektive an der CAU zu Kiel) und die CAU-interne Initiative "Lehramt in Bewegung an der CAU" (LiB@CAU) 5,5 Millionen Euro investiert. So baut das Institut für Mathematik gegenwärtig spezielle Lehrveranstaltungen für Lehramtsstudierende aus. In Planung sind zudem Brückenaufgaben zwischen schulischer und universitärer Mathematik sowie Angebote zur Förderung leistungsstarker Schülerinnen und Schüler, inklusive einer Schülerakademie. Damit verbunden ist der Aufbau eines Netzwerks mit Mathematiklehrkräften an Schulen. Am Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien wird die Literatur- und Mediendidaktik in den Lehramtsstudiengängen Deutsch gestärkt. Angedacht ist hier die stärkere Behandlung von Kinder- und Jugendliteratur, forschungsorientierte Lehre im Bereich Fachdidaktik und die intensivere Betreuung der Studierenden während des Praxissemesters. Ausgebaut werden ebenfalls die Angebote in der Kieler Forschungswerkstatt, um Studierenden möglichst aller Lehramtsfächer Gelegenheit zu geben, mit Schülerinnen und Schülern in Kleingruppen zu arbeiten und dabei aktuelle Forschungsthemen ihrer Fächer zu vermitteln.

Ausblick und Bedarfe

"Wir sind der Ansicht, dass wir mit den beschriebenen Maßnahmen einen wichtigen Schritt getan haben, um die Lehre an der CAU weiterzuentwickeln", betonten Pistor-Hatam und Parchmann abschließend. Als einzige Universität in Schleswig-Holstein, die über eine Systemakkreditierung verfüge, entwickelt die CAU künftig weitgehend eigenverantwortlich die Qualität ihrer Studiengänge weiter. "Die Qualitätssicherung in Studium und Lehre liegt damit in unseren Händen. Unterstützt werden wir dabei von externen Gutachterinnen und Gutachtern", erklärte Pistor-Hatam.

Die Lehroffensive an der CAU geht jetzt in die nächste Phase. "Intern haben wir eine Kommission mit Studienverantwortlichen aus den Fakultäten, Schwerpunkten und anderen Lehreinrichtungen gegründet. In diesem Beirat werden wir die permanente Qualitätskontrolle in Studium und Lehre sichern. Der hochschuleigene Fonds für innovative Lehre wird fortgeführt. Außerdem fördern und erweitern wir den Austausch zwischen Lehrenden über den Blog für gute Lehre des Projekts 'PerLe' oder Materialplattformen des Projekts 'LeaP'", kündigte Ilka Parchmann an.

Mit dem Land werde weiter über einen Lehrqualitätsfonds zu sprechen sein, um Programme zur Lehrqualität ohne parallelen Kapazitätsaufwuchs umsetzen zu können. Schwierig sei nach wie vor, dass Vorkurse und Übergangsangebote von der Schule an die Hochschule bislang nicht in die reguläre Lehrverpflichtung eingerechnet werden. Für Lehrende seien diese Angebote daher immer zusätzliche Herausforderungen. Das gelte ähnlich für die Anrechnung von Lehrzeiten in Modellen, in denen Dozierende gemeinsam interdisziplinäre Lehrveranstaltungen anbieten (Team Teaching). "Auch das ist eine Herausforderung, die wir dringend mit dem Land besprechen müssen. Hier müssen Verordnungen dringend an die Erfordernisse der Gegenwart angepasst werden, um innovative Lehre zu ermöglichen", kündigten die Vizepräsidentinnen weitere Gespräche mit der Landesregierung an.



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution235

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Dr. Boris Pawlowski, 18.07.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang