Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

MELDUNG/033: Bundessortenamt läßt Linda in Deutschland wieder zu (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 331 - März 2010
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Linda ist wieder da!
Bundessortenamt lässt die Königin der Knollen in Deutschland wieder zu

Von Claudia Schievelbein


Der weiße Rauch ist aufgestiegen, das Bundessortenamt (BSA) hat entschieden, nach jahrelangem Hickhack und unzähligen Steinen, die die gestrenge Behörde der Königin der Knollen in den Weg gerollt hatte, konnte sie nun eigentlich auch nicht mehr anders. Sie musste Linda wieder zulassen! Weniger, weil die Kartoffel oder ihre Freunde nun endlich einen Weg in die Herzen der Amtsmitarbeiter gefunden hatten, als mehr, weil Großbritannien schon im vergangenen Jahr Fakten geschaffen hatte. Auch dort hatte der Linda-Freundeskreis rund um den niedersächsischen Biobauern Karsten Ellenberg die Zulassung für Linda als EU-Sorte beantragt und nach den entsprechenden Prüfungen auch reibungslos erhalten. In Deutschland hingegen, dem Mutterland der Knolle, wurde ganz genau geprüft und hielten Ungereimtheiten im Versuchsanbau auf dem Acker des Bundessortenamtes das Verfahren immer wieder auf. Zum Glück vergaßen die Verbraucher ihre liebste Kartoffel aber nicht und hielten die Nachfrage aufrecht. Auch an dem großen Medienecho, das die Auseinandersetzung um die Kartoffel begleitete, konnte die Hannoveraner Behörde nicht ganz spurlos vorbei, sonst wäre Linda vielleicht doch noch in der Versenkung verschwunden, in der sie ihre Züchterfirma Europlant vor fünf Jahren sehen wollte. Europlant hatte die Zulassung zurückgezogen, weil der Sortenschutz für die inzwischen in die Jahre gekommene Sorte abgelaufen war und sie somit der Allgemeinheit zur Verfügung gestanden und Europlant keine Lizenzgebühren mehr gebracht hätte. Aufgrund der langjährig vorhandenen Zulassung einfach einem neuen Antragsteller - dem Linda-Freundeskreis - die Zulassung wieder zuzusprechen und ohne großen bürokratischen Aufwand Linda am Leben erhalten, das mochte das BSA damals nicht. Heute stellt es das interessanterweise nicht mehr als so unmöglich dar, wie noch vor fünf Jahren. Hätte das BSA sich damals darauf eingelassen, dann hätte es auch die Möglichkeit gegeben, das Kriterium des landeskulturellen Wertes einfach von der Erstzulassung zu übernehmen. Heute sieht das BSA dies Kriterium nicht mehr erfüllt und hat in der jetzigen Zulassungsverhandlung und in der darauffolgenden Beschlussfassung nun den landeskulturellen Wert ausgeklammert. Das ist zunächst nicht relevant, da ja die schottische Zulassung auch ohne landeskulturellen Wert auskommt und man Sorten, die im Ausland in einer Sortenliste stehen, auch ohne dies Kriterium in Deutschland zulassen kann.


Äpfel und Birnen

Aber es bleibt doch als kleine Spitze, mit der die Behörde Linda verweigert, immer noch besonders zu sein, also im Behördenjargon "sich deutlich von anderen zu unterscheiden". Man arbeite mit objektiven Kriterien, so die Amtsmitarbeiter, und da gebe es eben nichts, womit Linda sich deutlich von modernen Sorten absetze. Da man sich über Geschmack ja bekanntlich streiten kann, findet sich im Kriterienkatalog aber mindestens ein Aspekt, der so ganz objektiv wohl doch nicht ist. Denn welche Zunge sagt objektiv, welche Kartoffel wie gut schmeckt? Und auch bei anderen angewendeten Kriterien bleiben tatsächlich Entscheidungsspielräume, zum Beispiel hinsichtlich der Frage, mit welchen Sorten sich denn Linda im Vergleich messen muss. Geht die neueste Hochleistungssorte gegen sie ins Rennen oder Sorten, die aus einer ähnlichen Zeit stammen wie die Ursprungslinda selbst? So werden aus Kartoffeln und Kartoffeln an bestimmten Stellen Äpfel und Birnen. Und das Kriterium des Verbraucherwillens, der wahrscheinlich allein deshalb Linda schon einen landeskulturellen Wert zusprechen würde, weil es die einzige Kartoffeln ist, die viele Menschen kennen, der muss erst noch in die Wertprüfungen des Bundessortenamtes eingeführt werden. Bis dahin wünschen wir der neuen alten Königin der Knollen gutes Wachsen und Gedeihen.


*


Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 331 - März 2010, S. 15
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de

Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2010