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MELDUNG/383: Rede - Dr. Hans-Peter Friedrich, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, 30.1. (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Hans-Peter Friedrich, zur Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung in der Aussprache zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin vor dem Deutschen Bundestag am 30. Januar 2014 in Berlin:



Sehr verehrte Frau Präsidentin! Es ist mir eine große Freude.
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Frau Bundeskanzlerin hat gestern eine Regierungserklärung abgegeben, in der sie gesagt hat: Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Politik. Sie hat einen Auftrag an das ganze Parlament, an die ganze Regierung erteilt, indem sie gesagt hat: Wir müssen Antworten geben auf die Frage, wie man in unserem Land gut leben kann. Das ist angesichts der Herausforderungen der Zukunft, angesichts der Globalisierung, aber auch angesichts der Sehnsucht der Menschen nach kleineren Einheiten, nach Überschaubarkeit, nach Heimat und angesichts des demografischen Wandels eine wichtige Fragestellung.

Ich denke, eine der Antworten, die wir gemeinsam geben müssen, ist die Stärkung des ländlichen Raums, dort, wo Millionen von Menschen Heimat haben, dort, wo Millionen von Menschen in gefestigten gesellschaftlichen Strukturen und in geordneten ökonomischen Verhältnissen leben. Insofern ist die Stärkung des ländlichen Raums eine zentrale Antwort auf die Zukunftsherausforderungen in unserem Land.

In diesem ländlichen Raum spielen die Landwirtschaft, die Ernährungswirtschaft, die Forstwirtschaft und das Ernährungshandwerk eine zentrale ökonomische Rolle. Sie sind Arbeitgeber. Sie sind ökonomischer Faktor im ländlichen Raum. Sie bewirtschaften die Flächen und produzieren Lebensmittel. Das muss man der Bevölkerung im ganzen Land, auch in den Städten, klarmachen. Wenn die Menschen an den Ladentheken, egal wo im Land, stehen und sich für Qualität entscheiden, dann entscheiden sie sich zumeist für deutsche Produkte. Ich denke, es wird Zeit, dass wir uns alle gemeinsam wieder bewusst machen, dass auf den Flächen unseres Landes Qualitätsprodukte produziert werden, und dass wir darauf auch wieder stolz sind. Das ist eine wichtige Aufgabe der Koalition.

Die deutsche Landwirtschaft ist führend. Die deutsche Ernährungswirtschaft ist führend. Warum sind sie führend? Weil wir gute Böden, ein gutes Klima und genügend Wasserreserven haben, aber auch weil unsere Landwirte, unsere mittelständischen Familienunternehmen Unternehmer sind, unternehmerisch handeln, unternehmerisch denken, weil ihnen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation wichtig sind. Es ist unsere politische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese unternehmerische Gestaltungs- und Handlungsfreiheit ihnen auch in der Zukunft erhalten bleibt, damit sie so gut bleiben können, wie sie jetzt sind.

Wir sind dabei, die Gemeinsame Agrarpolitik auf europäischer Ebene umzusetzen. Ich bedanke mich bei den Agrarministern der Länder, die mit 16:0 schon im November bei einer Sonderkonferenz einen gemeinsamen Kompromiss verabschiedet haben. Es gilt jetzt, dafür zu sorgen, dass die ökonomische Basis unserer Bauern in der nächsten Förderperiode klar und verlässlich ist. Es geht um Direktzahlungen dafür, dass die Landwirte unsere Kulturlandschaft pflegen und unserer Heimat, unserem Land ein Gesicht geben. Dafür haben sie es verdient, Direktzahlungen zu bekommen. Denn wir als Abgeordnete, als Politiker machen den Landwirten alle möglichen Auflagen in Form von Verordnungen und Gesetzen, die in ihre Eigentumsrechte und Bewirtschaftungsmöglichkeiten eingreifen. Deswegen haben sie es im Gegenzug auch verdient, dass wir ihnen stabile Direktzahlungen über direkte Einkommensbeihilfen zukommen lassen.

Unsere Bauern sind Leistungsträger im ländlichen Raum, weil sie Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt übernehmen. Das Tierwohl ist etwas, was den Verbrauchern beim täglichen Einkauf immer wichtiger wird; das sagen alle Umfragen. Immer mehr Menschen sagen: Ich will nicht nur wissen, was ich kaufe, sondern auch, wie es produziert worden ist, wie die Tiere gehalten worden sind und wie mit der Umwelt umgegangen worden ist. - Insofern ist das ein wichtiges Kriterium. Deswegen haben wir auch im Koalitionsvertrag festgelegt, dass die Tierwohl-Offensive ein wichtiges Ziel sein soll. Ich möchte gerne im Dialog zwischen Verbrauchern, Verbänden, den Tierhaltern und der Landwirtschaft dafür sorgen, dass wir noch mehr für das Tierwohl und den Tierschutz in unserem Land tun können.

Das Ziel muss sein, dass Lebensmittel made in Germany als Markenzeichen gleichzeitig Nachhaltigkeit und Tierschutz in sich tragen, damit jeder weiß: Wenn ich Lebensmittel made in Germany kaufe, dann habe ich etwas für Umwelt, Tierschutz und Nachhaltigkeit getan.

Wir haben mit dem Deutschen Tierschutzbund ein Tierlabel auf den Weg gebracht, das für Transparenz auf den Märkten sorgt, ein Regionalfenster, das dem Verbraucher sagt, woher die Lebensmittel, die er kaufen will, stammen. Wir brauchen keine Volksbevormundung, unser Leitbild muss der mündige Verbraucher sein, der auf transparenten Märkten entscheiden kann, was er kaufen möchte.

Wir sind stolz auf das Label "Made in Germany" - Autos made in Germany, Maschinen made in Germany -, wenn wir Produkte aus unserer industriellen Fertigung verkaufen. Wir sollten auch stolz sein, dass hervorragende landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel made in Germany bei unseren europäischen Nachbarn und auf den aufnahmefähigen Märkten der aufstrebenden Länder in Asien und woanders gefragt sind. Auch die ökonomische Basis der Landwirtschaft hängt mit dem Export zusammen. Wir sollten stolz sein, dass wir Produkte made in Germany exportieren können - innerhalb Europas und darüber hinaus.

Neben dem ökonomischen Aspekt spielt der Gesundheitsschutz eine große Rolle. Wir haben in den letzten Jahren Erfahrungen mit Krisen machen müssen. In Reaktion darauf haben wir die Reaktionssysteme schnell gemacht und perfektioniert. Wir müssen aber auch präventiv noch mehr tun als bisher. Das ist deswegen nicht ganz einfach, weil aufgrund unserer föderalistischen Strukturen Bund und Länder zusammenarbeiten müssen. Wir werden mit den Ländern darüber diskutieren, wie wir ein Frühwarnsystem zur besseren Kontrolle auch im präventiven Bereich schaffen können, vor allem wie wir Lebensmittelbetrug, wie wir ihn ja in der Vergangenheit kennengelernt haben, bekämpfen können. Auch dafür werden wir zusammen mit den Ländern Vorschläge erarbeiten.

Gesunde Ernährung ist ein zentrales Thema. Sie ist auch ein volkswirtschaftlicher Faktor: Gesunde Ernährung trägt dazu bei, dass - der Gesundheitsminister ist nicht mehr anwesend - die Krankenkassen entlastet werden. Gesunde Menschen fühlen sich auch wohler; Gesundheit trägt zur Lebensqualität bei. Ich bin sehr stolz und glücklich, dass es entsprechende Initiativen gibt, zum Beispiel den Ernährungsführerschein des Deutschen LandFrauenverbandes, bei dem Kinder schon in frühester Kindheit lernen, was gesunde und gute Ernährung ist. Ich glaube, das ist der richtige Weg, wie wir die Menschen zu mündigen Verbrauchern machen.

Ländlicher Raum, Halt, gesellschaftliche Stabilität, Heimat, dafür stehen nicht nur Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft, dazu gehören auch Handwerk, mittelständische Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, freiberufliche Strukturen. Wenn wir die Attraktivität des ländlichen Raums, der für unser Land große Bedeutung hat, in der Zukunft stärken wollen, müssen wir beachten, dass der ländliche Raum in ökonomischer, gesellschaftlicher und politischer Hinsicht eine Gesamtheit bildet. Auch dem wollen wir uns gemeinsam widmen.

Schließlich haben wir nicht nur Verantwortung für unser Land und für Europa, sondern auch darüber hinaus: Im Jahr 2050 werden auf der Erde neun Milliarden Menschen leben. Die Wissenschaftler rechnen uns vor, dass wir, allein um diese neun Milliarden zu ernähren, die Produktion der Landwirtschaft weltweit um 70 Prozent steigern müssen. Die Lösung der Ernährungsprobleme der Weltbevölkerung findet zu-allererst auf den Äckern, auf den Feldern statt. Dort müssen die Erträge erwirtschaftet werden, dort muss das produziert werden, was die Milliarden von Menschen in der Zukunft ernähren soll. Deswegen hat die Agrarpolitik auch eine internationale Verantwortung: die Verantwortung für die Ernährung der Weltbevölkerung. Auch diesem Kapitel wollen wir uns in besonderer Weise widmen.

Deutschland ist deswegen so stark, weil es starke ländliche Räume hat. Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, dass das so bleibt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.

Alles Gute.

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Quelle:
Bulletin 09-5 vom 30. Januar 2014
Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft,
Dr. Hans-Peter Friedrich, zur Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik
der Bundesregierung in der Aussprache zur Regierungserklärung der
Bundeskanzlerin vor dem Deutschen Bundestag am 30. Januar 2014 in Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2014