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BERICHT/167: MAKE CSA! Gemeinsam etwas verändern (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2013
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

MAKE CSA! Gemeinsam etwas verändern

Von Stefan Johnigk



Wissen Sie, welcher Landwirt Ihre Lebensmittel erzeugt? Ja? Dann gehören Sie zu einer verschwindend kleinen Minderheit. Denn im Zeitalter der Kühlregale und großen Lebensmittelhandelsketten ist die Verbindung zwischen dem Landwirt und "seinen" Kunden weitgehend verloren gegangen. Wer Produkte aus artgemäßer Tierhaltung oder ökologischer Landwirtschaft kaufen will, muss auf die Aussagekraft und Transparenz von Zertifikaten und Siegeln vertrauen. Immer mehr Menschen genügt das nicht. Sie möchten ihre Lebensmittel unmittelbar von einem "Landwirt ihres Vertrauens" beziehen, erzeugt in ihrer Region und in einer Art und Weise, die sie für gut heißen. Hofläden oder Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften sind Beispiele dafür. Doch eine faire Partnerschaft zwischen Landwirt und Kunden kann noch wesentlich weiter gehen: Die "gemeinschaftlich gestützte Landwirtschaft" (engl. "community supported agriculture", CSA), also eine persönliche wirtschaftliche Beteiligung an einem Hof, findet auch in Deutschland immer mehr Zuspruch.

Das Konzept des gemeinsamen Wirtschaftens in Landbau und Tierhaltung kommt ursprünglich aus Japan. Dort schlossen sich in den 60er Jahren immer mehr Frauen zusammen, um Frischmilch unmittelbar ab Hof zu beziehen. Schnell weiteten sich die Genossenschaften auf andere Lebensmittel und Betriebe aus, und auch in den USA fanden sich CSA-Gemeinschaften zusammen. Sie erhielten besonders viel Zuspruch aus den Kreisen des Ökolandbaus. Denn für einen Landwirt bedeutet die Umstellung auf ökologische Feldbewirtschaftung und artgemäße Tierhaltung einen großen Schritt. Felder müssen in der Bewirtschaftungsweise umgestellt, Ställe verhaltensgerechter gestaltet und Tierbestände oft verkleinert werden. Dazu muss der Betrieb investieren und einen sicheren Absatzweg für seine Produkte fi nden. Mit einer CSA-Gemeinschaft als Partner auf Augenhöhe lassen sich solche Investitionen leichter stemmen und die erzeugten Produkte verlässlich zu einem fairen Preis verkaufen. Denn die Kunden "ackern mit": Sie bringen Geld oder ihre Arbeitskraft ein, bestimmen über die Wirtschaftsweise mit und erhalten als Gegenleistung ihre Lebensmittel direkt ab Hof von "ihrem" Bauern.


Das Projekt "MAKE CSA"

Diese Idee muss in Deutschland bekannter werden. Das ist das Ziel eines Projekts der Fachhochschule Münster mit dem Titel "Marketing und Absatzförderung von Bioprodukten durch Konsumenten-Erzeuger-Netzwerke am Beispiel CSA" (kurz: "MAKE CSA"). Das "Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)" und PROVIEH fi nanzieren das Vorhaben. Auch drei Höfe unterstützen das Projekt und zeigen auf, wie eine erfolgreiche alternative Landwirtschaft aussehen kann: Der Gärtnerhof Entrup, der Hof Hollergraben und der Kattendorfer Hof arbeiten bereits nach dem CSA-Modell. Ihr Erfolg beweist: Die Möglichkeiten des Wirtschaftens sind vielfältig und lohnen sich sowohl für den Landwirt als auch für die Verbraucher. MAKE CSA soll diese praxisnahen Beispiele bekannter machen, zur Nachahmung anregen und die Bildung eines deutschlandweiten Netzwerks fördern. Und Konsumenten sollen CSA-Höfe ihrer Region kennenlernen, damit sie dort Mitglied der Gemeinschaft werden und sich den Zugang zu regional und saisonal erzeugten Biolebensmitteln sichern können.

PROVIEH beteiligt sich an dem Projekt, weil unser Verein in den 40 Jahren seiner Arbeit eines gelernt hat: Um die Lebensbedingungen von landwirtschaftlich genutzten Tieren zu verbessern und ihrem Missbrauch als Produktionsmittel vorzubeugen, müssen die Menschen wieder mehr Anteil nehmen an der Erzeugung ihrer Nahrung. CSA bietet dazu optimale Bedingungen, denn in einer fairen Partnerschaft mit Bauern können Bürger unmittelbar mitbestimmen, wie "ihre Tiere" gehalten werden. Und sie erfahren ebenso hautnah in der Auseinandersetzung mit dem wirtschaftlichen Betrieb, welchen Aufwand und welche Kosten eine artgemäße Tierhaltung mit sich bringt.

Neben seiner finanziellen Beteiligung hat PROVIEH im Projekt die Aufgabe übernommen, eine Internetseite rund um das Thema CSA zu erstellen. Kernstück wird ein Portal sein, in dem Landwirte und Verbraucher zueinander fi nden können, um eine gemeinschaftlich getragene Landwirtschaft aufzubauen. Über eine interaktive Karte sollen Interessenten Höfe in ihrer Region ausfi ndig machen und diese kontaktieren können. Auch soll die Webseite zu den rechtlichen Erfordernissen einer Umstellung auf CSA und den Möglichkeiten bei Marketing und Kundenbindung informieren. Erfahrungsberichte aus der Praxis werden dort ebenfalls zu finden sein. Abgerundet wird das Angebot durch Literatur- und Filmempfehlungen sowie einen Saison- und Lagerkalender. Bitte helfen Sie mit, möglichst viele Menschen anzuregen, sich für die gemeinschaftlich gestützte Landwirtschaft zu öffnen. Schreiben Sie uns, wenn Sie Interesse an einer solchen Gemeinschaft haben oder bereits daran teilnehmen. Gemeinsam sind wir stark. MAKE CSA!

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2013, Seite 27-29
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de
 
PROVIEH erscheint viermal jährlich.
Schutzgebühr: 2 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2013