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FORSCHUNG/673: Yamsforschung in Mainz (JOGU Uni Mainz)


[JOGU] Nr. 206, November 2008
Das Magazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Wissenschaft & Forschung
Yamsforschung in Mainz

Nigerianische Wissenschaftlerin zu Gast


Die Speicherwurzel der Yams-Pflanze (Dioscorea spp.) stellt ein Grundnahrungsmittel für mehr als 100 Millionen Menschen in tropischen Regionen der Erde dar. Hunderte Sorten von verschiedenen Dioscorea-Arten sind weltweit in Kultur, vor allem in Westafrika und Ostasien. Mit molekulargenetischen Methoden versucht eine nigerianische Gastwissenschaftlerin nun, einige Sorten zu klassifizieren, auch um möglicherweise besonders geeignete Varianten für den Anbau zu finden. Im Botanischen Garten der Universität Mainz zeigt Dr. Mubo Adeola Sonibare einige Exemplare ihres Forschungsobjekts und erzählt unter anderem, wie es zu der Kooperation mit der Mainzer Biologie kam.


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JOGU: Dr. Sonibare, das hier sind also verschiedene Arten von Yams, die Sie untersuchen?

SONIBARE: Ja, im Prinzip richtig. Die Arten, die Sie hier sehen, untersuche ich jedoch nur zu Vergleichszwecken. Ich konzentriere mich auf Dioscorea dumetorum, eine Art, die im Hinblick auf ihre Kultursorten noch nicht genau untersucht wurde. Insgesamt bearbeite ich 53 verschiedene Sorten dieser Spezies.

JOGU: Und die stehen alle hier im Gewächshaus?

SONIBARE: Nein, keineswegs. Mein Probenmaterial habe ich aus Nigeria mitgebracht. In Ibadan, der größten Stadt Nigerias, befindet sich das "International Institute of Tropical Agriculture" (IITA), mit dem ich zusammen arbeite. Dort werden Samen von Yamssorten aus verschiedenen Regionen Afrikas (Benin, Kongo, Gabun, Ghana, Nigeria und Togo) archiviert. Ich habe mir von den Kollegen die Samen besorgt, die Pflanzen aufgezogen und dann über Kieselsäuregel (Silicagel) getrocknet. Dieses Material habe ich mit hierher gebracht und untersuche es nun unter Anleitung von Dr. Dirk Albach.

JOGU: Wie kam es denn zum Kontakt zwischen Ihnen beiden?

SONIBARE: Dr. Albach hat sehr viel publiziert, unter anderem zu speziellen PCR-basierten genetischen Markern, den so genannten "Amplified Fragment Length Polymorphisms" (AFLP). Mit ihrer Hilfe möchte ich versuchen, die verwandtschaftlichen Beziehungen der Yamssorten zu entschlüsseln. Nachdem ich Dr. Albachs Publikationen gelesen hatte, habe ich ihn per E-Mail kontaktiert und er war sofort zu einer Kooperation bereit.

JOGU: Herr Dr. Albach, haben Sie selbst diese Methode hier in Mainz entwickelt?

ALBACH: Nein, sie stammt von niederländischen Forschern und ist bereits seit etwa zehn Jahren etabliert. Ich habe sie in meiner Dissertation und meiner Post Doc-Zeit an mehreren Arten des Ehrenpreis (Veronica ssp.) angewendet und freue mich, Frau Dr. Sonibare jetzt bei ihrer Arbeit unterstützen zu können.

JOGU: Das heißt, das Institut für Spezielle Botanik stellt den Laborplatz und die Geräte?

SONIBARE: Ja, richtig.

ALBACH: Letztlich wird der Forschungsaufenthalt von Frau Dr. Sonibare hier in Mainz aber erst durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglicht. Dieses Georg Forster-Programm der Stiftung unterstützt speziell promovierte Wissenschaftler aus Entwicklungsländern.

JOGU: Wie lange werden Sie denn in Mainz bleiben?

SONIBARE: Geplant ist noch etwa ein Jahr. Ich bin am 2. März in Frankfurt angekommen. Dort habe ich zuerst einen viermonatigen Sprachkurs gemacht. Seit dem 1. Juli bin ich jetzt in Mainz und gerade zurück von einer zweiwöchigen Deutschlandtour.

JOGU: Das heißt, Sie beginnen erst mit Ihrer Arbeit.

SONIBARE: Ja.

JOGU: Warum haben Sie sich denn gerade Yams als Forschungsobjekt ausgesucht? Ich habe gelesen, dass Sie zuvor sehr viel über Feigenbäume (Ficus spp.) geforscht und auch ethnobotanisch gearbeitet haben. Eine Ihrer Publikationen behandelt zum Beispiel Pflanzen, die in Nigeria gegen Asthma eingesetzt werden.

SONIBARE: Das stimmt, die Anwendung von Pflanzen zur Heilung von Krankheiten hat bei uns eine sehr lange Tradition. Es kommen aber fast nie einzelne Pflanzen zum Einsatz, sondern Mixturen. Auch Dioscorea-Arten sind aufgrund ihres Alkaloid-Gehaltes Bestandteil vieler Rezepte. Mittlerweile werden Wurzel und Rinde bestimmter Arten sogar von der pharmazeutischen Industrie genutzt, um bestimmte Steroidhormone (z.B. Kortison und Progesteron) zu synthetisieren. Aber in erster Linie ist Yams immer noch eine sehr wichtige Nahrungspflanze, deren Knollen bis zu 20 Kilogramm schwer werden können und ein Kohlehydratlieferant erster Güte sind.

JOGU: Aber sind die medizinisch wirksamen Inhaltsstoffe denn nicht giftig?

SONIBARE: Doch, in größeren Mengen schon; deshalb sollte Yams auch nicht roh verzehrt werden.

JOGU: Wie bereitet man ihn denn traditionell zu?

SONIBARE: Eigentlich so, wie in Deutschland die Kartoffel; man schält und kocht ihn einfach.

JOGU: Ich weiß, dass man Yams auch hier in Mainz kaufen kann. Haben Sie das schon ausprobiert?

SONIBARE: Ja, mein Mann brachte kürzlich einige Knollen mit. Sie schmeckten ganz gut, sind aber einfach viel zu teuer.

JOGU: Ihr Mann? Sind Sie verheiratet und haben Sie Kinder?

SONIBARE: Ja, mein Mann und unsere drei Kinder sind ebenfalls hier. Meine ältesten beiden gehen auch in Mainz zur Grundschule. Der Jüngste wird in den nächsten Tagen vier. Mein Mann arbeitet genau wie ich an der Universität Ibadan, allerdings im Bereich Geochemie. Gerade ist er dabei, einige Publikationen fertigzustellen. Anschließend wird er am geowissenschaftlichen Institut der Uni Mainz seine Forschungsarbeit weiterführen.

JOGU: Sie leben und arbeiten also normalerweise in Ibadan?

SONIBARE: Ich unterrichte Studenten seit 1996, allerdings zuerst an der Ogun State University und seit 2006 am Fachbereich Pharmazie der Universität Ibadan, der größten und ältesten (gegründet 1948) Hochschule im Land.

JOGU: Das ist ungewöhnlich. Wie ich gelesen habe, wurden Sie erst 2003 promoviert. In Deutschland ist selbständige Lehre erst mit der Erlangung des Doktorgrades erlaubt.

SONIBARE: Das ist bei uns ähnlich. Zwischen 1996 und 2003 war ich so genannter "Assistant Lecturer", das heißt, ich habe unter Aufsicht unterrichtet.

JOGU: Und was planen Sie nach Ihrer Rückkehr nächstes Jahr?

SONIBARE: Ich werde in meinen alten Job zurückkehren und natürlich die Ergebnisse aus Mainz publizieren. Außerdem werde ich die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom IITA fortsetzen. Das IITA wiederum kooperiert mit lokalen Landwirten, die langfristig hoffentlich auch von meinen Ergebnissen profitieren.

JOGU: Dann erst einmal viel Erfolg für Ihre Arbeit hier und herzlichen Dank Ihnen beiden für das Interview.

Das Gespräch führte Frank Erdnüss


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Quelle:
[JOGU] - Magazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Nr. 206, November 2008, Seite 12-13
Herausgeber: Der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz,
Univ.-Prof. Dr. Georg Krausch
Tel.: 06131/39-223 69, -205 93; Fax: 06131/39-241 39
E-Mail: AnetteSpohn@verwaltung.uni-mainz.de

Die Zeitschrift erscheint viermal im Jahr.
Sie wird kostenlos an Studierende und Angehörige
der Johannes Gutenberg-Universität sowie an die
Mitglieder der Vereinigung "Freunde der Universität
Mainz e.V." verteilt.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2009