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HUNGER/324: Simbabwe - Wirtschaftskrise verschärft Hunger in den Städten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. Dezember 2014

Simbabwe:
Wirtschaftskrise verschärft Hunger in den Städten
UN-Millenniumsziele rücken in weite Ferne

von Jeffrey Moyo


Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Arbeitslose Simbabwer schlagen sich als Straßenverkäufer durch
Bild: © Jeffrey Moyo/IPS

Harare, 11. Dezember (IPS) - Während die Arbeitslosigkeit in Simbabwe weiter um sich greift und sich das Land bemüht, die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) der Vereinten Nationen zu erreichen, sind nicht nur in ländlichen Regionen, sondern auch in Städten Tausende Menschen vom Verhungern bedroht.

Die acht MGDs, die unter anderem die Halbierung von Hunger und Armut, die Senkung von Mütter- und Kindersterblichkeit, die Bekämpfung schwerer Krankheiten wie HIV/Aids und Malaria und die Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit vorsehen, sollen bis Ende 2015 erreicht werden.

Laut dem Zensus von 2012 hat Simbabwe rund 13 Millionen Einwohner, von denen 67 Prozent in ländlichen Regionen und 33 Prozent in Städten leben. Wie aus dem Armutsbericht 2011/2012 der Statistikbehörde 'Zimstat' hervorgeht, gelten 30,4 Prozent der Menschen in den Dörfern als 'extrem arm' und vom Hungertod bedroht. In einer ähnlichen Lage befinden sich demnach 5,6 Prozent der Städtebewohner.


Kaum Jobchancen in ländlichen Gebieten

Experten zufolge ist ein Leben in der Stadt für viele zwar oftmals hart, aber immer noch besser als auf dem Land. Denn Jobs seien, wenn überhaupt, zuerst in urbanen Gebieten zu finden, sagt die Sozialarbeiterin Tracey Ngirazi.

Nach Ansicht von Philip Bohwasi, Vorsitzender des simbabwischen Rats der Sozialarbeiter, wird der Hunger in den Städten durch den Verlust von Arbeitsplätzen verursacht. Das Welternährungsprogramm WFP geht davon aus, dass etwa 60 Prozent aller Menschen in dem Land im südlichen Afrika ohne Beschäftigung sind. "Da die Wirtschaft derzeit nicht in der Lage ist, den Bedürfnissen der Simbabwer nachzukommen, haben die meisten Familien in den Städten nicht genug zu essen", erläutert Bohwasi. "Heutzutage kann sich kaum noch jemand drei Mahlzeiten am Tag leisten."

Für den Buchhalter Josphat Madyira, der zurzeit keinen Job hat, ist der Hunger in seinem Alltag in der Hauptstadt Harare ein ständiger Begleiter. "Die Lebensmittelgeschäfte sind voll, aber die meisten von uns sind arbeitslos und haben noch nicht einmal genug Geld für die wesentlichen Grundnahrungsmittel. Oft essen wir nur ein Mal am Tag."

Der 39-Jährige hatte seine Anstellung in einer Schuhfabrik verloren, die schließen musste, als sich die Liquiditätskrise des Landes weiter verschlimmerte. Die wirtschaftliche Schieflage Simbabwes hat mittlerweile Tausende den Job gekostet. Um zu überleben, versucht Madyira alles, was er auftreiben kann, auf der Straße zu verkaufen.


Nahrungshilfen fast ausschließlich an Landbevölkerung

Die Gebergemeinschaft, die oft Nahrungshilfen an verarmte Familien in ländlichen Gebieten vergibt, unterstützt nur selten Haushalte in den Städten, wie Catherine Mukwapati, Direktorin des 'Youth Dialogue Action Network', erklärt.

Die seit 2000 anhaltende Wirtschaftskrise in Simbabwe hat offensichtlich verhindert, dass das Land bei der Bekämpfung der extremen Armut und des Hungers nicht wesentlich vorankommt. Das Weltkinderhilfswerk UNICEF hat in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Regierung in Harare ihr Programm für monatliche Barauszahlungen an Hilfsbedürftige auf Städte ausgeweitet. Das Hilfsprogramm wurde auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise 2008 eingeführt. Es sieht vor, dass Haushalte, denen umgerechnet weniger als 1,25 US-Dollar täglich zur Verfügung stehen, jeden Monat einen Zuschuss von zehn bis 20 Dollar erhalten, der sich an der Zahl der Familienmitglieder bemisst.

Beobachter halten es angesichts der zunehmenden Hungerkrise in dem Land inzwischen für kaum noch möglich, dass die Millenniumsziele erreicht werden können. "In den Städten und den ländlichen Regionen gibt es immer noch viele Menschen, die mit weniger als 1,25 Dollar am Tag auskommen müssen", sagt der unabhängige Entwicklungsexperte Obvious Sibanda.


UNDP: Mehr als 70 Prozent der Simbabwer verarmt

In dem Bericht über menschliche Entwicklung 2013 des UN-Entwicklungsprogramms UNDP wird Simbabwe als Niedrigeinkommensland mit Ernährungsdefiziten eingestuft und belegt Rang 157 von 187 untersuchten Staaten. Laut UNDP leben derzeit 72 Prozent aller Simbabwer unterhalb der national festgelegten Armutsgrenze.

Regierungsbeamte räumen ein, dass die Armut in den Städten schwerer wiegt als in ruralen Regionen. "Der Verlust von Arbeitsplätzen im formellen Sektor, vor allem in Städten und Kleinstädten, und die Vielzahl schlecht bezahlter informeller Jobs haben direkte Auswirkungen auf Armut und Hunger, die in städtischen Gebieten erheblich ansteigt", erklärt ein Wirtschaftsexperte der Regierung, der seinen Namen nicht genannt sehen will.

Hungernden wie Madyira ist es ziemlich gleichgültig, ob das Land die UN-Entwicklungsziele planmäßig erreicht. "Für Leute wie mich würde das kaum etwas ändern. Solange ich keine anständig bezahlte und regelmäßige Arbeit habe, kann ich dem Hunger nicht entkommen." (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/12/starvation-strikes-zimbabwes-urban-dwellers/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2014