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HUNGER/366: Jemen - Sieben Millionen Menschen droht akut Hungersnot (Oxfam)


Oxfam - Pressemitteilung vom 20. Dezember 2017

Jemen: Sieben Millionen Menschen droht akut Hungersnot

Oxfam-Bericht: 1.000 Tage seit Ausbruch der Krise / Seeblockade schneidet Bevölkerung von Nahrung und Medikamenten ab / Cholera weiterhin gefährlich / eine Million Kinder von Diphterie bedroht


1.000 Tage nach der Eskalation der Kämpfe im Jemen im Jahr 2015 und einen Monat nach der Verhängung einer Blockade wichtiger Häfen stehen mehr als sieben Millionen Menschen vor einer Hungersnot. Preise für Nahrungsmittel, Medikamente und Treibstoffe explodieren, Wasserversorgung und Krankenhäuser stehen vielerorts vor dem Kollaps. Das beschreibt der Bericht "Yemen's crisis: 1.000 days of disaster" [1], den Oxfam heute veröffentlicht. Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation fordert mehr internationale Anstrengungen für ein Ende der Kämpfe.

Nur ein Drittel der benötigten Nahrungsmittel erreichen die Menschen in den am meisten umkämpften Teilen des Landes, seitdem die von Saudi Arabien angeführte Militärkoalition die nördlichen Häfen des Landes blockiert. Die Blockade ist neben der brutalen Kriegsführung aller Konfliktparteien dafür verantwortlich, dass Millionen Menschen kaum noch Zugang zu Nahrung, Wasser und Gesundheitsversorgung haben. Hinzu kommt, dass die grassierende Cholera-Epidemie noch nicht besiegt und die Zahl der Diphteriefälle in jüngster Zeit angestiegen ist. Mehr als eine Million Kinder sind von der lebensbedrohlichen Atemwegskrankheit bedroht.

Robert Lindner, Referent für humanitäre Krisen und Konflikte bei Oxfam Deutschland, erklärt: "Bereits seit tausend Tagen werden im Jemen Unmengen todbringender Waffen eingesetzt. Seit einem Monat kommt eine geradezu mittelalterlich anmutende Blockade für lebenswichtige Versorgungsgüter hinzu. Menschen von der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Treibstoffen und Medikamenten abzuschneiden, ist unter keinen Umständen gerechtfertigt. Aushungern als Mittel des Krieges einzusetzen, widerspricht jeglicher Humanität und darf nicht länger geduldet werden."

Regierungen wie die von Großbritannien und der Vereinigten Staaten, die den Krieg im Jemen jahrelang mit Rüstungslieferungen angeheizt haben, haben sich kürzlich kritisch über eine Fortführung dieses Krieges geäußert. Diesen Worten müssen jetzt Taten folgen. Großbritannien, das im UN-Sicherheitsrat federführend für die Behandlung der Jemenkrise ist, muss jetzt alles dafür tun, dass die Blockade beendet, alle Kämpfe eingestellt und Bemühungen für eine Friedenslösung vorangetrieben werden.

Es gibt Befürchtungen, dass ein Angriff auf den Hafen von Al-Hudeidah kurz bevorstehen könnte. Dessen Hafenkräne wurden bereits früher angegriffen und seine Umschlagskapazität damit erheblich reduziert. Neue Kämpfe könnten die vollständige Schließung des Hafens und damit eine weitere massive Einschränkung der Versorgung von Millionen Menschen zur Folge haben.



Weiterführende Informationen:

  • 90 Prozent der Nahrungsmittel für den Jemen müssen importiert werden.
  • Die Preise für Nahrungsmittel sind im Jemen seit Anfang November um 28 Prozent gestiegen.
  • Seit November 2017 kam kein Treibstoff mehr ins Land. Treibstoff wird unter anderem dafür benötigt, um Hilfsgüter zu den Bedürftigen im Land zu transportieren.
  • Mindestens sechs Schiffe, die in den nordjemenitischen Häfen Al-Hudeida und Saleef anlegen wollten, mussten aufgrund erheblicher Verzögerungen wieder abdrehen.
  • Hilfsorganisationen und Handelsfirmen erleiden durch die Verzögerungen erhebliche finanzielle Belastungen; Schiffe, die zum Beispiel vor Al-Hudeida in Tiefwasser ankern müssen, verursachen Kosten von über 10.000 US-Dollar pro Schiff und Tag.
  • Das an der Westküste gelegene Ölterminal Ras Isa ist seit März 2017 auf Anweisung der saudisch geführten Militärkoalition geschlossen.
  • In den ersten 1.000 Tagen des Jemen-Krieges wurde fast 5.300 Zivilisten getötet, drei Millionen mussten aus ihren Häusern fliehen.
  • Fast eine Million Menschen sind seit Ende März 2015 durch Cholera infiziert worden - dies ist der größte jemals verzeichnete Choleraausbruch.


Oxfam-Bericht (Englisch) - Yemen's crisis: 1.000 days of disaster PDF | 615,93 kb
https://www.oxfam.de/system/files/1000days_media_brief.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. Dezember 2017
Oxfam Deutschland e.V.
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
Telefon: +49 - 30 - 453069-0, Telefax: +49 - 30 - 453069-401
E-Mail: info@oxfam.de
Internet: www.oxfam.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2017

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