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INTERNATIONAL/083: Bolivien - Unternehmerin bringt Backwaren aus Quinoa groß heraus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. April 2013

Bolivien: Unternehmerin bringt Backwaren aus Quinoa groß heraus

von Franz Chávez


Bild: © 'Wara Quinoa'

Ana Chipana neben UN-Generalsekretär Ban Ki-moon
Bild: © 'Wara Quinoa'

La Paz, 30. April (IPS) - Als Kind konnte Ana Chipana der Kulturpflanze Quinoa wenig abgewinnen. Doch ausgerechnet dem 'Korn der Inka' verdankt die Bolivianerin den Aufstieg zur erfolgreichen Unternehmerin, deren nahrhafte Backwaren auch von den Vereinten Nationen und der Weltraumbehörde NASA geschätzt werden.

Chipana lebt seit zwölf Jahren in Tamarac in Florida im Südosten der USA. Als sich ihr Mann eine schwere Magen-Darm-Erkrankung zuzog, sah sie sich gezwungen, die Ernährung der Familie umzustellen. Sie erinnerte sich an die großen, hellen und leicht verdaulichen, fett- und glutenfreien Körner aus ihrer Kindheit, die proteinreicher als Getreide sind und acht Aminosäuren, Eisen, Kalzium, Magnesium, Phosphor und Vitamine enthalten.

Quinoa ist ein sogenanntes Pseudogetreide und gehört wie die Zuckerrübe zu der Familie der Fuchsschwanzgewächse "und ist reich an Nährstoffen, Proteinen, Mineralien und Vitaminen", betonte der Sprecher der Weltagrarorganisation (FAO) in Bolivien, Einstein Henry Tejada. So wie die Kartoffel war Quinoa das Hauptnahrungsmittel der indigenen Andenvölker, geriet aber zunehmend in Vergessenheit. Bis heute ist die Nachfrage gering.

Nachdem ihr Mann von seiner Krankheit genesen war, entschloss sich Chipana dazu, auch andere Menschen von der Vielfalt der Kulturpflanze profitieren zu lassen. 2010 gründete sie das Unternehmen 'Wara Quinoa Organic Bakery'.


Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt

Unermüdlich wirbt die Unternehmerin für ihre gluten- und zuckerfreien Biobackwaren aus Quinoa. Zu drei Gelegenheiten schrieb sie der NASA, um auf den gesundheitlichen Aspekt ihrer Produkte hinzuweisen. Ihr langer Atem zahlte sich am Ende aus. So wurde sie von der Weltraumbehörde eingeladen, zum Anlass einer Konferenz das Frühstück von Technikern und Astronauten auszurichten.

Die besonderen Eigenschaften von Quinoa sind der NASA seit Jahrzehnten bekannt. Die Weltraumbehörde verfügt zwar über ein eigenes, von Ernährungsexperten und Wissenschaftlern geführtes Nahrungsmittellabor und es ist unüblich, dass sie Unternehmen von außen engagiert. Doch offensichtlich hat die Neugierde, wie ihre Erzeugnisse wohl schmecken würden, Oberhand gewonnen.

Wie Chipana in einem Telefongespräch mit IPS berichtete, ist Quinoa fester Bestandteil der Astronautennahrung. Im Spezialzentrum auf Cape Canaveral ist das Korn Bestandteil von Salaten und im Weltraum quasi der gesamten Trockennahrung beigemengt.

Es gibt ein Foto, das die Unternehmerin an der Seite des Astronauten James Francis Reilly mit einem Kuchen von Wara Quinoa zeigt. Das Bild ist zu einem Symbol der Pro-Quinoa-Bewegung geworden, die die Bemühungen der bolivianischen Regierung von Staatspräsident Evo Morales ergänzt, den Konsum des 'Inkakorns' im In- und Ausland zu erhöhen. Auf Betreiben Boliviens haben die Vereinten Nationen 2013 sogar zum Internationalen Quinoa-Jahr erklärt.

Bolivien ist mit einer jährlichen Quinoa-Produktion von 51.000 Tonnen der weltgrößte Hersteller. Der Großteil der Ernten wird exportiert. Wichtigster Abnehmer sind die USA. Nach Angaben des Bolivianischen Außenhandelsinstituts wurde das Korn im letzten Jahr zu 3.000 US-Dollar die Tonne gehandelt. Die Ausfuhren generierten dem Andenstaat Einnahmen in Höhe von 80 Millionen Dollar - 26 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auch an der Heimatfront konnte die Kulturpflanze Land gewinnen. So legte die Nachfrage von 330 Gramm pro Person auf 1,1 Kilogramm zu. Wie Morales zum Start des Internationalen Quinoa-Jahres am 20. Februar vor der UN-Vollversammlung erklärte, wächst somit die Nachfrage nach Quinoa in Bolivien beträchtlich an.

Auch Chipana hatte sich bei den Vereinten Nationen eingefunden. Ihre Erzeugnisse wurden im Rahmen eines Mittagsessens serviert, an dem auch Morales, Ban Ki-moon und der FAO-Generaldirektor José Graziano da Silva teilnahmen. Sie empfiehlt ihren Landsleuten alles zu tun, um die wachsende Nachfrage nach Quinoa zu decken sowie die wissenschaftliche Erforschung und die Industrialisierung des Korns voranzubringen.


Wirksames Mittel gegen den Hunger

Bolivien hat sich den Kampf gegen den Hunger auf die Fahnen geschrieben. Obwohl das zehn Millionen Einwohner zählende Land bemerkenswerte Fortschritte vorweisen kann, sieht sich noch immer eine Million Bolivianer von Hunger, Unterernährung und Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, wie Crispín Moreira von der FAO in Bolivien erklärte.

Um Hunger und Armut auch weiterhin erfolgreich zu bekämpfen, empfiehlt die FAO eine Doppelstrategie. So soll das Land zum einen die Nachhaltigkeit der Produktionssystem verbessern und zum anderen den Nahrungsmittelzugang garantieren. "Quinoa ist ein natürliches Element, das für die Umsetzung beider Strategien geeignet ist, und obendrein hat die Pflanze der Menschheit noch eine ganze Menge mehr zu bieten." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://waraquinoa.com/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=102765

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2013