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INTERNATIONAL/085: Polen - Landreform in Sicht? (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 364 - März 2013
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Polen: Landreform in Sicht?
Bauerproteste führen zumindest zur Vereinbarung

von Berit Thomsen
Übersetzung: Janusz Hradetzky
(Bündnis Junge Landwirte)



Der Norden in Polen ist vergleichbar mit dem Osten in Deutschland. Jedenfalls wenn es um die Bodenpolitik geht. Früher wie heute. Erst mal früher. In beiden Ländern begann die Geschichte mit der ehemaligen Sowjetunion. Sowohl in Nordpolen als auch in Ostdeutschland wurden Bauernhöfe in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) zusammengefasst. In Ostdeutschland gab es binnen einiger Jahre kaum mehr Einzelbauern, während im Norden Polens neben den LPGs noch einzelne Höfe geblieben sind. Im Süden von Polen hat diese Kollektivierung gar nicht stattgefunden. Heute geht es um die Rückgabe und Privatisierung der kollektivierten Flächen. In Ostdeutschland übernimmt das die Bundesverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Die BVVG-Flächenvergabepraxis führt seit jeher dazu, dass bäuerliche Betriebe kaum an Land kommen, während Riesenbetriebe immer weiter wachsen (Bauernstimme 12-20 12). In Polen zeichnet sich ein nahezu identisches Szenario ab. Das berichtet jedenfalls die Bauerngewerkschaft Solidarnosc, die dem konservativen europäischen Dachverband Copa-Cogeca angehört. Der Solidarnosc zufolge, habe die sogenannte polnische Agentur für landwirtschaftliche Immobilien mit dem Kürzel ANR bei der Landvergabepraxis Familienbetriebe weitestgehend außen vor gelassen. Zum Zuge kamen häufig ausländische Investoren, die über Strohleute Land kauften.


Zwischen

In den vergangenen Wochen haben sich die polnischen Bäuerinnen und Bauern "gegen den Ausverkauf des Bodens in fremde Hände gewehrt", heißt es auf der Homepage der Bauerngewerkschaft Solidarnosc. Es fanden Demonstrationen statt. Und deshalb kam es am 11. Januar zu einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Landwirtschaft und Dorfentwicklung, dem ANR-Geschäftsführer und dem Protestkomitee der Bauern. Demnach darf der Vergabeprozess abgeblasen werden, etwa wenn nur der Verdacht besteht, dass ausländisches Kapital im Spiel ist. Die Familienbetriebe, so die unterschriebene Vereinbarung, sind im Vergaheprozess besonders zu berücksichtigen. Dabei spielen Hofgröße und Entfernung zu den Flächen eine Rolle. Es soll auch eine Klausel für Rückkaufrecht eingeführt werden, wenn beispielsweise das Land nicht landwirtschaftlich genutzt oder nicht vom Käufer bewirtschaftet wird. Des Weiteren hält diese Vereinbarung fest, dass auch das Grundstücksverkehrsgesetz in Polen überarbeitet werden soll. Bis vor kurzem standen noch Traktoren vor dem Verwaltungsgebäude der ANR in Stettin. Als Mahnmal für die rasche und wirkungsvolle Umsetzung der Vereinbarung.

Infos: www.stopp-landgrabbing.de

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 364 - März 2013, S. 4
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2013