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INTERNATIONAL/131: "Krise Ergebnis von Gier und Ignoranz" - Anerkennung indigenen Wissens gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Februar 2015

Ernährung: 'Krise Ergebnis von Gier und Ignoranz' - Anerkennung indigenen Wissens gefordert

von Valentina Gasbarri


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von IFAD

Das Wissen indigener Völker könnte zur globalen Ernährungssicherheit beitragen
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von IFAD

Rom, 25. Februar (IPS) - Hunger und Mangelernährung im 21. Jahrhundert zu überwinden, bedeutet nicht nur, mehr Nahrung zur Verfügung zu stellen. Auch die Qualität muss sich verbessern. Trotz deutlicher Fortschritte bei der Ernährung der Weltbevölkerung leiden etwa 805 Millionen Menschen unter chronischem Hunger. Etwa zwei Milliarden Erdenbürger haben Mangelerscheinungen, weil ihnen wichtige Nährstoffe fehlen. Andererseits sind ungefähr 2,8 Milliarden Menschen übergewichtig.

Die Debatte über mögliche Lösungen für das Ernährungsproblem hat die Landwirtschaft und den globalen Handel in einen Gegensatz zu dem traditionellen, ganzheitlichen Wissen der Ureinwohner gebracht. Das Forum der Indigenen Völker diskutierte Mitte Februar am Sitz der Internationalen Fonds für Agrarentwicklung (IFAD) in Rom über Lösungsansätze, die das Wissen der Indigenen zum Ziel der Ernährungssicherung und nachhaltigen Entwicklung nutzen.

Wie IFAD-Präsident Kanayo F. Nwanze erklärte, zählen die Territorien der indigenen Gemeinschaften zu den artenreichsten Gebieten der Erde. Die unterschiedlichen Völker leben auf einem Fünftel der Erdfläche. Doch inzwischen sie sie und ihre Ökosysteme in ihrer Existenz gefährdet, weil ihre Rechte missachtet werden. Auch andere Faktoren wie Bevölkerungswachstum, Klimawandel, Wanderungsbewegungen und Konflikte tragen dazu bei, die Probleme zu verschärfen.

Die Ausgrenzung der Indigenen führe zu einer Entwertung ihrer überlieferten Kenntnisse, hieß es auf dem Forumstreffen vom 12. bis 13. Februar. "Arrogant und dreist hält die Menschheit auch weiterhin an ihren Vorstellungen von Entwicklung und Fortschritt fest, als seien die Ressourcen des Planeten unendlich vorhanden und als kenne die Herrschaft des Menschen über die Natur keine Grenzen", sagte Carlo Petrini, Begründer der internationalen Slow-Food-Bewegung. "Der glorifizierte Weg des Fortschritts ist am Rande des Abgrunds angekommen. Die gegenwärtige Krise ist das Ergebnis von Gier und Ignoranz."


Globale Verschwendung von Lebensmitteln

Die Teilnehmer der Veranstaltung forderten vor allem die so genannte entwickelte Welt dazu auf, sich mit dem Wissen und den praktischen Fähigkeiten der Indigenen auseinanderzusetzen. Viele indigene Gemeinschaften produzieren auf nachhaltige Weise Nahrungsmittel wie Mais oder wilden Reis, die als heilig angesehen werden. Land- und Wasserressourcen werden bewusst geschont, anders als bei der globalen Produktion, dem Vertrieb und dem Konsum von Lebensmitteln, die mit einer beispiellosen Verschwendung von Nahrung einhergingen.

In den Projekten der Weltagrarorganisation FAO, die vom Zentrum für die Ernährung und Umwelt indigener Völker (CINE) an der McGill Universität im kanadischen Montréal durchgeführt werden, nehmen die Nahrungssysteme der Ureinwohnervölker indes eine zentrale Rolle ein. "In jahrelanger Arbeit haben wir die traditionellen Ernährungsgewohnheiten der Indigenen untersucht, um die Bedeutung des Matriarchats und der Frauen für die Ernährungssicherheit zu verstehen", sagte die Gründungsdirektorin von CINE, Harriet V. Kuhnlein. Das Zentrum führt unter anderem in einer Mohawk-Gemeinschaft in der Nähe von Montréal ein auf drei Jahre angelegtes Projekt zur Diabetes-Prävention durch.

Um den Planeten zu ernähren, müssen nach Ansicht des Forums lokale Produkte wieder aufgewertet werden. Größere Anstrengungen seien notwendig, um die negativen Auswirkungen der Lebensmittelproduktion sowie die Belastung von Klima, Wasser und Ökosystemen nicht noch weiter voranzutreiben. Die Teilnehmer des Treffens forderten unter anderem, eine gesunde Umgebung als international garantiertes Menschenrecht in die von den Vereinten Nationen ab 2016 anvisierten Nachhaltigkeitsziele aufzunehmen. (Ende/IPS/ck/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/02/indigenous-food-systems-should-be-on-the-development-menu/

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IPS-Tagesdienst vom 25. Februar 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2015

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