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INTERNATIONAL/133: Philippinen - Frauen bilden die Speerspitze der Bewegung für gesunde Ernährung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. März 2015

Philippinen: Gut genährt von Anfang an - Frauen bilden die Speerspitze der Bewegung für gesunde Ernährung

von Diana Mendoza



Bild: © Kara Santos/IPS

Mehr als 20 Prozent der unter Fünfjährigen auf den Philippinen leiden an Wachstumsstörungen
Bild: © Kara Santos/IPS

Manila, 23. März (IPS) - Als Mitglieder der Frauengesundheitsorganisation ARUGAAN im November 2013 die vom Wirbelsturm 'Haiyan' verwüstete philippinische Region Eastern Visayas besuchten, fiel ihnen auf, dass viele Mütter ihre Säuglinge abgestillt hatten, um sie mit Fertigmilch zu füttern, die in den Hilfslieferungen reichlich vorhanden war. "Uns war sofort klar, dass wir hier gegensteuern mussten", sagt Tinay Alterado, die dem Team angehörte. "Wir haben den Frauen erklärt, warum es wichtig ist, dass sie ihren Kindern die Brust geben."

ARUGAAN ist ein Hilfszentrum, das vorwiegend von armen, in Städten arbeitenden Müttern betrieben wird, die anderen Frauen beispielsweise zeigen, wie sie den Milchfluss anregen und Muttermilchreserven anlegen können. "Wir haben den Frauen damals empfohlen, ihre Babys mindestens sechs Monate lang zu stillen", erklärt die Aktivistin. Muttermilch ist erwiesenermaßen die beste Babynahrung.

In einem Land, in dem etwa 22 Prozent der unter fünfjährigen Kinder untergewichtig und 32 Prozent in ihrer Entwicklung zurück sind, kann die Rolle von Frauen im Kampf gegen Hunger und Unterernährung nicht hoch genug bewertet werden.


Mangelernährung weit verbreitet

Das Weltkinderhilfswerk UNICEF führt die Unter- und Mangelernährung ebenso darauf zurück, dass viele Säuglinge auf den Philippinen gar nicht oder nicht lange genug gestillt werden. Hinzu kommen eine einseitige, auf Reis fixierte Ernährung, häufig auftretende Naturkatastrophen und die verbreitete Armut. Schätzungen der UN-Agrarorganisation FAO zufolge ziehen jährlich durchschnittlich 20 Stürme über das Land mit etwa 100 Millionen Einwohnern hinweg und schädigen den Agrarsektor erheblich.

Im vergangenen Jahr schlossen die Philippinen zu einer Gruppe von rund 60 Entwicklungsländern auf, die sich zum Ziel gesetzt haben, im Rahmen der UN-Entwicklungsziele die Zahl der Hungernden zu halbieren. Der südostasiatische Staat verzeichnet allerdings eine der weltweit höchsten Raten von Unterernährung. Im gesamten Asien-Pazifik-Raum lebten 2014 ungefähr 553 Millionen mangelernährte Menschen.

Wie Tinay Alterado wirbt auch Angelina Galang, die Vorsitzende des Bündnisses 'Consumer Rights for Safe Food' (CRSF), für gesunde Ernährung. Wenn ihre Enkel sie am Wochenende besuchen, gibt es nicht die üblichen Limonaden und Fertigpizzen, sondern Obst sowie selbst zubereitete und besonders nahrhafte Speisen. "Anfangs mochten sie mein Essen nicht, doch inzwischen haben sie sich daran gewöhnt. Ich möchte, dass sie gesund leben."

CRSF drängt zudem die philippinische Regierung, die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit zu erforschen. "Wir wissen doch gar nicht, was Genfood letztendlich anrichtet", meint dazu Galang. "Wir Verbraucher werden als Versuchskaninchen missbraucht."

Acht Gensaaten hat die philippinische Regierung nach Angaben von Galang für den Anbau freigegeben, und 63 dürfen importiert werden. Gegner von Gennahrung protestieren zurzeit gegen die Pläne der Regierung, den Anbau des genetisch veränderten 'Golden Rice' zu erlauben. Diese Varietät wurde mit Beta-Karotin angereichert, das vom Körper in Vitamin A umgewandelt wird.

Die Regierung begründet die Pläne damit, dass in dem Land eine massive Unterversorgung mit Vitamin A zu beobachten sei. Laut dem Internationalen Reisforschungsinstitut IRRI mit Sitz auf den Philippinen sind von diesem Mangel etwa 1,7 Millionen Kinder unter fünf Jahren sowie rund 500.000 Schwangere und stillende Mütter betroffen. Aktivisten zufolge verstärken Gennahrungsmittel das Hungerproblem, gehen zu Lasten der biologischen Vielfalt und kontaminieren die natürlichen Arten.


Umwelterziehung beginnt im Kindergarten

Camille Genuino gehört der 'Negrense Volunteers for Change Foundation' in Bacolod-Stadt an, der Hauptstadt der drittgrößten philippinischen Insel Negros. Die Stiftung setzt sich dafür ein, dass Kinder von Anfang an gesund ernährt und bereits im Kindergarten für die Bedeutung gesunder Nahrungsmittel sensibilisiert werden. Ihre Gruppe stellt das sogenannte 'Mingo'-Pulver her, dass mit Wasser zu einem nahrhaften Brei angerührt wird und sich gerade in Katastrophengebieten bewährt hat.

Genuinos Kind wird in einem Zentrum in der Stadt Quezon nahe bei einer Müllkippe betreut. Die Bewohner von Quezon haben auf ihren Häuserdächern kleine Gärten angelegt, in denen sie ihr eigenes Gemüse ziehen. Etwa 80 bis 100 Kinder werden von dem Zentrum regelmäßig mit Nahrungsmitteln versorgt.

"Die Menschen sollten wissen, wie man Tomaten, Auberginen, Paprika und Bohnen anbaut", meint Monina Geaga von SARILAYA, einem Bündnis aus von Frauen geführten Graswurzelorganisationen. Mehr als 200 Bäuerinnen haben sich SARILAYA angeschlossen. Die meisten leben auf der größten philippinischen Insel Luzon und betreiben dort organischen Anbau, um ihre Familien auf diese Weise vor genmanipulierten Lebensmitteln zu bewahren.

Studien der Forschungsinstituts für Lebensmittel und Ernährung und der Universität der Philippinen zeigen, dass arme Familien etwa 70 Prozent mehr Geld für Kinderfertignahrung als für andere Haushaltsartikel ausgeben und dass Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren täglich fett-, cholesterin- und salzhaltige Fastfood-Produkte konsumieren.

Ernährungsbewusste Frauen versuchen dagegen anzugehen, indem sie sich gleichzeitig als Forscherinnen, Bäuerinnen und Aktivistinnen engagieren, um ihre Familien gesund zu halten. (Ende/IPS/ck/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/03/women-in-the-philippines-at-the-forefront-of-the-health-food-movement/

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IPS-Tagesdienst vom 23. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2015

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