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LANDWIRTSCHAFT/1393: Die Wirtschaftsgemeinschaft aus Bauern und Konsumenten (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 03 / 2009
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Die Wirtschaftsgemeinschaft aus Bauern und Konsumenten
Ein Wirtschaftsmodell der Zukunft?

Von Marion Guenet


Früher lebten die Menschen mit den Tieren in einer anderen Beziehung zueinander. Die Kuh beispielsweise spendete Milch, Dung und am Ende auch Fleisch. Dafür wurde sie geliebt und mit Dank bedacht, nicht nur von den Besitzern, sondern ganz natürlich auch von den Konsumenten.

In der Marktwirtschaft haben sich die Preise schon immer unter dem Einfluss von Angebot und Nachfrage sowie der Konkurrenzverhältnisse entwickelt, und an die Preise war schon immer eine Gewinnerwartung geknüpft. Doch je globaler die Marktwirtschaft wurde, desto mehr führten Preisdruck und Gewinnstreben zu intensiver Tiernutzung und dadurch zu billigen Produkten. Die Konsumenten hatten den Vorteil, doch die Nutztiere und die Umwelt hatten den Schaden. Die Nutztiere wurden auf Hochleistung gezüchtet, doch dadurch wurden sie anfällig für Verhaltensstörungen und Krankheiten. Die Rodung vieler Wälder führte zu Erosionen. Die intensive Bearbeitung der Felder verschlechterte die Böden (zum Thema siehe auch www.gesunde-erde.net). Für die Bauern wurde es immer schwieriger, gerechte Preise für ihre Leistung zu bekommen, und die Qualität der tierischen Lebensmittel hat natürlich stark nachgelassen. Das gilt auch für viele Bio-Betriebe. Andererseits erwartet die Mehrheit der Bevölkerung eine artgerechte Produktion ihrer Lebensmittel. Wenn aber die artgerechte Haltung von Tieren viel Zeit, Platz und menschliche Fürsorge erfordert, wie sollen die Bauern dann von ihrer Arbeit leben können? Wie kann man das erreichen?

Deutsche Demeter-Bauern haben schon heute Wege gefunden, Zeitaufwand, Platz, menschliche Fürsorge und das Wohl ihrer Tiere zu berücksichtigen und dadurch nachhaltig zu wirtschaften. Dem Konsumenten kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Am Gärtnerhof Entrup e.G. und am Buschberghof (beide 40 km östlich von Hamburg) wird die folgende Wirtschaftsform schon hundertfach erfolgreich praktiziert: Inspiriert von der amerikanischen CSA (Community Supported Agriculture = gemeinschaftlich unterstützte Landwirtschaft) folgen die Gründer dieser beiden Höfe und die Mitarbeiter dem Konzept, die Landwirtschaft als ein Ganzes zu betrachten, als eine Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Bauern und Konsumenten. Wegen des Erfolgs dieses Konzepts erhielt der Buschberghof vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gerade den Förderpreis Ökologischer Landbau 2009(1). Wie funktioniert dieses Modell?

Auf beiden oben genannten Höfen werden ökologische Lebensmittel je nach Jahreszeit und Witterung produziert, z.B. Gemüse, Obst, Brot, Käse und Fleisch, und sie werden nach Demeter zertifiziert. Die Konsumenten der Wirtschaftsgemeinschaft beteiligen sich mit einer festen Summe (am Gärtnerhof Entrup e.G. mit 100 EUR pro Person und Monat) an den Kosten des Hofes und bekommen dafür frische und kontaminationsfreie Produkte des Hofes in ausreichender Menge für ihre Ernährung. Die sonst übliche Bezahlung an der Kasse entfällt. Die Konsumenten werden also Teilnehmer der Landwirtschaftsgemeinschaft. Nutzen und Risiken der Hofbetreibung werden gemeinsam getragen.

Die Vermarktungsform ist preiswert und bringt den Landwirten Linderung, da kein Geld für die Vermarktung oder die Vorfinanzierung der Lebensmittel ausgegeben wird. Der Handel ist fair und nützt auch der Umwelt, weil die Landwirtschaft gesund und nachhaltig ist. Die Ressourcen wie Luft, Boden und Wasser werden so genutzt, dass ihre wesentlichen Eigenschaften erhalten bleiben und sie sich in natürlicher Weise regenerieren können. Die ökologisch erzeugten Produkte kommen streng regional zum Konsumenten. Die Regionalität spart Energie, denn die Produkte legen nur kurze Strecken zurück. Die Kunden wissen, wer ihre Lebensmittel erzeugt und wie dies geschieht. Sie haben die Möglichkeit, mehr Bewusstsein über ihre Beziehung zur Erde und zu den Prozessen zu gewinnen, die ihr Leben möglich machen.

Aber vor allem nutzt diese Wirtschaftsweise den Tieren, denn wenn es dem Bauern gut geht, geht es den Tieren auch gut. Die Bedürfnisse der Tiere werden berücksichtigt, sie erhalten genug Platz, qualitativ gutes Futter und Liebe.

MITMACHEN! Wer mitmachen will, kann regionale Höfe ansprechen und sie anregen, auch Wirtschaftsgemeinschaften zu bilden oder sich unter info@provieh.de zu informieren. PROVIEH freut sich sehr darauf, Hilfe zu vermitteln.


(1) Mit diesem Preis werden besonders innovative Konzepte ökologisch wirtschaftender Betriebe geehrt.


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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 03/2009, Seite 32-33
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de

PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. November 2009