Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

LANDWIRTSCHAFT/1458: Gemeinschaftsbank fördert Ökolandbau deutschlandweit (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 342 - März 2011
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Gemeinschaftsbank fördert Ökolandbau deutschlandweit
Kauf von BVVG-Flächen in der Uckermark ruft auch kritische Stimmen auf den Plan

Von Christiane Hinck


Im brandenburgischen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin liegt mit 12.000 ha das größte zusammenhängende Bioackerbaugebiet Europas. Seit cirka 20 Jahren werden die Flächen ökologisch bewirtschaftet. Als für 2.500 ha davon im Jahr 2009 die Pachtverträge mit der staatlichen Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH (BVVG) ausliefen, stand der Verkauf der Flächen an. Die dreizehn betroffenen Biobetriebe hatten zwar einen Direkterwerbsanspruch nach der Privatisierungsrichtlinie, aber nach Angabe der sozial-ökologisch orientierten "Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken", kurz GLS, konnten die Betriebe die Kaufsumme nicht aufbringen. Deshalb wandten sie sich an die Bank. Gemeinsam entwickelte man die Idee eines bundesweiten Bodenfonds, der Ökoanbaufläche langfristig sichern soll. Die Bio-Bodenfonds GmbH und Co. KG mit Sitz in Bochum wurde gegründet. Der Bio-Bodenfonds kaufte das Land von der BVVG und verpachtete es an die Bauern. Stefan Palme vom Gut Wilmersdorf ist einer der Biolandwirte, die dazu ihr Vorkaufsrecht an den Fonds abtraten. Bei Palme etwa liegt die gepachtete Fondsfläche bei 240 ha seiner insgesamt gut 1.000 ha Fläche. Im Durchschnitt bewirtschaften die 13 Betriebe rund 700 ha. Der Bio-Bodenfonds ist gegenüber der BVVG verpflichtet, die Fläche mindestens 15 Jahre ökologisch zu bewirtschaften. Die pachtenden Bauern sind gegenüber dem Fonds darüber hinaus verpflichtet, für mindestens 18, in der Regel sogar 30 Jahre nicht nur diese Flächen, sondern den Gesamtbetrieb ökologisch zu bewirtschaften.

"Der Fond war schnell überzeichnet", berichtet Cornelia Roeckl, Firmenkundenberaterin bei der GLS-Bank, "das Interesse war riesig". Die Bank bot Anteilsscheine im Gesamtbetrag von knapp 14 Mio. Euro an. Zusätzlich gaben die Landwirte dem Fonds ein Darlehen von 4 Mio. Euro. Bei einem Kaufpreis von 13 Mio. Euro verblieben 4 Mio. Euro im Fonds, die als "Grundstock" für weitere bundesweite Flächenankäufe verwendet werden, erklärt Roeckl. Der Bio-Bodenfonds ist mittlerweile in verschiedenen Bundesländern mit ca. 40 interessierten Landwirten und Zusammenschlüssen im Gespräch, um landwirtschaftliche Flächen zu kaufen und sie anschließend an Biobetriebe zu verpachten.


Eine andere Art Bodenfonds

Das Investitionsverhalten des Bio-Bodenfonds ist laut Roeckl dadurch gekennzeichnet, dass nur Ökolandbauflächen oder Umstellungsflächen für Hoferweiterungen gekauft werden, der gesamte Betrieb ökologisch bewirtschaftet werden muss und die Flächen dauerhaft gehalten werden. Wichtig ist für sie auch, dass interessierte Biobauern selbst auf den Fonds zugehen müssen. Um Verwaltungskosten niedrig zu halten, kauft der Fonds nur Flächen ab etwa 50 ha in einer Region, wobei diese auch für verschiedene Pächter erworben werden können. Der Pachtzins orientiert sich laut Roeckl am Pachtniveau in der Region und müsse für die Bauern auch zukünftig bezahlbar bleiben. Die Pacht an den Fonds beträgt jeweils 3,2 Prozent des Kaufpreises. Erhöht werden soll sie laut Roeckl ausschließlich um einen Inflationsausgleich, der auch die Erzeugerpreisentwicklung berücksichtigt. Den Anlegern biete der Fonds durch die dauerhafte Verzinsung von 2,5 Prozent vor allem langfristige Sicherheit. Roeckl erklärt: "Ganz ohne Rendite geht es nicht." Die Rendite ergibt sich aus den Pachteinnahmen abzüglich der Verwaltungskosten. Durch eine Pachterhöhung würden die Anleger einen Zinszuschlag erhalten. Roeckl nennt als wesentliche Vorteile des Bio-Bodenfonds dessen langfristige Strategie: Es erfolgen keine Verkäufe zu Spekulationszwecken. Die niedrige Mindesteinlage von 3.000 Euro und die knapp 600 inländischen Zeichner sprechen, so Roeckl, für eine breite Kapitalverteilung.


Zum konkreten Fall Uckermark

Kein Kauf ohne Kaufpreis. In der Uckermark wurde im Vorfeld des Kaufes im September 2008 in einer europaweiten Ausschreibung der BVVG für 150 ha arrondierte Ökoanbaufläche in der Schorfheide mit einer ebenfalls 15 jährigen Bindung an Ökolandbau der Kaufpreis der späteren Fondsflächen mit 7.000 Euro (bei 38 Bodenpunkten) ermittelt, so Palme. Dieser Preis wurde zugrundelegt, als die Bank im folgenden Jahr 2009 die 2.500 ha Fläche in zwei Tranchen kaufte. Da es sich bei den 2.500 ha laut Roeckl um Flächen mit teilweise sehr niedriger Bodenzahl handelt, lag der Durchschnittspreis der Ackerflächen bei 6.660 Euro. "Hätte die Bank nicht gekauft, wäre das land zu einem großen Teil ausgeschrieben worden und für den ökologischen Landbau verloren gegangen", ist Palme überzeugt. Deshalb setzte er sich mit seinen Kollegen bei der Politik dafür ein, dass der Fonds das Land, auf das die Landwirte Direkterwerbsansprüche nach dem Privatisierungsgesetz besaßen, an Stelle der Bauern erwerben konnte.

Dass die BVVG die Flächen nicht ausgeschrieben hat bzw. der Gesetzgeber der BVVG die Ausschreibung nicht vorgeschrieben hat, kritisiert Franz Joachim Bienstein aus Mecklenburg: "Ob Bio oder nicht, ohne Ausschreibung begibt man sich auf dasselbe Niveau, mit dem die meisten anderen BVVG-Flächen verkauft wurden." Der Landwirt hat selbst über Jahre vergeblich versucht, BVVG-Flächen für eine Betriebserweiterung zu kaufen, und ist kein Einzelfall. Seine Klage gegen die BVVG und ihre Flächenvergabepraxis wurde von zwei Gerichten abgewiesen. Bienstein, dessen Fall inzwischen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigt, fragt aber auch, warum die GLS über 1.000 ha große Betriebe unterstützt. "Hier wurde für eine Gruppe ausgewählter Betriebe ein verbilligter Preis ausgehandelt". Derselben Meinung ist der Bauer Jörg Gerke, ein langjähriger Beobachter der ostdeutschen Bodenvergabepolitik: "Die GLS-Bank hat die arrondierten Flächen zu einem extrem subventionierten Preis gekauft. Unter der Voraussetzung, dass 6.000 Euro pro ha im Vergleich zu Preisen auf dem freien Markt von bis zu 20.000 Euro für umliegende Flächen gezahlt wurden, lag der Kaufpreis bei dreißig Prozent des Marktpreises", schätzt er. Palme findet diesen Vergleich nicht zulässig, auch weil die Fonds-Flächen mit einer 18jährigen Öko-Bindung belegt sind. Aus Gerkes Sicht wäre es richtig gewesen, zeitnah zum Verkauf eine Ausschreibung mit "kleinen Losgrößen um 250 ha" zu machen, um Großinvestoren möglichst auszuschließen. "Wäre eine Ausschreibung erfolgt, auch unter der Prämisse des ökologischen Anbaus, kitten sich Tausende umstellungswilliger konventioneller Betriebe und Hunderte ökologischer Betriebe gemeldet", ist sich Gerke sicher.

Gerke sieht weitere Nutznießer des Falls: "Der Verkauf der Bioflächen an den Bio-Bodenfonds soll Akzeptanz schaffen für das Ziel der ostdeutschen Agrarlobby, unter anderem des Bauernverbands, die noch übrigen arrondierten BVVG-Flächen schnell und billig an die alten Kader zu verkaufen." Das Motto laute: Die kriegen Flächen zu diesem Preis, wir wollen auch. Gerke beobachtet seit 2008 eine Medienkampagne der ostdeutschen Agrarlobby, die das "Schreckgespenst" des fremden Investors für ihren Zweck des schnellen und billigen Verkaufs nutzt.

Laut Palme liegt die von ihm an den Fonds gezahlte Pacht von 150 Euro pro ha ein Viertel bis ein Drittel über den umliegenden Pachten. Einen Grund dafür sieht er in den arrondierten Fonds-Flächen. Für seinen Betrieb sei der Preis im Vergleich zur vorhergehenden BVVG-Pacht sogar um 40 Prozent gestiegen. Sein Vorteil trotz der Pachtsteigerung ist die Sicherung der Flächen für weitere 30 Jahre. Laut Erfahrungen des Kreislandwirtschaftsamts liegen die privaten Pachtpreise für Ackerland im Kreis Uckermark bei 36 Bodenpunkten aktuell in der Regel zwischen 108 und 180 Euro. Die BVVG, so schätzt Palme, verlangt für Neuverpachtungen zwischen 500 und 600 Euro. Nach Gerkes Ansicht gebe der Fonds über den Pachtpreis eine Subventionierung seitens der BVVG durch den günstigen Kaufpreis an die Landwirte weiter. Cornelia Roeckl nahm Stellung zu dem Vorwurf der Subventionierung: Der Kauf erfolgte zu einem angemessenen, in einer Ausschreibung ermittelten Preis. Sie kann die Kritik an der Privatisierungspolitik der BVVG nachvollziehen. Doch habe man als Bank keinen Einfluss auf diese. Unter sozialen und ökologischen Gesichtspunkten sei es sinnvoll, die Fläche für den Ökolandbau zu sichern. Mit dem Fonds könne man Fehlentwicklungen der BVVG-Politik und der Pachtpreisentwicklung nicht ausgleichen, so Roeckl. Sie wünscht sich, dass - besonders von Verfechtern der bäuerlichen Landwirtschaft - auch erkannt wird, welche Chance der Fonds als Instrument für den ökologischen Landbau bundesweit bietet.


*


Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 342 - März 2011, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: redaktion@bauernstimme.de
Internet: www.bauernstimme.de

Erscheinungsweise: monatlich (11 x jährlich)
Einzelausgabe: 3,00 Euro
Abonnementpreis: 36,00 Euro jährlich
(verbilligt auf Antrag 26,00 Euro jährlich)


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2011