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VERBAND/1642: Gemeinsame Erklärung zum Erntedank 2010 (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 20. September 2010

Gemeinsame Erklärung zum Erntedank 2010

Erklärung der beiden Kirchen, des dlv und DBV


Der Ausschuss für den Dienst auf dem Lande der EKD (ADL), die Katholische Landvolkbewegung Deutschlands (KLB), der Deutscher LandFrauenverband (dlv) und der Deutsche Bauernverband (DBV) haben zum Erntedank eine gemeinsame Erklärung 2010 herausgegeben. Diese Erklärung befasst sich mit agrarpolitischen Entwicklungen in Hinblick auf die Gemeinsame EU-Agrarpolitik und thematisiert die wichtigen Aufgaben und Leistungen der Bauernfamilien für die Gesellschaft. In ihrer gemeinsamen Erklärung machen die beiden Kirchen, der dlv und der DBV deutlich, dass die EU-Agrarpolitik ein Gewinn für Bauern, Verbraucher und das Land ist und weltweit als Vorbild zum Anreiz für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes dienen kann. Die Erklärung zum Erntedank 2010 kann auch auf der DBV-Internetseite unter www.bauernverband.de heruntergeladen werden.

So wie der Ackermann im Jakobusbrief haben auch in diesem Jahr Bauern und Bäuerinnen viel Geduld aufbringen müssen. Der lange, schneereiche, kalte Winter, die Nässe im Frühjahr, die anfänglich große Hitze des Sommers mit dann wochenlangem Regen, zum Teil mit vernichtendem Starkregen, weisen uns auf die Abhängigkeiten zur Schöpfung, in denen wir trotz allen technischen Fortschritts stehen. Wenngleich die Leistungen der Bauernfamilien und der Fortschritt heute Versorgungsengpässe und Hunger wie in früheren Jahrhunderten nach einer schlechten Ernte verhindern.

Auch wenn die Bauern heute mehr Unternehmer denn je sind, hängt der wirtschaftliche Erfolg auch von den politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen ab. In zwei Jahren müssen das EU-Parlament, die EU-Kommission und der EU-Ministerrat die politischen Weichen für die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik der EU in den Jahren 2014 bis 2020 stellen. Diese Entscheidungen enthalten für Bauern und Verbraucher weitreichende Folgen. Es geht schließlich um das eigenständige europäische Modell einer vielseitigen und nachhaltigen Landwirtschaft und lebenswerte, wirtschaftlich starke ländliche Räume. Die sichere Versorgung der 500 Millionen EU-Bürger mit Lebensmitteln, zunehmend auch mit Energie und Rohstoffen aus Biomasse sowie der Erhalt der natürlichen Ressourcen für die nachfolgenden Generationen und der Schutz von Umwelt, Tier und Verbraucher stehen im Mittelpunkt der politischen Agenda und nicht Raubbau an Natur und Umwelt! Die EU-Agrarpolitik ist ein Gewinn für Bauern, Verbraucher und das Land und kann weltweit als Vorbild zum Anreiz für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes dienen. Dies stellen in der Erklärung zu Erntedank 2010 der Evangelische Dienst auf dem Lande (EDL), die Katholische Landvolkbewegung (KLB), der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche LandFrauenverband (dlv) fest.

Über 40 Millionen Menschen in der EU erwirtschaften ihr Einkommen in der Land-, Agrar- und Ernährungswirtschaft. Für die zunehmende Globalisierung der Märkte und den verschärften Wettbewerb auch innerhalb der EU gilt es deswegen Rahmenbedingungen und Regeln zu schaffen, die die Multifunktionalität der Landwirtschaft anerkennen und - auch weltweit - Wettbewerbsverzerrungen vermeiden. Die Zukunft der EU-Agrarpolitik darf nicht in einer Rückkehr zu nationalen Lösungen liegen. Die Grundlage für die Europäische Gemeinschaft war in den 50iger Jahren u.a. die Gemeinsame Agrarpolitik, auch in dem Bewusstsein, dass nur in einem vereinten Europa der Frieden dauerhaft gesichert bleibt. Seit 1992 ist die EU-Agrarpolitik in mittlerweile drei Reformen an die Anforderungen der Welthandelsorganisation (freier Marktzugang) und an das Europäische Landwirtschaftsmodell hin zu einem anspruchsvollen, nachhaltigen Niveau an Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz verändert worden. Auf diesem Weg muss die EU-Agrarpolitik weiter entwickelt werden. Ab 2014 ist deshalb die EU-Agrarpolitik wieder einheitlicher zu gestalten, d. h. der 2003 beschlossene Umstieg von gekoppelten Direktzahlungen auf eine Flächenprämie ist von allen EU-Ländern endlich zu vollziehen.

Die vorgegebenen Rahmenbedingungen sind entscheidend dafür, ob Markt und Wettbewerb das Richtige oder das Falsche bewirken. Kirchen, Bauernverband und LandFrauenverband lehnen gemeinsam einen radikalen Marktliberalismus ab. Maßnahmen der EU-Agrarpolitik wie die Direktzahlungen an die Landwirte und die regional ausgestalteten Programme zur Förderung der ländlichen Räume sind vom Grundsatz her beizubehalten.

Noch stärker muss sich die Gesellschaft mit der Realität der heutigen Landwirtschaft auseinandersetzen und die hohen Sozial- und Produktionsstandards honorieren. Besonders die Verbraucher tragen dabei eine hohe Verantwortung. Nicht nur Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis für landwirtschaftliche Produkte. Lebensmittel werden besonders in Deutschland im Konkurrenzkampf unter den Lebensmitteldiscountern zu Dumpingpreisen angeboten und damit entwertet. Die Verbraucher müssen sich fragen, welchen Stellenwert hochwertige Lebensmittel haben und welchen Preis sie dafür bereit sind zu bezahlen. Massives Höfesterben und Intensivierung wegen dauerhaft niedriger Preise führen zu stark veränderten Landschaftsbildern und Verlusten an Kultur und Lebensqualität in den ländlichen Räumen. Solidarität mit den Bauern ist somit für die Gesellschaft von Vorteil. Der intensive Dialog zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und Verbrauchern ist dabei ein wichtiger Weg hin zu gegenseitigem Verständnis.

An folgenden Leitzielen sollte sich die agrarpolitische Diskussion orientieren:

1. Sicherstellung des Vorrangs der Lebensmittelerzeugung,
2. Verantwortliche Nutzung eines nachhaltigen Anbaus von Bioenergie und nachwachsenden Rohstoffen,
3. Erhaltung der Lebensgrundlagen für künftige Generationen,
4. Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung und Ernährungssouveränität der Nationen,
5. Flächendeckende Erhaltung der Kulturlandschaft,
6. Kritische, aber offene und tolerante Auseinandersetzung mit dem technischen Fortschritt,
7. Sicherung der Wertschöpfung der Lebensmittel gegen Dumping.

Solidarität braucht es auch unter den Landwirten, damit sie nicht zum Spielball von Lebensmittelketten und Discountern werden. So tragen die Landwirte für die künftige Entwicklung eine hohe Mitverantwortung.

Nur gemeinsam wird der landwirtschaftliche Berufsstand in Politik und Gesellschaft das notwendige Gehör finden. EDL, KLB, DBV und dlv rufen alle Akteure in den ländlichen Räumen auf, in Verantwortung für alle Bauern und Bäuerinnen und der Menschen auf dem Lande unterschiedliche Lösungsansätze zu gemeinsamen Positionen für die Verhandlungen in Brüssel weiterzuentwickeln. Die deutsche Landwirtschaft muss in Europa mit einer Stimme sprechen und gemeinsam Einfluss nehmen auf die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2013. Heute werden die Voraussetzungen für die Entwicklung der Landwirtschaft und des Landes für das kommende Jahrzehnt gesetzt.

Diesen "Acker" gilt es jetzt zu bestellen, um auch künftig hoffnungsvoll auf die "Ernte" warten zu können.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. September 2010
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 239
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010