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VERBAND/1734: "Gemeinsame Agrarpolitik bis 2020" (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 30. Juni 2011

Forum 1: EU-Agrarpolitik nach 2013: deutsches Regionalmodell ist Vorbild

DBV-Forum "Gemeinsame Agrarpolitik bis 2020" beim Deutschen Bauerntag


Die Lücke zwischen den Wünschen und Anforderungen von Gesellschaft und Politik an die Landwirtschaft einerseits und den harten wirtschaftlichen Realitäten auf den Agrarmärkten andererseits wächst. Das betonte der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und Präsident des Landesbauernverbandes Brandenburg, Udo Folgart, beim heutigen DBV-Forum "Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bis 2020" anlässlich des Deutschen Bauerntages in Koblenz vor 350 Delegierten. Darauf müssten ehrliche politische Antworten bei den Diskussionen zur Fortentwicklung der GAP gefunden werden, forderte Folgart, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Landwirte in den zunehmend globalen Märkten berücksichtigen.

Laut Prof. Dr. Klaus-Dieter Borchardt, EU-Kommission, sind die jüngsten Kommissionsvorschläge zur mittelfristigen EU-Finanzplanung eine solide Basis für die Fortführung einer verlässlichen GAP. Die Landwirte müssten sich insbesondere im Bereich der landwirtschaftlichen Direktzahlungen auf Anpassungen einstellen, wenngleich er nicht von großen Umwälzungen ausgehe. Es gehe um eine bessere Balance der Direktzahlungen zwischen den Landwirten und verschiedenen Produktionsrichtungen in allen EU-Ländern nach dem Vorbild des deutschen Regionalmodells.

CSU-Europaabgeordneter Albert Deß zeigte auf, dass das Europäische Parlament mit einer soliden Mehrheit für eine verlässliche Fortentwicklung der GAP mit ihrer bewährten Zwei-Säulen-Struktur und einen angemessenen EU-Agrarhaushalt auf mindestens bisherigem Niveau votiere. Als äußerst kritisch bezeichnete der Europaabgeordnete die vom EU-Parlament geforderte größenabhängige Degression. Grünen-Abgeordneter Martin Häusling forderte indes einen grundsätzlichen Systemwechsel. Ziel müsse eine ökologisch nachhaltigere und sozial ausgewogenere Agrarpolitik sein. Ebenso verteidigte Häusling die Forderung des Europäischen Parlaments zur größenabhängigen Degression der Direktzahlungen. Er kritisierte die Entwicklung zur reinen Marktorientierung in der Agrarpolitik, die zu anhaltendem strukturellen Wandel führe. Zudem hinterfragte er die Exportorientierung der europäischen Landwirtschaft und betonte, dass die Steigerungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion in Europa ausgereizt sei.

Im Gegensatz dazu trat die FDP-Abgeordnete Britta Reimers für die Fraktion der Liberalen im Europäischen Parlament für eine glasklare Marktorientierung der Agrarpolitik ein. Sie forderte eine innovative, moderne und selbstbewusste Landwirtschaft, die sich den Herausforderungen auf den Märkten stellt und nicht langfristig am Tropf des Staates hängt. Reimers kritisierte und bestätigte gleichzeitig, dass die liberale Fraktion im Europäischen Parlament mehrheitlich für eine Kürzung des EU-Agrarbudgets im Rahmen der anstehenden Debatte über die mittelfristige EU-Haushaltplanung von 2014 bis 2020 eintrete.

Der Präsident des französischen Bauernverbandes (FNSEA), Xavier Beulin, gab zu bedenken, dass die französische Landwirtschaft in einem deutlichen Wettbewerbsnachteil zu Deutschland stehe. Gründe seien unzureichende Investitionen in die französische Landwirtschaft, aber auch unterschiedliche Kostenstrukturen. Neben einer vollständig entkoppelten regionalen Flächenprämie brauche eine zukunftsfähige Agrarpolitik auch ein öffentliches Krisenmanagement und Versicherungslösungen als Flankenschutz für die Direktzahlungen. Lars Hvidfelt vom dänischen Bauernverband (DAFC) betonte, dass in Dänemark Diskussionen über eine einheitlichere Gestaltung der Flächenprämien, die aktuell noch stark differenziert seien, begonnen haben. Nach einer schwierigen wirtschaftlichen Phase, sei die dänische Landwirtschaft wieder deutlich optimistischer. Sie sei aber mit einer sehr landwirtschaftskritischen Regierung konfrontiert.

Der Staatssekretär des ungarischen Landwirtschaftsministeriums, Zsolt Horvath, unterstrich die Bedeutung einer starken und fairen Agrarpolitik insbesondere für die neuen mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedsländer. In Ungarn bestünden noch erhebliche strukturelle Probleme im Bereich der Landwirtschaft und Vermarktung. Insbesondere die starke Konzentration im Handel sei nachteilig für die ungarische Land- und Ernährungswirtschaft.

Einigkeit bestand bei den Teilnehmern des Forums darin, dass ein mögliches Greening der GAP keinesfalls die Agrarpolitik weiter verkomplizieren dürfe. Ebenso hoben die Diskussionsteilnehmer hervor, dass die im weltweiten Vergleich großen Leistungen der europäischen Landwirte für den Verbraucher-, Tier-, Umwelt- und Naturschutz das Bild der Landwirtschaft in der Gesellschaft verbessern müsste. Mit Nachdruck forderte DBV-Vizepräsident Folgart in seinem Schlusswort Verlässlichkeit und Augenmaß bei der Anpassung der Agrarpolitik.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. Juni 2011
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2011