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VERBRAUCHERSCHUTZ/1078: Keine erhöhte Strahlenbelastung bei Lebensmitteln in Deutschland (BMELV)


Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Pressemitteilung Nr. 062 vom 15. März 2011

Keine erhöhte Strahlenbelastung bei Lebensmitteln in Deutschland


Derzeit gibt es keine Erkenntnisse, dass sich radioaktiv belastete Lebensmittel oder Futtermittel aus Japan in Deutschland oder auf dem Weg in die Europäische Union befinden. Ebenfalls schließen Wissenschaftler des Instituts für Fischereiökologie in Hamburg eine Gefährdung der deutschen Verbraucher durch radioaktiv kontaminierten Fisch aus Japan zum jetzigen Zeitpunkt aus. Das Bundesverbraucherministerium beobachtet die Lage in Japan sehr aufmerksam. Ein Frühwarnsystem ist eingerichtet.


Sollte sich die Lage in Japan deutlich verschärfen, würde EU-weit ein festgelegter Krisenmechanismus greifen: Als Konsequenz aus der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl 1986 haben sich die EU-Mitgliedstaaten für den Fall einer erneuten radiologischen Notfallsituation auf eine gemeinsame Vorgehensweise verständigt und vorsorglich eine Verordnung für Lebensmittel und Futtermittel beschlossen. Dies soll sicherstellen, dass nach einem radiologischen Notfall nur Erzeugnisse in die Gemeinschaft verbracht werden, die unterhalb der festgelegten Grenzwerte liegen.

In einem speziellen Mess- und Informationsverbund, der vom Bundesamt für Strahlenschutz betrieben wird, wird in Deutschland ständig die Umweltradioaktivität überwacht. Zusätzlich fließen auch Messwerte über Lebensmittel und Futtermittel ein. Auffälligkeiten können mit Hilfe dieses Mechanismus, der wie ein Frühwarnsystem funktioniert, schnell festgestellt werden. Bei einem eventuellen Notfall können mit Hilfe dieses Intensivmessprogramms an über 1800 Standorten im 10-Minuten-Rhythmus Messergebnisse abgerufen werden.

Deutschland bezieht aus Japan nur einen relativ kleinen Teil seiner importierten Lebensmittel, insbesondere Sojasaucen. Speisefisch, der in Deutschland gekauft wird, kommt überwiegend aus dem Nordatlantik. Im Jahr 2010 führte Deutschland über 900.000 Tonnen Fisch und Fischerzeugnisse ein, aus Japan stammten davon nur etwa 60 Tonnen.


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INFORMATION ZUR MÖGLICHEN KONTAMINATION VON FISCHEN UND MEERWASSERPFLANZEN ALS FOLGE DES REAKTORUNGLÜCKS IN JAPAN

Aufgrund der jüngsten Ereignisse in Japan muss - gegenüber gestern - von einer deutlich umfangreicheren Freisetzung radioaktiver Stoffe ausgegangen werden.


Bei einer Explosion am Morgen des 15. März (Ortszeit Japan) im Reaktorblock 2 des Kernkraftwerks Fukushima wurde nach japanischen Angaben der Reaktor selbst beschädigt. Laut Meldung der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) kam es zu einem strukturellen Versagen des Kondensators im primären Kühlkreislauf. Daraufhin erhöhte sich die Ortsdosisleistung in der Umgebung des Kernkraftwerks kurzzeitig auf bis zu 12 Millisievert (mSv) pro Stunde. Im Vergleich dazu beträgt die jährliche mittlere Strahlendosis in der Bundesrepublik Deutschland 2,1 mSv.

Eine genaue Zusammensetzung der freigesetzten Radionuklidwolke ist nicht bekannt. Es ist aber zu vermuten, dass auch relativ leichtflüchtige Cäsium-Isotope (Cs-134, Halbwertszeit 2 Jahre und Cs-137, Halbwertszeit 30 Jahre) freigesetzt wurden.

Es ist zu erwarten, dass sich das Cäsium auch großflächig über dem Pazifischen Ozean verteilen wird und dort mit dem Regen ins Meerwasser ausgewaschen werden kann. Die Kontaminationen im Meerwasser werden sich aufgrund der Strömungsmuster schnell im Pazifik verteilen und dabei auch deutlich verdünnen.

Für den Nahbereich des Kraftwerks muss aber mit einer deutlichen Erhöhung der Cäsium-Aktivität im Meerwasser gerechnet werden. Dort wird die Aktivität langsam in die Nahrungskette eingetragen werden, denn Cäsium ist chemisch mit Kalium verwandt, einem Element, das von den Organismen aufgenommen und verstoffwechselt wird. Es wird zunächst im Plankton auftreten, aber auch in Organismen mit großem Wasserumsatz, wie Muscheln und Algen. Einige Wochen später könnten dann auch erhöhte Aktivitäten von Cäsium in Meerwasserfischen messbar sein. Ob dabei Grenzwertüberschreitungen auftreten, lässt sich aufgrund der aktuellen Datenlage aber nicht abschätzen. Der Grenzwert für Lebensmittel in der EU beträgt 600 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse.

Die Wissenschaftler des Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI) beobachten die Lage weiterhin sehr aufmerksam. Eine Gefährdung der deutschen Bevölkerung durch kontaminierte Fische und Meeresprodukte aus Japan kann zum jetzigen Zeitpunkt aber ausgeschlossen werden.

Im Rahmen des Integrierten Mess- und Informationssystems (IMIS), welches nach dem Reaktorunglück in Tschernobyl eingerichtet wurde, messen die zuständigen Stellen der Bundesländer stichprobenartig unter anderem auch Importproben von Fisch aus Japan und anderen asiatischen Ländern. Hierbei sind in der Vergangenheit keine erhöhten Werte aufgetreten.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 62 vom 15.03.2011
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2011