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AUSSEN/532: Schaffung einer umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und China (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Pressemitteilung von Freitag, 28. März 2014

Gemeinsame Erklärung aus Anlass des Staatsbesuchs des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Deutschland, 28. bis 30. März 2014:

Schaffung einer umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen Deutschland und China



Auf Einladung des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Joachim Gauck, und der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, Dr. Angela Merkel, stattet der Staatspräsident der Volksrepublik China, Xi Jinping, vom 28. bis 30. März 2014 Deutschland einen Staatsbesuch ab. Beide Seiten betonten die erfolgreiche Entwicklung der bilateralen Beziehungen, die in der Dichte der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit ein hohes Niveau erreicht haben. Beide Seiten beschließen, eine umfassende strategische Partnerschaft einzurichten. Zur Vertiefung der strategischen Partnerschaft werden regelmäßige Konsultationen zu regionalen und globalen politischen und sicherheitspolitischen Fragen angestrebt. Beide Staaten stimmten darin überein, dass eine weitere Intensivierung der deutsch- chinesischen Zusammenarbeit im grundlegenden Interesse beider Länder sowie im Interesse Europas und Asiens liegt und dem Frieden, der Stabilität, der Förderung des Wohlstands und der nachhaltigen Entwicklung in der Welt dient.

1. Deutschland und China betrachten sich als langfristige strategische Partner und haben gegenseitiges politisches Vertrauen aufgebaut. Dieses Vertrauensverhältnis ermöglicht einen regelmäßigen und offenen Gedankenaustausch auf hoher politischer Ebene. Beide Staaten sehen in der Entwicklung der jeweils anderen Seite große Chancen für die Zusammenarbeit zum beiderseitigen Nutzen. Zur Vertiefung des gegenseitigen Vertrauens wird das breite Fundament der Zusammenarbeit mit über 60 ständigen Dialog- und Kooperationsformaten auf Regierungsebene kontinuierlich vertieft. Eine zentrale Koordinierungsrolle spielen dabei die 2010 vereinbarten regelmäßigen Regierungskonsultationen. Die nächsten Regierungskonsultationen, die in der zweiten Jahreshälfte 2014 in Deutschland stattfinden werden, sollen den Aktionsrahmen für die nächsten Jahre beschließen.

2. Deutschland und China teilen die Ansicht, dass die internationale politische Lage und die Weltwirtschaft komplexe Herausforderungen darstellen. Deutschland und China haben als wichtige Volkswirtschaften und einflussreiche Länder in der Welt gemeinsam eine wichtige Verantwortung für Frieden und Wohlstand. Beide Seiten sind bereit, bilateral, multilateral und im Rahmen der Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union ihre strategische Zusammenarbeit in den Bereichen Außenpolitik und Sicherheit zu vertiefen und ihr Engagement zur Lösung regionaler und globaler Konflikte zu verstärken. Beide Staaten werden sich zu regionalen und internationalen Fragen wie der Lage in der Ukraine, in Afghanistan und Syrien intensiv austauschen. Beide Seiten begrüßen die konstruktive Zusammenarbeit im Rahmen der E3+3 zum iranischen Nukleardossier. Sie beschließen daher die Erweiterung ihres strategischen Dialogs zu einem strategischen außen- und sicherheitspolitischen Dialog. Beide Staaten werden sich über internationale und regionale Krisen sowie globale Herausforderungen wie Klima, Umwelt, Energie- und Ressourcensicherheit, internationale Entwicklungszusammenarbeit und Ernährungssich erung regelmäßig austauschen und in internationalen Organisationen und Gremien, insbesondere den Vereinten Nationen und im Rahmen der G20, enger zusammen arbeiten.

3. Anlässlich des 100. Jahrestages des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges und des 75. Gedenkjahres des Beginns des Zweiten Weltkrieges betonen beide Seiten die wichtige Bedeutung von Frieden, Verständigung und Entwicklung zwischen den Völkern. Sie setzen sich ein für eine friedliche Lösung von regionalen und internationalen Streitigkeiten und Konflikten auf der Basis des internationalen Rechts, das auf der Charta der Vereinten Nationen basiert. Sie begrüßen den Ausbau und die Vertiefung der regionalen Integration in Europa und der regionalen Zusammenarbeit in Asien sowie eine internationale Ordnung, die auf noch gerechteren und vernünftigeren Regeln basieren soll. Deutschland begrüßt eine friedliche Entwicklung Chinas, mit der ein noch bedeutenderer Beitrag für die internationale und regionale Sicherheit einhergeht. Beide Seiten bekräftigen die gegenseitige Achtung der Souveränität und territorialen Integrität. Deutschland unterstützt eine friedliche Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Seiten der Taiwan- Straße und bekräftigt sein Festhalten an der Ein-China-Politik.

4. Beide Seiten sind bereit, das gegenseitige Verständnis für den jeweiligen Entwicklungsweg sowie das politische Vertrauen zu vertiefen. Beide Seiten betonen die Bedeutung von Förderung und Schutz der Menschenrechte sowie von Rechtsstaatlichkeit und sind bereit, den Menschenrechtsdialog und den Rechtsstaatsdialog auf der Grundlage der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts insbesondere in gemeinsam vereinbarten Schwerpunktbereichen zu intensivieren.

5. Die deutsch-chinesische umfassende strategische Partnerschaft ist ein wichtiger Bestandteil der umfangreichen strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und China; beide befruchten sich gegenseitig. Deutschland begrüßt, dass China seine Zusammenarbeit mit der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten verstärkt und ist bereit, auf bilateraler und europäischer Ebene noch enger mit China zusammen zu arbeiten. China würdigt den Beitrag Deutschlands zur europäischen Integration und zur Wiederherstellung der finanzpolitischen Stabilität und wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum. Beide Seiten messen der weiteren Vertiefung der umfangreichen strategischen Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und China und der Intensivierung des politischen Dialogs einen hohen Stellenwert bei und setzen sich für die tatkräftige Umsetzung der Strategie EU-China 2020 ein. Beide Seiten setzen sich für zügige Verhandlungen des Investitionsabkommens zwischen der Europäischen Union und China ein. Ein erfolgreicher Abschluss eines ambitionierten Investitionsabkommens mit Investitionsschutz und Marktzugang kann entsprechend der Strategie EU-China 2020 langfristig den Weg für Verhandlungen für ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen auf der Basis einer Machbarkeitsstudie öffnen.

6. Beide Seiten stimmen darin überein, dass Reformen wichtig sind für die Weiterentwicklung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschland nimmt den Beschluss zur umfassenden Vertiefung der Reformen zur Kenntnis, der beim Dritten Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im November 2013 verabschiedet wurde. Deutschland unterstützt China bei der Reform seines Wirtschaftssystems, die dem Markt eine entscheidende Rolle beimisst sowie eine nachhaltige und gesunde Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft anstrebt, und sieht darin neue Chance für die Zusammenarbeit. Beide Seiten haben daher beschlossen eine Innovationspartnerschaft zum beiderseitigen Nutzen zu schaffen, die bei den nächsten Regierungskonsultationen konkretisiert werden soll. Diese soll insbesondere die Kooperation in den Bereichen der vier Modernisierungen - Urbanisierung, Industrialisierung, Informationstechnologie und Landwirtschaft - sowie in den Bereichen Verkehr, Elektromobilität, moderne Fertigungstechnik, Energie, Lebensmittelsicherheit, sauberes Wasser und Ressourceneffizienz weiter entwickeln. Beide Seiten begrüßen die Entscheidung, dass China Partnerland der Cebit 2015 wird, als Ausdruck des Willens zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich der Informationstechnologie.

7. Im Bereich Klimapolitik und Umweltschutz würdigen beide Seiten die bestehende intensive bilaterale Umwelt- und Klimapartnerschaft und begrüßen die verstärkte Kooperation zur Luftreinhaltung, Low-Carbon-Development, Aufbau der Umweltinfrastruktur und nachhaltigem Konsum. Darüber hinaus soll insbesondere auch die Zusammenarbeit bei der Erhöhung der Energieeffizienz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien gemeinsam weiter vorangetrieben werden.

8. Deutschland und China setzen sich für eine offene Weltwirtschaft, weltweite Handelsliberalisierung und gegenseitige Offenheit für Investitionen ein. Beide Seiten lehnen Handels- und Investitionsprotektionismus ab. Als starke Exportnationen setzen Deutschland und China auf faire Wettbewerbsbedingungen auf den internationalen Märkten. Beide Seiten unterstützen die Welthandelsorganisation (WTO), die ein stabiles Regelwerk für weltweiten Freihandel bietet. Beide Seiten werden sich weiterhin für einen Abschluss der Doha-Runde einsetzen und ihren Dialog zu Fragen der Exportfinanzierung im Rahmen der internationalen Arbeitsgruppe fortsetzen. Beide Seiten stimmen überein, ihre umfassenden Wirtschaftsbeziehungen im Geist der Gleichberechtigung und der Gegenseitigkeit weiter auszubauen. Sie werden deutschen und chinesischen Unternehmen, die im jeweils anderen Land ansässig sind, eine fairere Behandlung gewähren, insbesondere was den Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen angeht. Beide Seiten erkennen die Bedeutung gleichberechtigten Marktzugangs und des Schutzes geistigen Eigentums für gesundes und nachhaltiges Wirtschaftswachstum sowie Unternehmensprosperität an. Beide Seiten streben an, Handelskonflikte wie Antidumping- und Anti-Subventionsstreitigkeiten im Dialog zu lösen. Sie setzen sich für eine strikte Einhaltung der Regeln der Welthandelsorganisation und ein offenes, gerechtes, transparentes und multilaterales Handelssystem ein. Sie werden ihre Zusammenarbeit auf dem Feld der Produktsicherheit, Zertifizierung und Normung vertiefen, um die erfolgreiche Weiterentwicklung des bilateralen Handels sicherzustellen.

9. Deutschland und China leisten durch eine verantwortungsvolle Wirtschafts- und Finanzpolitik einen Beitrag zur Stabilität der globalen Wirtschafts- und Finanzbeziehungen. Beide Länder wollen sich im Fiskal- und Finanzbereich stärker abstimmen und einen Beitrag zur Reform des internationalen Finanz- und Währungssystems leisten. Beide Seiten vereinbaren, einen regelmäßigen hochrangigen Finanzdialog zu führen. Beide Seiten heben die Bedeutung der Unterzeichnung eines neuen, modernen bilateralen Doppelbesteuerungsabkommens hervor. Deutschland begrüßt die wachsende Bedeutung des Renminbi im internationalen Finanz- und Währungssystem. In diesem Sinne begrüßen beide Seiten die Übereinkunft zwischen der chinesischen Zentralbank und der Deutschen Bundesbank zum Renminbi-Clearing und Settlement am Finanzplatz Frankfurt a.M. Anschließend soll eine Clearing Bank benannt werden.

10. Für das tiefere gegenseitige Verständnis ist ein reger gesellschaftlicher und kultureller Austausch, vor allem der Jugend und der Wissenschaft von besonderer Bedeutung. Beide Seiten messen der Bildungszusammenarbeit, der Hochschulkooperation und dem Austausch von Schülern, Studierenden und Vertretern der Wissenschaft und Forschung große Bedeutung zu. Das Erlernen der jeweiligen Sprache soll weiter ausgebaut werden und steht im Mittelpunkt des laufenden Deutsch-Chinesischen Sprachenjahres (2013/14). Verbesserungen der Sprachlehrerausbildung sollen diese Ziele nachhaltig befördern. Zur Förderung des gegenseitigen Austauschs und Entwicklung des Tourismus wollen Deutschland und China optimale Rahmenbedingungen für den Personenverkehr schaffen durch stetige Verbesserungen im Visabereich. Deutschland begrüßt die Einrichtung eines neuen chinesischen Generalkonsulats in Düsseldorf.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 102 vom 28. März 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. März 2014