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DEMOGRAPHIE/313: Rostocker Forscher - Zweite Geburten sind wahrscheinlicher als erste (idw)


Universität Rostock - 17.06.2015

Rostocker Forscher: Zweite Geburten sind wahrscheinlicher als erste

Ministerin: Politik will niemanden Entscheidungen für oder gegen Kinder abnehmen


Eine neue Studie am Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Rostock untermauert noch einmal das Problem der Geburtenentwicklung: Mittlerweile kommen in Mecklenburg-Vorpommern nur wenige Kinder zur Welt. "3,3 Prozent der Frauen Mecklenburg-Vorpommerns im gebärfähigen Alter, die noch kein Kind haben, werden im nächsten Jahr ihr erstes Baby bekommen", sagt Dr. Benjamin Strohner voraus. Der 27-jährige Volkswirt, ein Mecklenburger Junge, der in Rostock studierte und promovierte, hat ein mathematisches Modell gebaut und mit Daten des statistischen Amtes MV justiert. Nach der ersten Geburt steigt offenbar der Kinderwunsch, denn nach seinen Berechnungen werden im nächsten Jahr 4,6 Prozent der Frauen aus MV, die bereits ein Kind haben, ein zweites Kind gebären. Da stehe die Frage im Raum, warum ein erstes Kind eine höhere Hürde darstelle als das zweite. Insgesamt leben in MV rund 300.000 Frauen im gebärfähigen Alter.

Die akademische Diskussion, wie es zu den aktuellen Vorhersagen der Geburten für das nächste Jahr kommt, hält Professor Rafael Weißbach, der den Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie leitet, "für sehr spannend". Auch wenn das Modell schon auf den im Jahr 1858 geborenen Russen A.A. Markov zurückgehe, habe der junge Wissenschaftler Strohner es gekoppelt mit der Methode, die ein Professor von der Uni Havard in den 70-er Jahren entdeckte. "Die Ergebnisse, die über einen speziellen Algorithmus ermittelt wurden, sind präzise", sagt Prof. Weißbach. Das mathematische Modell mit unbekannten Parametern sei mit Methoden eines unlängst erschienenen englischen Aufsatzes abgeglichen worden.

Volkswirt Strohner sagt: "Dort, wo im Land die Wirtschaft floriert, wie beispielsweise in den Landkreisen Ludwigslust oder Nordwestmecklenburg, dort ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass die Frauen sich Kinder wünschen". Die großen Städte wie Rostock würden junge Frauen beispielsweise zum Studium anziehen. "Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie hier ein Kind zur Welt bringen, ist nicht so hoch", sagt Benjamin Strohner. Der Grund: Viele würden zum Eintritt ins Berufsfeld den Studienort wieder verlassen. Als Maßnahmen zur Förderung von Geburten scheinen "ausgeweitetes Kindergeld, Ehekredite und eine wirtschaftswachstumsförderliche Politik" angebracht, so Strohner.

Dazu merkt Sozialministerin Birgit Hesse an: "Hier in MV macht sich der demografische Wandel schneller und stärker bemerkbar als anderswo. Jünger werden wir nur, wenn mehr Kinder geboren werden. Wir wollen, dass Frauen - und Männer - sich dafür entscheiden, eine Familie zu gründen". Deshalb tue die Landesregierung viel für Familien, indem sie beispielsweise niedrigschwellige Beratungs- und Unterstützungsangebote für junge Eltern fördere, die Kindertagesförderung stetig verbessere und die Eltern beim Kitabeitrag entlaste. "Politik kann und will aber niemandem die Entscheidung für oder gegen Kinder abnehmen", betont Ministerin Hesse.

Die Leiterin der Forschungsgruppe "Lebenslauf, Sozialpolitik und Familie" am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock, Professorin Dr. Michaela Kreyenfeld, sieht die Entscheidung junger Familien für mehr Kinder für die Zukunft eher optimistisch. "In Ostdeutschland haben seit der Wende vergleichsweise wenige Paare ein zweites oder drittes Kind bekommen. So langsam können wir hier eine Trendwende beobachten, und es entscheiden sich wieder mehr Paare für eine größere Familie." Ministerin Manuela Schwesig hat die Hertie School-Professorin in den Wissenschaftlichen Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend berufen. Kreyenfeld wird den Beirat mit ihrer Expertise in Fragen der Demographie und Familienpolitik unterstützen.

(Text: Wolfgang Thiel)

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Rostock, Ingrid Rieck, 17.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2015

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