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KULTUR/347: Bernd Neumann - Lepsius-Haus ist Beitrag für Versöhnung und Verständigung (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
"REGIERUNGonline" - Wissen aus erster Hand - 02.05.11

Kulturstaatsminister Bernd Neumann:
Lepsius-Haus ist Beitrag für Versöhnung und Verständigung

Bei der feierlichen Eröffnung der restaurierten Forschungs- und Begegnungsstätte Lepsius-Haus in Potsdam erklärte Kulturstaatsminister Bernd Neumann:


"Auch aus historischer Verantwortung heraus hat die Bundesregierung gemeinsam mit dem Land Brandenburg, der Landeshauptstadt Potsdam und dem Verein Lepsius-Haus die Forschungs- und Begegnungsstätte eingerichtet. Johannes Lepsius setzte sich über alle Widerstände hinweg für andere ein. Sein hier in diesem Haus 1916 unter der Drohung der Zensur verfasster und versandter Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei brachte die Gräuel ans Licht der Weltöffentlichkeit, die das Osmanische Reich gleichsam im Schatten der Wirren des Ersten Weltkrieges an den Armeniern verübte. Das Lepsius-Haus will an sein vorbildliches Leben erinnern. Zudem soll hier das kulturelle Erbe der Armenier erforscht und auch der Dialog zwischen Türken und Armeniern ermöglicht werden.
Wenn wir heute zusammengekommen sind, um uns dem Leben und Wirken von Johannes Lepsius zuzuwenden, dann hat dies auch mit der deutschen Geschichte zu tun. Wir müssen uns der Schuld stellen, die Deutschland als damals tatenlos Zuschauenden trifft.

Den Deportationen und Massenmorden durch das Osmanische Reich fielen nach unabhängigen Berechnungen über eine Million Armenier zum Opfer. Die deutsche Reichsregierung war darüber von Anfang an informiert. Als Kriegsverbündete des Osmanischen Reiches schwieg sie dazu und verbot Veröffentlichungen hierüber.
Dieses Verhalten muss uns noch heute mit Scham erfüllen. Der Bundestag hat 2005 die unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches bedauert und der Opfer des armenischen Volkes ein Gedenken gewidmet.

Ich bin der Überzeugung: So lange Verbrechen wie die an den Armeniern als solche nicht beim Namen genannt werden dürfen, solange sie verschwiegen oder bagatellisiert werden, so lange blendet eine Nation einen Teil ihrer eigenen Geschichte aus und wird der Opfer, ihrer Würde und ihrer Identität nicht gerecht", erklärte Staatsminister Bernd Neumann. "Deutschland und die Türkei pflegen seit vielen Jahrzehnten gute Beziehungen. Doch gerade in einer guten und freundschaftlichen Beziehung zwischen zwei Staaten gehört es dazu, dass man sich Wahrheiten sagen kann und muss. Eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte ist notwendig und stellt die wichtigste Grundlage für Versöhnung dar. Wir, die Deutschen, wollen mit diesem Haus einen Beitrag dazu leisten, dass Türken und Armenier über die Gräben der Vergangenheit hinweg nach Wegen der Versöhnung und Verständigung suchen.

In der Türkei gab und gibt es unterschiedliche Bewertungen zur Verfolgung und Vernichtung des armenischen Volkes. Darum verstehe ich es als ein Zeichen guten Willens, wenn der Verein Lepsius-Haus auch die türkischen Sichtweisen in der Diskussion der tragischen Ereignisse von 1915/1916 in der Ausstellung dokumentiert. Mit dem heutigen Tag sind wir dem politischen Wunsch des Bundestages näher gekommen, Deutschland, Armenien und die Türkei ein wenig mehr zusammen zu bringen", hob Kulturstaatsminister Bernd Neumann hervor.

Die Ausstellung in dem ehemaligen Potsdamer Wohnhaus des evangelischen Pfarrers Johannes Lepsius (1858-1926) widmet sich dem Leben und Werk des Theologen im geschichtlichen Kontext. Die Einrichtung beinhaltet auch das Lepsius-Archiv mit einer rund 5.500 Bände umfassenden Forschungsbibliothek. Aus dem Etat von Kulturstaatsminister Bernd Neumann wurden für den Innenausbau und die Programmgestaltung des Lepsius-Hauses e.V. insgesamt 530.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Das sanierte ehemalige Wohnhaus von Johannes Lepsius wurde in Anwesenheit von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, der Generalsuperintendentin Heilgard Asmus, des Botschafters der Republik Armenien, Armen Martirosyan, der Ministerin für Wissenschaft, Kultur und Forschung des Landes Brandenburg, Professorin Sabine Kunst, sowie des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Potsdam, Jann Jakobs, offiziell eröffnet.

Weitere Informationen unter:
www.lepsiushaus-potsdam.de


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Quelle:
Pressemitteilung vom 2. Mai 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2011