Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

REDE/737: Minister Jung zum 50. Jahresbericht 2008 durch den Wehrbeauftragten, 23.04.2009 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
"REGIERUNGonline" - Wissen aus erster Hand

Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung,
zum 50. Jahresbericht 2008 durch den Wehrbeauftragten vor dem
Deutschen Bundestag am 23. April 2009 in Berlin


Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich will zunächst an die Worte des Wehrbeauftragten anknüpfen, der unterstrichen hat, dass wir heute einen Jubiläumsbericht, wenn ich das so ausdrücken darf, zu diskutieren haben, nämlich den 50. Bericht des Wehrbeauftragten. Ich möchte mich bei ihm und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Zusammenarbeit bedanken, aber auch bei allen Wehrbeauftragten in dieser Zeit, die sich mit ihrem Engagement im Interesse unserer Soldatinnen und Soldaten eingesetzt und durch ihre konkreten Vorschläge zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Bundeswehr beigetragen haben.

Der Wehrbeauftragte hat die grundsätzliche Entwicklung über die Jahre hinweg angesprochen. Ich glaube, es wird heute oft unterschätzt, was die Umstrukturierung für die Bundeswehr unmittelbar bedeutet: Sie wurde von einer reinen Verteidigungsarmee über die Armee der Einheit, als zwei Armeen, die unterschiedlich ausgebildet und gegeneinander aufgestellt waren, in eine einheitliche Bundeswehr integriert wurden, zur heutigen Armee im Einsatz für den Frieden. Ich finde, dass die Art und Weise, wie unsere Soldatinnen und Soldaten - einige sind anwesend und verfolgen diese Debatte - ihren Beitrag für unsere Sicherheit sowie für Frieden und Freiheit in unserem Land leisten, unsere ganze Unterstützung und Dankbarkeit verdient haben.

Der Wehrbeauftragte hat in seinem Bericht angesprochen, dass die Unterstützung der gesellschaftlichen Gruppen beispielsweise für die Soldaten im Auslandseinsatz intensiver sein könnte. Das kann ich nur unterstreichen. Die Bundeswehr hat ein hohes Ansehen im Inland. 89 Prozent der Menschen vertrauen der Bundeswehr. Aber sie könnte eine breitere Unterstützung im Auslandseinsatz haben.

Bisher waren rund 260.000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr an Auslandseinsätzen beteiligt. Aktuell sind über 7.200 Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan, auf dem Balkan, vor der Küste des Libanon, am Horn von Afrika, zur Pirateriebekämpfung vor der Küste Somalias sowie in den Missionen in Darfur im Sudan und in Georgien im Einsatz. Ich finde, die Art und Weise, wie sich unsere Soldatinnen und Soldaten dort engagieren und die Gefahren dort bekämpfen und beseitigen, wo sie entstehen, hat eine breite Unterstützung unserer Gesellschaft verdient. Es ist notwendig, dass wir in dieser Debatte eine breitere Unterstützung für unsere Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz anmahnen; denn sie riskieren Leib und Leben im Interesse der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.

Es ist wichtig, dass wir die Bundeswehr unter dem Aspekt "modern und leistungsstark" weiterentwickeln und auf die besondere Einsatzsituation Wert legen. Im Klartext heißt das, dass wir beispielsweise technische Möglichkeiten nutzen, um die Schutzfaktoren zu verstärken. Vom Grundsatz her sollen nur noch geschützte Fahrzeuge in Afghanistan fahren. Dort gibt es rund 700 solcher Fahrzeuge, darunter rund 200 Dingos der Kategorie zwei. Wir bekommen nun den Eagle, der eine weitere Verbesserung der Schutzkomponente darstellt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die Transportpanzer Fuchs verbessert werden. Das alles sind Punkte, die belegen, dass wir technische Weiterentwicklungen nutzen, um den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten zu verstärken. Ich kann nur unterstreichen: Dafür brauchen wir die notwendigen finanziellen Grundlagen. Ich bin dankbar, dass wir in dieser Legislaturperiode rund vier Milliarden Euro mehr bekommen haben. Diese Mittel brauchen wir, um den Auftrag zu erfüllen und den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten in gefährlichen Auslandseinsätzen zu verbessern.

Der Wehrbeauftragte hat auch die sozialen Rahmenbedingungen angesprochen. Ich glaube, wir setzen richtige Akzente, indem wir das Kasernensanierungsprogramm West aufgelegt haben, um die Situation zu verbessern, und indem wir nun den Tarifvertrag und die Angleichung der Besoldung im Osten an die im Westen umgesetzt haben.

Ich will noch einen anderen Punkt aufgreifen. Wir gehen das Problem der Pendlerwohnungen mit konkreten Modellprojekten an. Noch vor meiner Zeit wurde entschieden, dass diejenigen, die über 25 sind, keine entsprechende Unterkunftsmöglichkeit mehr in den Kasernen haben. Wir müssen daher über das Trennungsgeld die Anmietung von Wohnungen ermöglichen, damit kein negativer sozialer Aspekt für unsere Soldaten entsteht. Im Klartext: Wenn wir eine leistungsstarke, moderne und einsatzfähige Armee wollen, müssen wir sie

erstens adäquat unterbringen und

zweitens so ausstatten, dass sie ihren Auftrag ordnungsgemäß und gut erfüllen kann.

Ein dritter Punkt, den ich aufgreifen will, ist der Sanitätsdienst. Ich bin dem Deutschen Bundestag dankbar, dass er auf meinen Vorschlag das Einsatz-Weiterver-wendungsgesetz beschlossen hat. Ich habe im vorigen Monat die Möglichkeit gehabt, einen Soldaten, der im Jahre 2007 in Kunduz schwer verwundet wurde, als Berufssoldaten in die Bundeswehr zu übernehmen. Dieser Fall zeigt, auf welch hervorragende Art und Weise unsere medizinische Rettungskette und die Versorgung unserer Soldatinnen und Soldaten funktionieren. Was unsere Ärzte hier geleistet haben, war exzellent. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Aber wir sind gefordert, Abwerbungsversuche zu stoppen. Ärzte haben die Bundeswehr bereits verlassen. Wir müssen die Attraktivität der Bundeswehr in diesem Bereich steigern. Deshalb habe ich eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um Vorschläge zu unterbreiten und gerade in diesem wichtigen Bereich die Voraussetzungen zu schaffen, dass wir auch in Zukunft eine optimale medizinische Versorgung für unsere Soldatinnen und Soldaten - sei es im Auslandseinsatz, sei es im Inland - gewährleisten können.

Mein vierter und letzter Punkt - auch der Wehrbeauftragte hat diesen Punkt ange-sprochen - ist das Thema "Familie und Dienst". Heute ist Girls' Day. Ich habe heute dazu schon einige Gespräche geführt. Es gibt mittlerweile 16.000 Frauen in der Bundeswehr. Aber nicht nur deshalb müssen wir uns dem Thema "Familie und Dienst" intensiver zuwenden. Wir haben es zwar in die Vorschriften zur Inneren Führung aufgenommen. Aber wir müssen es auch konkret mit Leben erfüllen, sei es im Bereich der Betreuung, sei es bei der Schaffung von Eltern-Kind-Zimmern oder sei es bei der Ermöglichung von Teilzeitarbeit. Auch diese Dinge treiben wir voran; denn wir müssen die Voraussetzungen schaffen, um diesem Anspruch gerecht zu werden.

Zusammengefasst: Die Institution des Wehrbeauftragten wurde - wir haben demnächst eine Konferenz dazu - von Ländern - nicht nur von Argentinien, sondern auch von Bosnien-Herzegowina - übernommen, von denen man sich das vor Jahren überhaupt nicht vorstellen konnte. Sie ist eine gute Einrichtung. Der 50. Bericht zeigt, dass wir gemeinsam unseren Beitrag leisten, unsere Armee zu einer modernen und leistungsstarken Armee zu entwickeln. Deshalb nochmals Dank für die Zusammenarbeit. Meine weitere Bitte ist, dieses Engagement im Interesse unserer Soldatinnen und Soldaten fortzuführen.


*


Quelle:
Bulletin Nr. 48-4 vom 23.04.2009
Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung,
zum 50. Jahresbericht 2008 durch den Wehrbeauftragten vor dem
Deutschen Bundestag am 23. April 2009 in Berlin
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, D-10117 Berlin
Telefon: 01888 / 272 - 0, Telefax: 01888 / 272 - 2555
E-Mail: InternetPost@bundesregierung.de
Internet: http://www.bundesregierung.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2009