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REDE/857: Dr. Thomas de Maizière zum Haushaltsgesetz 2011, 25.11.10 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, zum Haushaltsgesetz 2011 vor dem Deutschen Bundestag am 25. November 2010 in Berlin:


Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Dem englischen Schriftsteller Samuel Smiles aus dem letzten Jahrhundert wird folgendes Zitat zugeschrieben:

"Die Sparsamkeit ist die Tochter der Vorsicht, die Schwester der Mäßigung und die Mutter der Freiheit."

Sparsamkeit brauchen wir angesichts der Haushaltslage. Vorsicht brauchen wir, um in der derzeitig angespannten Sicherheitslage die richtigen Entscheidungen zu treffen. Mäßigung brauchen wir, um bei unseren Maßnahmen im Kampf gegen den internationalen Terrorismus Maß zu halten und die richtige Haltung zu bewahren. Und Freiheit: Sie ist der Grund, die Methode und das Ziel unserer demokratischen Gesellschaftsordnung.

Sicherheit in Freiheit, das lässt sich nicht allein in Zahlenkolonnen beziffern. Deshalb ist unsere Haltung, unser persönliches Eintreten für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gerade in Anbetracht ihrer Bedrohung der wichtigste und stärkste Beweis dafür, wie vital unsere Gesellschaft und wie groß der Konsens der Demokraten ist.

Gerade im Verhältnis zur ersten Lesung gibt es Grund, Dank zu sagen, und natürlich auch angesichts der Lage, über die schon gesprochen worden ist. Ich bedanke mich ausdrücklich für die Unterstützung, die auch ich persönlich in den letzten Tagen im Haus, von der ganzen Opposition und auch von der Publizistik erfahren habe. Ich bedanke mich noch mehr für das Vertrauen, das den Sicherheitsbehörden von der Bevölkerung, von der Politik und vom Parlament in der jetzigen Lage entgegenge-bracht wird. Ich sage Ihnen auch: Wir sollten uns an dieses Vertrauen auch erinnern, wenn die jetzige Lage nicht mehr so ist, wie sie ist. Unsere Sicherheitsbehörden brauchen und verdienen Vertrauen auch bei der Einräumung und Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse für die Sicherheit der Bürger. Ich erinnere alle daran, dass, wenn bald wieder die Debatten beginnen, manche Sicherheitsbehörden vor allem mit Misstrauen überzogen werden und dass ihnen nicht mit Vertrauen begegnet wird.

Ein weiterer Dank gilt dem Haushaltsausschuss dieses Parlaments. Dank seiner Unterstützung wurden zusätzlich 450 Stellen im Rahmen eines noch abzustimmenden Konzeptes zur Verbesserung der Luftfrachtkontrollen geschaffen. Es war nicht selbstverständlich, einen, wenn man so will, noch nicht fertigen Antrag zu stellen und das Nötige zu beziffern, und das in einer Zeit, in der Personal abgebaut wird. Ich denke, das verdient einen ausdrücklichen Dank.

Ich bedanke mich auch für die Entscheidung bei der Personalausstattung. Vielleicht kann Herr Oppermann jedenfalls nach Freitag aufhören, ständig von Personalabbau zu reden. Herr Herrmann hat Ihnen schon gesagt: Es hat in den letzten Jahren, auch unter Ihrer Mitverantwortung, einen Personalaufbau bei den Sicherheitsbehörden gegeben. Von der pauschalen Stellenkürzung um 1,5 Prozent sind die Polizeivollzugs- und sonstigen Vollzugsbeamten bei den Sicherheitsbehörden ausdrücklich ausgenommen. In der Bereinigungssitzung ist ebenfalls beschlossen worden: Die Sicherheitsbehörden werden, wenn es vernünftige Gründe gibt, vom Ausgleich der Personalmehrarbeit, diesen 0,4 Prozent - dabei geht es gar nicht um einen Personalabbau, sondern um eine Kompensation; in Wahrheit ist das gar keine Einsparung - ausgenommen, sodass es faktisch ein Mehr an Sicherheit geben kann. Ich finde, das ist gut und schnell entschieden worden. Ich bedanke mich für die Unterstützung im Innenausschuss und im Haushaltsausschuss, auch durch die Sozialdemokraten. Es wäre nett, wenn Sie das auch Herrn Oppermann sagen.

Ich möchte mich darüber hinaus - ich will das jetzt aus Zeitgründen nicht lange ausführen; auch Frau Piltz hatte das angesprochen - ausdrücklich für die zehn Millionen Euro für die Stiftung Datenschutz bedanken. Diese Mittel konnten in den Haushaltsentwurf der Regierung noch nicht einfließen. Dadurch, dass sie jetzt eingeplant sind, geht nicht ein Jahr verloren, um diese Stiftung aufzubauen.

Lassen Sie mich eine Bemerkung zur Sicherheitsarchitektur machen. Da ist durch die Ideen im Vertrauensgremium, durch allerlei Ideen, die zuletzt geäußert wurden, mittlerweile ziemlich viel durcheinandergegangen. Ich möchte klarstellen: Die Werthebach-Kommission fußt auf der Koalitionsvereinbarung, die Frau Piltz schon erwähnt hat. Diese Kommission beschäftigt sich nicht mit dem Nachrichtendienst, und sie beschäftigt sich nicht mit aktuellen Auswirkungen der Terrorabwehr. Sie ist im April dieses Jahres von Herrn Schäuble und mir eingesetzt worden. Sie beschäftigt sich insbesondere mit den Schnittstellen von Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zoll. Diese Kommission hat eine wichtige, große Aufgabe. Am 9. Dezember wird uns ihr Bericht vorliegen, und dann werden wir darüber diskutieren.

Ich weiß wohl, dass die Umorganisation von Sicherheitsbehörden besonders kompliziert ist. Veränderung dort kann gut sein; aber Veränderung bindet auch Kräfte nach innen, gerade bei Sicherheitsbehörden. Deswegen kommt es nicht nur auf das an, was wir beschließen, was wir als irgendwann anzustrebendes Ziel ansehen, sondern auch darauf, dass wir klug beraten und entscheiden, wie wir von A nach B kommen, sodass wir gute Ergebnisse erhalten, aber keine zu starke Binnenorientierung der Sicherheitsbehörden auf ihre eigene Veränderung hin. Da müssen wir einen guten Weg finden. Ich glaube, das wird gelingen.

Ein Wort zur Mindestspeicherfrist von Telekommunikationsverbindungsdaten. Meine Position ist bekannt. Ich freue mich über wachsende Zustimmung. Sie reicht vom Stern bis zur Zeit; das hätte ich gar nicht gedacht. Ich sage Ihnen: Das diskutieren wir intern und nicht extern im Angesicht der Opposition. Das machen wir dann, wenn wir uns geeinigt haben, nicht jetzt.

Nun ein Wort zur Integration. Bezüglich der großen Debatte, die wir geführt haben, haben viele vorhergesagt, sie werde abklingen. Ich bin dagegen. Ich finde, wir müssen die große Debatte um Integration unabhängig von Terminen, Wahlterminen und Auflagen von irgendwelchen Büchern führen. Wir sollten weiterhin diskutieren. Meines Erachtens sollte diese Diskussion mit zwei ganz klaren Botschaften verbunden sein: Einerseits sind alle Ausländer und alle Migranten, die hier rechtmäßig leben, die ihren Lebensunterhalt sichern und die sich zu unserer Werteordnung bekennen, in Deutschland herzlich willkommen, unabhängig von der Frage, welcher Religion sie angehören. Das ist eine klare Position, die wir haben sollten.

Dazu gehört auch der Besuch von Integrationskursen. Ich kann dazu nur sagen: Der Sachverhalt, den Sie in diesem Zusammenhang geschildert haben, stimmt nicht. Ich glaube, Herr Grindel wird später darauf eingehen.

Ich will einen kurzen Satz an die Haushälter, Herrn Danckert und andere, richten: Ich werde noch in diesem Haushaltsjahr dafür Sorge tragen, dass etwaige Vorbelastungen für das kommende Haushaltsjahr nicht stattfinden. Rechnungen, die jetzt vorliegen, werden also nicht ins nächste Jahr geschoben - das ist im letzten Jahr geschehen; das hat einen Teil der Probleme verursacht -; das entlastet den Haushalt. Damit ist der vorliegende Änderungsantrag erst recht überflüssig; denn das Geld wird auskömmlich sein. Wir brauchen nicht nur die Botschaft, dass diejenigen Migranten, die hier rechtmäßig leben, die ihren Lebensunterhalt sichern und die unsere Werteordnung anerkennen, willkommen sind. Wir brauchen genauso die Botschaft an diejenigen Migranten, die sich anders verhalten, dass wir ihr Verhalten ablehnen und es nicht dulden. Dazu gehört die Überprüfung des Aufenthaltsstatus, etwa bei Nichtteilnahme an einem verpflichtenden Integrationskurs. Dazu kann die Kürzung von Hartz-IV-Geldern gehören. Dazu wird die Bekämpfung von Zwangsheirat und Scheinehen gehören. Dazu gehört nach meiner Auffassung auch d ie Prüfung erweiterter beziehungsweise durchsetzbarer Abschiebemöglichkeiten.

Integration scheitert durch Schönfärberei genauso wie durch Schwarzmalerei. Inte-gration braucht Realismus, Wahrheit, Fördern und Fordern, Geduld und einen langen Atem.

Nun ein letzter Punkt - Frau Piltz hat es schon angesprochen -: Olympia 2018. Vielleicht gelingt es mir, dass hier das ganze Hohe Haus klatscht. Die Bundesregierung hat jedenfalls alles Erforderliche getan; sie hat die erforderlichen Beschlüsse gefasst, zu Garantien und allem, was damit verbunden ist. Das Bewerbungsbuch ist fertig. Es wird jetzt übersetzt und, wie man das bei Bewerbungsbüchern so macht, in Hochglanz gedruckt. Im Januar wird es abgegeben.

Als Verfassungsminister sage ich den Grünen: Es gibt kein imperatives Mandat für Abgeordnete durch Parteitagsbeschluss. Überlegen Sie es sich deswegen gut, ob Sie nicht doch Ihre Hände zum Beifall erheben, wenn ich jetzt sage: Ich würde mich freuen, wenn die Bundesregierung mit der Unterstützung des ganzen Hohen Hauses im Juli nach Durban fahren und eine erfolgreiche Bewerbung nach Hause bringen könnte.


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Quelle:
Bulletin Nr. 123-2 vom 25.11.2010
Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, zum
Haushaltsgesetz 2011 vor dem Deutschen Bundestag am 25. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2010