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SICHERHEIT/078: Westafrika - Immer mehr Piraten im Golf von Guinea, Togo und Benin stark betroffen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Dezember 2011

Westafrika: Immer mehr Piraten im Golf von Guinea - Togo und Benin stark betroffen

von Grit Porsch


Berlin, 6. Dezember (IPS) - Die Piraterie im Golf von Guinea bringt betroffene westafrikanische Länder wie Togo, Benin und Ghana zunehmend in Bedrängnis. Die Vereinten Nationen warnen bereits vor wirtschaftlichen Einbußen und einer Beeinträchtigung des regionalen Handels.

Die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hat die gemeinsame Bekämpfung der Piraterie auf die Agenda ihres Gipfeltreffens im Januar 2012 gesetzt. Damit sich auch die Vereinten Nationen dem Kampf gegen die Piraten anschließen, untersuchen Mitarbeiter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und der für auswärtige Angelegenheiten zuständigen UN-Abteilung derzeit vor Ort das Ausmaß der Seeräuberei.

Nach Angaben der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) wurden in diesem Jahr innerhalb des 177 Kilometer langen, zu Togo und Benin gehörenden Küstenstreifens bereits 26 Überfälle von Seeräubern gemeldet. 22 ereigneten sich in Benins Küstengewässern, vier wurden vor Togos Küste verübt. 2010 hatte keines der beiden Länder einen Fall von Piraterie registriert. Ingesamt wurden im Golf von Guinea im letzten Jahr 53 Piratenangriffe gemeldet.

IMO spricht von einer hohen Dunkelziffer. Wenn die geraubten Gelder und der Wert der gestohlenen Güter geringer seien als die Mindestversicherungssumme, verzichteten die Schiffseigner auf eine Anzeige, um ihre Fracht pünktlich abliefern zu können, stellte die UN-Sonderorganisation fest.

Die betroffenen Länder sind allein zu schwach, um die Piraten in Schach zu halten, die sich nach den Überfällen in das Labyrinth des Nigerdeltas zurückziehen. Kapitän Monty Jones, der seit 30 Jahren in westafrikanischen Gewässern unterwegs ist und mehrmals überfallen wurde, vermutet gut organisierte Banden hinter den Überfällen auf See.


Hintermänner beim Zoll

"Wenn die Piraten ein Schiff entern, finden sie unter hunderten Containern sofort den mit der wertvollsten Fracht. Hintermänner, die möglicherweise beim Zoll arbeiten, haben sie bestens informiert", berichtete Jones, der Vorsitzende der in Togos Hauptstadt Lomé ansässigen Schiffsfracht-Agentur 'Togo Oil and Marine', gegenüber dem UN-Nachrichtendienst IRIN.

Während Togo seit der Entsendung seiner Küstenwache zu ständigen Patrouillen einige Erfolge bei der Piratenjagd aufweist, laufen Benins und Nigerias Küstenwache seit September im Golf von Guinea ein halbes Jahr lang zu gemeinsamen Patrouillen aus.

Chris Trelawny, Direktor der Abteilung für Meeressicherheit der IMO, berichtete IRIN über den Aufbau einer vernetzten Küstenwache, an der sich 15 Küstenstaaten der 'Maritime Organization of West and Central Africa' (MOWCA) beteiligen wollen. Er betonte die Notwendigkeit einer Unterstützung der Operationen auf hoher See durch eine einschlägige Rechtsprechung an Land und die Einbindung der Justiz sowie der Strafverfolgungs- und der Hafenbehörden.

"Sichere Meere fördern langfristig die Wirtschaftsentwicklung in Westafrika, denn sie gewährleisten ein Florieren privater Fischerei- und Fisch verarbeitender Unternehmen und Vermarktungsfirmen, die Arbeitsplätze schaffen und die Wirtschaft ankurbeln", sagte Trelawny. Den Regierungen der westafrikanischen Küstenstaaten empfahl er, ihre 200-Meilen-Zone als Investitionschance zu nutzen.

Die Gewaltbereitschaft der im Golf von Guinea operierenden Seeräuber ist groß. Bevor die Piraten an Bord kommen, nehmen sie das Steuerhaus unter Beschuss, um die Mannschaft einzuschüchtern. Oft stehen sie unter Drogen, gehen mit Messern und Schusswaffen auf die Matrosen los, plündern sie aus, misshandeln und/oder töten sie und verschwinden mit der Beute, wie Kapitän Jones auf einem Seminar über sichere Meere berichtete, das kürzlich in Cotonou in Benin stattfand.


Private Sicherheitsdienste zur Stelle

Von der Piraterie im Golf von Guinea profitieren inzwischen private Sicherheitsfirmen wie 'VLC Security'. Ihr Chef Mike Hounsinou macht gute Geschäfte mit Schiffseignern und Charterunternehmen. Er berichtete, allein auf fünf Prozent der Schiffe, die im Hafen von Lomé ankern, schützten seine Wachmänner Fracht und Mannschaft.

Auch die USA und einige europäische Länder bieten Westafrikas Küstenstaaten Unterstützung beim Kampf gegen Piraten und zum Schutz von Bohrinseln an. Im Rahmen des US-amerikanischen Militärkommandos 'Africom' hat die US-geführte 'Africa Partnership Station' (ASP) Benin, Ghana, Nigeria und Togo mit Schnellbooten im Gesamtwert von 800.000 US-Dollar beliefert. Im Bereich von 150 Seemeilen können diese Flitzer innerhalb weniger Minuten jedes ankernde Schiff erreichen.

Auch Frankreichs Regierung zeigte sich hilfsbereit. Nachdem Benins Präsident Thomas Yayi Boni den UN-Sicherheitsrat um Unterstützung gebeten hatte, sagte Paris Benin für die nächsten drei Jahre Investitionen von insgesamt einer Million Dollar zu. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.imo.org/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94333

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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Dezember 2011