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SICHERHEIT/099: Laos - USA erwägen höhere Hilfen für Blindgänger-Räumung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Juli 2012

Laos: Tödliche Hinterlassenschaft - USA erwägen höhere Hilfen für Blindgänger-Räumung

von Jim Lobe



Washington, 12. Juli (IPS) - Rüstungsgegner und ehemalige US-Botschafter in Laos drängen die Außenministerin der Vereinigten Staaten, Hillary Clinton, die staatlichen Finanzhilfen für das südostasiatische Land zu erhöhen, damit dort mehrere Millionen Tonnen Blindgänger (UXO) entschärft werden können. Die Sprengkörper wurden von US-Kampfflugzeugen während des Indochina-Kriegs und der darauffolgenden militärischen Auseinandersetzungen abgeworfen.

Auf einer Reise durch acht Staaten im Nahen Osten und Asien machte Clinton am 11. Juli auch in Laos Station. Es war der erste Besuch einer amtierenden US-Außenministerin in dem sozialistisch geprägten Staat seit 1955. Clintons Reise sollte unterstreichen, dass sich die Regierung von Staatspräsident Barack Obama künftig verstärkt auf die Region konzentrieren wolle.

Unbestätigten Berichten zufolge erwägen die USA Finanzhilfen für Laos im Umfang von 100 Millionen US-Dollar, um die Bombenräumung über einen Zeitraum von zehn Jahren zu unterstützen. Seit 1997 haben die USA dem kleinen Staat bereits etwa 47 Millionen Dollar für die Beseitigung nicht explodierter Sprengkörper übermittelt.

Diplomaten ermahnen die USA zu einem kontinuierlichen Engagement. Mit Clintons Besuch würden vielversprechende Perspektiven für die Beziehungen zwischen beiden Staaten gefeiert, sagte Douglas Hartwick, der von 2001 bis 2004 US-Gesandter in Vientiane war, im Vorfeld der Ankunft der Ministerin. "Ich hoffe, dass sie gegenüber dem laotischen Volk Amerikas unerschütterliche Entschlossenheit bekräftigt, Laos und der Staatengemeinschaft dabei zu helfen, endgültig alle tödlichen Bomben in dem Land zu beseitigen."

Hartwick ist einer von sechs früheren US-Botschaftern in Laos, die Clinton bereits im vergangenen Jahr öffentlich aufgefordert hatten, nach Laos zu fahren und der Regierung 100 Millionen Dollar für die Räumung von Blindgängern zuzusichern. Dieser Vorschlag kam ursprünglich von der Organisation 'Legacies of War'.

Die Regierung in Washington entschied jedoch, den Besuch bis zum Zeitpunkt des Regionalgipfels in dem an Laos angrenzenden Staat Kambodscha aufzuschieben. Im Laufe des vergangenen Jahres haben die USA verstärkt um Chinas südliche Nachbarn geworben. Vor allem die Beziehungen zu Myanmar haben sich seit dem Besuch der Ministerin im Dezember 2011 deutlich verbessert. Vor der Ankunft in Vientiane war Clinton in Hanoi und reiste von Laos aus nach Kambodscha weiter.


Weltweit höchste Zahl von Bombenabwürfen pro Einwohner

Auf den Ersten Indochina-Krieg von 1946 bis 1954 folgten in der Region weitere Kämpfe, die sich bis 1979 hinzogen. Allein zwischen 1964 und 1973 gingen in Laos mehr als 2,5 Millionen Tonnen US-Sprengkörper nieder. Das war mehr als die Menge, die im Zweiten Weltkrieg für Deutschland und Japan zusammengenommen verwendet wurde. Über Laos, einst das ärmste Land in Südostasien, wurden bisher die weltweit meisten Bomben pro Einwohner abgeworfen. Zur Zeit des Indochina-Kriegs lebten dort etwa 2,5 Millionen Menschen. Auf jeden Mann, jede Frau und jedes Kind entfiel damit im Schnitt eine Tonne Bomben.

Bis zu 30 Prozent der Sprengkörper sind nicht detoniert. Die Hinterlassenschaften haben seither nicht nur mehrere hundert Menschen jährlich das Leben gekostet. Laotische Bauern werden dadurch außerdem daran gehindert, hunderttausende Hektar fruchtbares Land zu kultivieren. In den vergangenen 40 Jahren kamen durch UXO etwa 20.000 Menschen ums Leben oder wurden verstümmelt. Auf schätzungsweise einem Drittel des Staatsgebiets von Laos lagern nach wie vor Blindgänger.

Anders als im Falle von Vietnam und Kambodscha haben die USA ihre diplomatischen Kontakte zu dem kommunistischen Regime in Laos, das 1975 an die Macht kam, niemals gekappt. Dennoch brauchte Washington 17 Jahre, um die bilateralen Beziehungen zu normalisieren. Für die USA bestand die höchste Priorität darin, Rechenschaft über die fast 600 US-Soldaten abzulegen, die während ihres Einsatzes in Laos getötet wurden oder verschwanden. Reguläre Handelsbeziehungen zu Laos wurden erst vor sieben Jahren formell festgelegt.

Zum ersten Mal stellte Washington 1997 in der Amtszeit von Präsident Bill Clinton Geld für die Räumung von Blindgängern bereit. Seitdem wurden dafür Finanzhilfen von jährlich etwa 2,6 Millionen Dollar gezahlt. 2009 erfolgte eine Aufstockung auf 3,5 Millionen Dollar und ein Jahr später eine weitere Erhöhung auf fünf Millionen Dollar. Für dieses Jahr hat der Kongress neun Millionen Dollar bewilligt.

Der Haushaltsausschuss des Senats hat empfohlen, dass die Summe 2013 auf zehn Millionen Dollar angehoben werden solle. Das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus dürfte diesen Vorschlag aber nicht ohne weiteres akzeptieren. Diejenigen, die Hilfen in diesem Umfang befürworten, hoffen nun, dass Clintons Zusage die Chancen für eine Zustimmung des Kongresses zu einer Aufstockung der Zuschüsse und einem längerfristigen Engagement in Laos verbessert. Dies wird auch als Voraussetzung dafür gesehen, andere Geberstaaten und Organisationen zu Hilfen für das Land zu bewegen.

"Die Menschen, die weiterhin unter den Bomben leiden, sind die einfachen Dorfbewohner in Laos", sagte Channapha Khamvongsa, die Geschäftsführerin von 'Legacies of War'. "Wir hoffen, dass die US-Außenministerin, die sich einen direkten Eindruck von den Folgen der Bombardements für die Bevölkerung in Laos machen konnte, die Entschlossenheit der USA bekräftigen wird, dem Land bei der endgültigen Lösung des Problems zu helfen."


Blindgänger bremsen Entwicklung des Landes

Bis dieses Ziel erreicht ist, sind allerdings noch hohe Hürden zu überwinden. Schätzungen zufolge sind bisher mehr als eine Million UXO vernichtet oder geräumt worden. Etwa 80 Millionen Sprengkörper sollen aber noch über das Land verteilt sein. Deren Beseitigung sei eine unabdingbare Voraussetzung für die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes, geht aus einer Studie des UN-Entwicklungsprogramms UNDP hervor, das mit der Regierung von Premierminister Thongsing Thammavong an einem gemeinsamen Plan zur Beseitigung von UXO in ausgewählten Gebieten gearbeitet hat.

"Die ökonomischen Chancen im Tourismus, dem Wasserkraftsektor, im Bergbau, in der Forstwirtschaft und in vielen anderen Bereichen, die als Wachstumsmotoren in Laos gelten, sind begrenzt", heißt es in dem Bericht. UNDP schätzt den Finanzbedarf für eine signifikante Reduzierung der Blindgänger auf 30 Millionen Dollar jährlich über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Die USA sind der größte einzelne Unterstützer des UXO-Programms. Weitere Beiträge kommen von Japan, der EU-Kommission, Irland, der Schweiz, Luxemburg, Deutschland und Australien sowie von UN-Organisationen.

Die gesamten bilateralen Hilfen Washingtons für Laos, bei denen die Zuschüsse für die Sprengkörperräumung den höchsten Posten ausmachen, sind von etwa fünf Millionen Dollar im Jahr 2007 bis zum vergangenen Jahr auf zwölf Millionen Dollar gestiegen. Außer den neun Millionen Dollar für das UXO-Programm leisten die USA vor allem im Gesundheitsbereich und im Kampf gegen Drogen Unterstützung. (Ende/IPS/ck/jt/2012)


Links:

http://www.state.gov/r/pa/ei/bgn/2770.htm
https://legaciesofwar.org/resources/reports/us-funding-for-uxo-sector-in-laos/
http://www.uxolao.org/
http://www.unlao.org/
http://www.ipsnews.net/2012/07/u-s-urged-to-increase-bomb-clearing-aid-for-laos/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2012