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SICHERHEIT/134: Gipfel für nukleare Sicherheit im März blendet Gefahr durch Atomstaaten aus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. Februar 2014

Abrüstung: Gipfel für nukleare Sicherheit im März blendet Gefahr durch Atomstaaten aus

von Thalif Deen


Bild: Public Domain

Abschuss einer Trident-Rakete von einem U-Boot der britischen Marine
Bild: Public Domain

New York, 14. Februar (IPS) - Im März kommen mehr als 50 Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel für nukleare Sicherheit (NSS) in Den Haag zusammen. Sie werden sich vor allem der Frage widmen, wie sie verhindern können, dass Kernwaffen und Nuklearmaterial in die Hände von nicht-staatlichen Akteuren und Terroristen fallen. Doch nach Ansicht von Aktivisten und Wissenschaftlern sollte auch über die Gefahren diskutiert werden, die von den Ländern ausgehen, die im Besitz solcher Massenvernichtungswaffen sind.

Dass sich die kommende Konferenz nur einem Teil des Problems der nuklearen Sicherheit zuwendet, hält Alyn Ware von der internationalen Vereinigung Juristen und Juristinnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen (IALANA) für bedenklich. Wie er gegenüber IPS betonte, wird man sich lediglich auf nicht-staatliche Akteure konzentrieren, die noch gar nicht in Besitz von Atomwaffen seien.

"Die weitaus größere Bedrohung, die von den existierenden Atomwaffenlagern und Nuklearmaterialien der Atomstaaten ausgeht, und die Gefahr einer atomaren Verbreitung kommen hingegen nicht zur Sprache", kritisierte Ware, der auch Mitglied des Weltzukunftsrats ist. Warnungen, dass Kernwaffen in die falschen Hände gelangen könnten, kommentierte er mit den Worten: "Für solche Waffen gibt es keine richtigen Hände."

Auf dem Gipfel in Den Haag vom 24. bis 25. März werden mit Ausnahme Nordkoreas, das als inoffizieller Atomstaat gilt, alle Nuklearmächte - China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Israel, Pakistan, Russland und die USA - vertreten sein. Rund 5.000 Delegierte aus 58 Ländern und mehr als 3.000 Journalisten werden der Einladung der niederländischen Regierung folgen und an dem "größten Treffen dieser Art, das jemals in diesem Land stattgefunden hat", teilnehmen.

Wie der niederländische Regierungschef Mark Rutte erklärte, gibt es eine "enorme" Menge an Atommaterial auf der Welt. "Wenn dieses Material in die Hände von Terroristen fällt, könnte das katastrophale Folgen haben. Die internationale Gemeinschaft muss alles in ihrer Macht Stehende tun, um dies zu verhindern", meinte er. Indem die Niederlande den Gipfel ausrichteten, wollten sie einen Beitrag zu einer sichereren Welt leisten.


Internationaler Gerichtshof: Verpflichtung zur nuklearen Abrüstung

Den Haag ist gleichzeitig Sitz des Internationalen Gerichtshofs (ICJ), demzufolge allein schon die Androhung, Atomwaffen einzusetzen, illegal ist, unabhängig davon, wer solche Waffen besitzt. Dem Tribunal zufolge gibt es die Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung. Ware zufolge entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass der Nukleargipfel in Den Haag stattfindet, die Schlussfolgerungen des dort angesiedelten welthöchsten Gerichts jedoch ignoriert werden.

Der erste NSS fand 2010 in Washington statt. Der zweite wurde zwei Jahre später von Südkorea in Seoul ausgerichtet. Seit dieser Konferenz 2012 sei es zu einigen Abrüstungsfortschritten gekommen, bestätigt M. V. Ramana von der Woodrow-Wilson-School für öffentliche und internationale Angelegenheiten der Princeton Universität.

Nach Erkenntnissen der 'Nuclear Threat Initiative', die sich ihrerseits auf Aussagen der US-Behörde für nukleare Sicherheit beruft, haben sieben Staaten - Österreich, Tschechien, Ungarn, Mexiko, Schweden, die Ukraine und Vietnam - ihre Arsenale mit waffentauglichen Atommaterialien von ihren Territorien entfernt.


Relative Erfolge

"Das ist auch gut so", meint Ramana, fügt aber hinzu, dass diese Länder nicht diejenigen seien, die die internationale Gemeinschaft beunruhigen sollten, zumal sie nie große Mengen an Spaltmaterial besessen hätten. Größeren Anlass zur Sorge sollten die Atomwaffenarsenale der Atommächte geben. "Doch rechne ich nicht damit, dass irgendeiner dieser Staaten auf dem Gipfel für nukleare Sicherheit spektakuläre Abrüstungsankündigungen machen wird."

Laut US-Präsident Barack Obama ist die Bedrohung durch einen Atomkrieg gesunken, das Risiko eines Nuklearangriffs hingegen gestiegen. Ein jeglicher Einsatz von Kernwaffen in einer Stadt des 21. Jahrhunderts könne eine beispiellose humanitäre, ökologische und finanzielle Katastrophe auslösen.

Die niederländische Regierung macht keinen Hehl daraus, dass der Fokus des Gipfels reduziert ist. "Es geht darum, sicherzustellen, dass zerstörerisches Material nicht in die falschen Hände fällt." Auf der NSS werde man somit nicht über atomare Abrüstung, Vor- und Nachteile von Atomkraft oder den Schutz vor atomar bedingten Naturkatastrophen diskutieren. (Ende/IPS/ck/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/02/nuke-summit-agenda-circumvents-armed-powers/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2014