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SICHERHEIT/171: Abrüstung - Gruppe eminenter Personen fordert globales Atomtestverbot (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2015

Abrüstung:
Gruppe eminenter Personen fordert globales Atomtestverbot

von Katsuhiro Asagiri und Ramesh Jaura



Bild: US-Verteidigungsministerium via Wikimedia Commons

Atomtest auf dem Bikini-Atoll 1946
Bild: US-Verteidigungsministerium via Wikimedia Commons

HIROSHIMA (IPS) - Im nächsten Jahr ist es 20 Jahre her, dass das internationale Umfassende Atomteststoppabkommen (CTBT) zur Unterschrift ausgelegt wurde. Eine Gruppe eminenter Personen (GEM) hat aus gegebenem Anlass eine Kampagne zugunsten des Inkrafttretens des Regelwerks gestartet.

Lassina Zerbo, der Exekutivsekretär der Vorbereitungskommission von 2013 der Organisation für ein umfassendes Atomteststoppabkommen (CTBTO), hatte die GEM am UN-Hauptsitz in New York ins Leben gerufen. Die Mitglieder trafen sich vom 24. bis 25. August im japanischen Hiroshima.

Hiroshima und Nagasaki sind die bisher einzigen Städte weltweit, die die grauenhafte Erfahrung eines Atombombenanschlags gemacht haben. Von dem damit verbundenen Leid der Bevölkerung berichten auch heute noch die 'Hibakusha', die Überlebenden dieser nuklearen Katastrophe.

"In keiner anderen Region tritt die Dringlichkeit für das Inkrafttreten des Abkommens so deutlich zutage wie hier", erklärte der CTBTO-Chef Zerbo auf der Veranstaltung, zu der die japanische Regierung und die Stadt Hiroshima geladen hatten. "Und die GEM ist aufgrund ihrer Erfahrung und Expertise bestens geeignet, um das Inkrafttreten dieses Abkommens voranzubringen."

Die GEM ist eine hochrangige Gruppe eminenter Personen und international anerkannter Experten, die das Ziel verfolgen, das Atomtestverbot Wirklichkeit werden zu lassen und sämtliche diesbezüglichen Bemühungen zu unterstützen.

Am Vorabend des zweitägigen Treffens nahmen der CTBTO-Exekutivsekretär, der ehemalige US-Verteidigungsminister und GEM-Mitglied William Perry sowie der Bürgermeister von Hiroshima, Hidehiko Yuzaki, an einer Podiumsdiskussion im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zum Thema nukleare Abrüstung teil, die von rund 100 Personen einschließlich vielen Studenten besucht worden war.


Dynamik des multilateralen Atomdeals mit dem Iran nutzen

In einem Eingangsstatement forderte Zerbo die internationalen Entscheidungsträger auf, die Dynamik des kürzlich zwischen den E3+3-Staaten (China, Frankreich, Deutschland, die russische Föderation, Großbritannien und die USA) und dem Iran zustande gekommenen Atomdeals zu nutzen, um die dringend benötigte Dosis an Hoffnung anzubieten und positiv in die derzeitigen Diskussionen über die nukleare Nichtverbreitung und Abrüstung einzugreifen.

"Das Iran-Abkommen hat uns gelehrt, dass ein Multilateralismus bei der Waffenkontrolle und internationalen Sicherheit nicht nur möglich ist, sondern einen besonders wirksamen Weg darstellt, um die komplexen und vielschichtigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu meistern. Es lehrt uns ferner, dass sich der Wert eines jeden Sicherheitsabkommens oder Waffenkontrollvertrags an der Glaubhaftigkeit der Verifizierungsauflagen bemisst. Auch das CTBT muss nach der Wirksamkeit seiner Verifizierungs- und Umsetzungsmechanismen beurteilt werden", so Zerbo.

Perry, der ebenfalls mit einem kurzen Statement die Sitzung eröffnete, brachte seine feste Überzeugung zum Ausdruck, dass die Ratifizierung des CTBT den nationalen Sicherheitsinteressen der USA dienen würde - sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene. Das derzeitige geopolitische Klima gefährde die Aussicht auf ein Inkrafttreten des CTBT, fügt er hinzu. Umso wichtiger sei es, an dem Moratorium für Atomtests festzuhalten.

Zu den anwesenden GEM-Mitgliedern gehörten auch die ehemaligen UN-Untergeneralsekretäre für Abrüstungsfragen, Nobuyasu Abe und Jayantha Dhanapala, der ehemalige britische Verteidigungsminister Des Browne, der frühere Hohe UN-Vertreter für Abrüstungsfragen, Sérgio Duarte, der Berater der Planungsbehörde des französischen Außenministeriums, Michel Duclos und der einstige CTBTO-Exekutivsekretär Wolfgang Hoffmann.

Mit von der Partie waren ferner der ungarische Außenminister István Mikola, der Botschafter Indonesiens in Japan, Yusron Ihza Mahendra, der ständige Vertreter Japans bei den internationalen Organisationen in Wien, Mitsuru Kitano, und der kasachische Vizeaußenminister Jerschan Aschikbajew.

Die GEM befasste sich auch mit dem Aktionsplan, der aus ihren Treffen in New York (September 2013), Stockholm (April 2014) und Seoul (Juni 2015) hervorgegangen ist. Die Gruppe setzte sich zudem mit dem derzeitigen internationalen Klima auseinander und kam zu dem Schluss, dass es gerade im Vorfeld des 20. Jahrestages der Auslegung des Atomteststoppvertrags dringend erforderlich sei, die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft im Kampf gegen die Nichtverbreitung von Kernwaffen zu mobilisieren und für eine vollständige Beseitigung dieser Massenvernichtungswaffe zu gewinnen.


Strategiegespräche

Die Teilnehmer des Treffens diskutierten eine Vielzahl relevanter Themen und praktischer Maßnahmen, die dem Abkommen gerade mit Blick auf die 15. Konferenz zur Ermöglichung des Inkrafttretens des Vertrages Ende September in New York zu seiner Gültigkeit verhelfen könnten. Den Vorsitz der bevorstehenden Konferenz werden Japan und Kasachstan halten.

183 Länder haben das Abkommen unterzeichnet, 163 von ihnen - darunter die Atomwaffenstaaten Frankreich, Russland und Großbritannien - haben es ratifiziert. Doch damit das CTBT in Kraft treten kann, muss es von den 44 atomwaffenfähigen Staaten ratifiziert werden. Das haben China, Ägypten, Indien, der Iran, Israel, Nordkorea, Pakistan und die USA bisher versäumt. Indien, Nordkorea und Pakistan haben den Vertrag noch nicht einmal unterzeichnet.

Die GEM hat die Erklärung von Hiroshima angenommen, in der die Gruppe ihre Bereitschaft bekräftigt, die Eliminierung von Atomwaffen weltweit, insbesondere das Inkrafttreten des CTBT als "eine der wichtigsten praktischen Maßnahmen der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung" zu unterstützen. Die Erklärung drängt ferner zu multilateralen Bemühungen, um die verbliebenen acht Staaten zur Ratifizierung zu bewegen.

Die GEM appellierte an die politischen Entscheidungsträger, Regierungen, Zivilgesellschaft und Wissenschaftler, die Öffentlichkeit für die besondere Rolle des CTBT für die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung sowie für die katastrophalen menschlichen Folgen von Atombombeneinsätzen zu sensibilisieren. (Ende/IPS/kb28.08.2015)


Link:
http://www.ipsnews.net/2015/08/call-for-global-ban-on-nuclear-weapons-testing/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. August 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2015

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