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INTERNATIONAL/001: Ärmste Länder im Schraubstock von IWF und Weltbank (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 31. März 2011

Entwicklung:
Ärmste Länder im Schraubstock von IWF und Weltbank

Von Kanya D'Almeida


New York, 31. März (IPS) - Einmal LDC, immer LDC. So ließe sich die Geschichte der Staaten beschreiben, die seit mehr als 40 Jahren verzweifelt versuchen, aus dem Verband der ärmsten Länder (Least Devoloped Countries - LDCs) auszuscheren. Mit der Frage, warum dies erst drei Ländern - Malediven, Botswana und Kapverden - gelungen ist, hat sich nun ein UN-Ausschuss in New York befasst.

Einem Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation für die Vierte LDC-Konferenz in Istanbul Anfang Mai zufolge verläuft der Prozess der LDCs, den Club der Verlierer zu verlassen, deprimierend langsam. Das Wirtschaftswachstum in diesen Staaten sei viel zu niedrig, um sich für die LDCs wirtschaftlich und sozial auszuzahlen, meinte der Exekutivdirektor des ILO-Beschäftigungssektor, Jose Manual Salazar-Xirinachs.

Wie Salazar-Xirinachs monierte, sind die landwirtschaftlichen und industriellen Produktionskapazitäten ebenso begrenzt wie die Palette der Exportgüter. Die Erwerbsfähigkeit konnte in den LDCs von 2000 bis 2009 um magere 2,9 Prozent gesteigert werden. "Die Mehrheit der Arbeitskräfte ist in Beschäftigungsformen gefangen, die ihnen nicht den Weg aus der Armut weisen werden."

Der ILO-Vertreter kündigte Vorschläge für ein nachhaltiges und qualitatives Wachstum in Form einer diversifizierten, sozialverträglichen und beschäftigungsintensiven Produktionsstruktur an. "Business as usual reicht aber nicht", meinte dazu Richard Jolly, Professor am Institut für Entwicklungsstudien der Universität Sussex und Mitglied der von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ins Leben gerufenen 'Gruppe der eminenten Personen' für die LDCs.

Gefragt seien Reformen im Agrarhandel, vor allem weil ein hoher Prozentsatz der Armen in den LDCs direkt und indirekt von der Landwirtschaft abhänge, erläuterte Jolly. Um die Agrarproduktion in diesen Ländern steigern zu können, müssten die lokalen Märkte verbessert und subventionierte Billigimporte eingeschränkt werden.

"Natürlich lassen sich Fortschritte nicht allein mit Wachstum erzielen", räumte der Professor ein. Eine menschliche Entwicklung, die Armutsbekämpfung, Umsetzung der MDGs und eine mittel- und langfristige ökologische Nachhaltigkeit anstrebe, seien ebenso erforderlich.


Systemische Veränderungen gefragt

Nach Ansicht von Kouglo Lawson Body, den Wirtschaftsbeauftragten des Internationalen Gewerkschaftsverbands - Afrika, hängt das Wohlergehen der LDCs letztlich von umfangreichen globalen Reformen ab. "Wir müssen die LDCs aus der Einflusssphäre der internationalen Institutionen und einiger Schwellenländer befreien", meinte er auf dem UN-Treffen in New York.

"Große Organisationen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und der Weltbank trachten viel zu sehr danach, die Entscheidungen und Strategien der LDCs inbesondere in Afrika zu beeinflussen", sagte er. "Das ist ein Trend, der auf einer systemischen Ebene unbedingt geändert werden muss.

Nach Ansicht von Omar Dahi, Wirtschaftsprofessor am Hampshire College im US-amerikanischen Massachusetts, brauchen die ehemaligen Kolonien dringend mehr Autonomie. "Für Länder wie Angola ist es durchaus möglich, in den kommenden Jahren ein Bruttoinlandsprodukt von 10.000 bis 15.000 US-Dollar pro Kopf und Jahr zu erreichen. Doch für die Bevölkerungsmehrheit ist dies ohne Belang."


Wachstum um jeden Preis als Stabilitätsproblem

Dahi zufolge haben die Ereignisse in der arabischen Welt gelehrt, dass Wirtschaftswachstum nicht vor Volksaufständen schützt. "Das sollte uns alle veranlassen, das im letzten Jahrzehnt erfolgreich gewordene 'Chinesische Modell' kritisch zu hinterfragen.

"Eine neoliberale Globalisierung mit ihren drei Eckpfeilern Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung hat sich nicht bewährt", fügte er hinzu. "Vielmehr lieferte sie die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen den Launen des internationalen Marktes und steigenden Rohstoffpreisen schutzlos aus und machte die LDCs von ausländischen Direktinvestitionen abhängig.

Dahi zufolge müssen die LDCs von den Zwängen der Strukturanpassung befreit werden. Schuldabschreibungen seien der erste Schritt, um die negativen Folgen der Strukturanpassung für die ärmsten Länder umzukehren, sagte er. Schätzungen zufolgen belaufen sich die Schuldenzahlungen der LDCs auf 90 Millionen US-Dollar am Tag. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.ilo.org/global/lang--en/index.htm
http://www.un.org/wcm/content/site/ldc/home
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55071

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2011