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FLUCHT/031: Irak - UN richtet Hotline für Vertriebene ein (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. August 2015

Irak: UN richtet Hotline für Vertriebene ein

von Kanya D'Almeida


Bild: © DFID - UK Department for International Development/CC-BY-2.0

Rund drei Millionen Iraker wurden aus ihren Häusern vertrieben
Bild: © DFID - UK Department for International Development/CC-BY-2.0

NEW YORK (IPS) - Die Vereinten Nationen haben eine Hotline eingerichtet, um besser auf die Bedürfnisse von aus ihren Dörfern vertriebenen Irakern eingehen zu können. Über die Hotline können diese Informationen zu Nothilfeeinrichtungen abfragen und erfahren, wo sie an Essen kommen, wo sie medizinische Hilfe erhalten können und wo Notunterkünfte aufgebaut sind.

Wegen der andauernden Krise im Irak mussten laut UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR allein seit Januar dieses Jahres 3,1 Millionen Menschen aus ihren Dörfern fliehen. Sie verteilen sich auf mittlerweile rund 3000 Orte im ganzen Land. Tausende Menschen halten sich in Gegenden auf, die für Hilfsorganisationen schwer zugänglich sind. Nicht nur sie, sondern weitere 5,1 Millionen Iraker sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Das ist fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung.

Die neue Hotline soll ab sofort von allen Mobiltelefonen aus dem Irak über die Nummer 6999 erreicht werden können. Sieben Mitarbeiter des UN-Büros für Projektdienste (UNOPS) sitzen laut Büroleiter Kareem Elbayar täglich von Sonntag bis Donnerstag von 8:30 bis 17:30 Uhr am Telefon und nehmen Anrufe entgegen. Sie sprechen Arabisch, Englisch und die beiden Kurdensprachen Sorani (Zentralkurdisch) and Kurmandschi (Nordkurdisch).

Die Hotline wurde eingerichtet, nachdem die Mobiltelefondichte für den Irak in einer Untersuchung vom August 2014 mit 90 Prozent angegeben wurde. Somit müsse auch fast jeder Vertriebene Zugang zu einem Handy eines Freundes oder Familienangehörigen haben, meint Elbayar. In seinem Bericht über die Ergebnisse der Untersuchung empfahl das Netzwerk 'Communicating with Disaster Affected Communities' (CDAC), eine ebensolche Hotline einzurichten.

Für die Pilotphase stehen 750.000 US-Dollar zur Verfügung. Das Geld wird von der UNHCR, vom Welternährungsprogramm (WFP) und dem Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) aufgebracht. Damit könne die Hotline etwa ein Jahr lang betrieben werden, so Elbayar.

Über die Pilotphase hinaus sollen viel mehr Mitarbeiter als bisher die Hotline betreiben. Schon jetzt stehen insgesamt 250 Telefonplätze zur Verfügung, sagt Elbayar. Allerdings fehle das Geld, um ebenso viele Menschen anzustellen.


Mit Flugblättern zur Hotline

Um die Hotline zum Leben zu erwecken, braucht es allerdings nicht nur Infrastruktur. Die Betroffenen müssen überhaupt erst erfahren, dass sie über die Telefonnummer Hilfe erhalten können. Deshalb werden von Hilfsorganisationen derzeit Flugblätter und Aufkleber in den Flüchtlingscamps verteilt. Allerdings leben rund 90 Prozent der Vertriebenen außerhalb dieser Lager.

Nun wollen sowohl die irakische Regierung als auch die regionale kurdische Regierung eine Massen-SMS an alle Mobiltelefonhalter der betroffenen Regionen senden. "Wir erhoffen uns, damit alle Menschen zu erreichen, die in Not sind."

Auf der Flucht sind die drei Millionen Iraker vor allem vor den Kämpfern des Islamischen Staates. Doch auch die Militäroperationen zu deren Bekämpfung haben viele Iraker aus ihren Häusern vertrieben.

Dem von EU und UNO gestarteten humanitären Hilfsplan 2015 für den Irak zufolge haben 6,7 Millionen Iraker keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. 7,1 Millionen Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Sanitäranlagen und Trinkwasser. 4,1 Millionen davon sind in schwerer Not.


Drei Millionen Kinder von Schulbesuch abgeschnitten

Rund 50 Prozent der Vertriebenen haben gar kein Dach über dem Kopf, 700.000 leben in Zelten oder verlassenen Gebäuden. Etwa drei Millionen Kinder und Jugendliche können nicht mehr zur Schule gehen.

Im Juni teilte OCHA zudem mit, dass ein großer Teil des Getreideanbaus im Irak unter der Kontrolle bewaffneter Kämpfer sei, die die Infrastruktur teils zerstört hätten, wodurch die Produktion signifikant gesunken sei.

Als Ergebnis sind etwa 4,4 Millionen Menschen von Nahrungsmittelpaketen abhängig. Viele sind unterernährt. Zehntausende müssen auf eine Mahlzeit pro Tag verzichten und etliche müssen ganze Tage auskommen, ohne überhaupt etwas zu essen. (Ende/IPS/jk/25.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/u-n-aid-agencies-launch-emergency-hotline-for-displaced-iraqis/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2015

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