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INTERVENTION/005: Südsudan - Regierung will verfeindete Kämpfer in Jonglei entwaffnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. Februar 2012

Südsudan: In Jonglei droht neue Gewalt - Regierung will verfeindete Kämpfer entwaffnen

von Grit Porsch


Berlin, 29. Februar (IPS) - Eine von der südsudanesischen Regierung eingeleitete Entwaffnungsinitiative im nördlichen Bundesstaat Jonglei, wo sich die traditionell verfeindeten Ethnien der Nuer und Merle seit Monaten bis aufs Blut bekämpfen, könnte neue Gewalt heraufbeschwören. Wenn die Waffen nicht freiwillig abgeliefert werden, soll die Armee eingreifen.

Vor Ort arbeitende zivile Organisationen wie das 'Enough Project Sudan', die Gruppe 'Small Arms Survey' (SAS) und die internationale Initiative PACT warnen vor einem Fiasko. Wenn die reguläre Armee (SPLA) die Kämpfer zwinge, ihre Waffen abzuliefern, werde sich die ohnehin schwierige Sicherheitslage in der Region weiter verschlechtern und die für die Zivilbevölkerung unentbehrlichen humanitären Hilfseinsätze der internationalen Gemeinschaft erschwert, warnen Analysten.

Auch das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) warnte Ende Februar: "Versuche, die Entwaffnung durchzusetzen, könnten die Spannungen in einer ohnehin angespannten Umgebung noch verstärken. Jongleis rivalisierende Gemeinschaften haben nicht die Absicht, ihre Waffen abzuliefern, selbst wenn die Regierung verspricht, die Entwaffnung gleichzeitig in allen Gebieten durchzuführen."

Die Ankündigung der Aktion, die Südsudans Präsident Salva Kiiri bei einer Kampagne in Jongleis Hauptstadt Bor mit martialischen Drohungen begleitete, lässt nichts Gutes erwarten. "Selbst wenn Du Gottes Sohn bist, werden wir Dich bekämpfen", warnte er. "Wer nicht hören will, wird keine Chance haben, der Armee zu entkommen." Der Militärsprecher Philip Aguer schätzt die Zahl der zu konfiszierenden Waffen auf 20.000.

Gegenüber dem UN-Informationsdienst IRIN erklärte Jongleis Sicherheitsminister Gabriel Duop Both kürzlich: "Ich denke, es ist besser, wenn die Regierung vielleicht 100 Menschen tötet anstatt zuzulassen, dass Einheimische 3.000 Zivilisten umbringen."


Menschenrechte schützen

In einer gemeinsamen Erklärung forderten SAS, PACT und die Gruppe dänischer Minenräumer (DDG) die südsudanesische Regierung in Juba auf, die schlechten Erfahrungen mit Entwaffnungsoperationen zu beherzigen und dafür zu sorgen, dass dabei nicht wie früher Menschenrechte verletzt werden. Darin betonte die Gruppe: "Die Entwaffnungsversuche in Jonglei waren begleitet von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung wie Massenhinrichtungen, Folter, Vergewaltigungen, Waffendiebstahl und die Vertreibung von Zivilisten."

Für Meluth Kur Jok, der vor wenigen Wochen in seinem Dorf Woulang erlebt hatte, wie fünf enge Verwandte ermordet und 80 Kinder verschleppt wurden, ist der gewaltsame Konflikt noch längst nicht vorbei. Er sagte gegenüber IRIN: "Die Kämpfer der Merle sind immer noch in der Nähe. Wir warten auf sie und übernachten lieber im Busch als in unseren Häusern. Nichts hat sich geändert, der Krieg geht weiter." (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.smallarmssurvey.org
http://www.pactsudan.org/
http://www.enoughproject.org/
http://www.irinnews.org/report.aspx?reportid=94978

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2012