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STANDPUNKT/067: Flugverbotszone - Nach dem Völkerrecht ist das Aggression (Falkenhagen/Queck)


Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen gegen die Luftwaffe der legitimen Regierung bedeutet Unterstützung von terroristischen Aufständischen und Separatisten. Nach dem Völkerrecht ist das Aggression

Von Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck, 14. März 2011


Wir haben es auch in Bezug auf Libyen mit dem Phänomen zu tun, dass Menschen hier im Westen nicht mehr richtig informiert sind, dass sie nicht mehr in der Lage sind, politische Vorgänge in richtige Zusammenhänge zu stellen und dass die etablierten Medien auch versuchen, ihnen das logische Denken abzugewöhnen. Die Kriegspropaganda versucht uns zu vermitteln, dass ein Schwerverbrecher in Tripolis, namens Muammar al-Gaddafi, unbedingt gestürzt werden muss. Mit diesem Mann haben die gleichen Politiker, die ihn sozusagen über Nacht verdammt und zum Monster gemacht haben, über 7 Jahre (spätestens seit 2004) in bestem Einvernehmen kooperiert. Gaddafi wurde z. B. von Condoleezza Rice und Tony Blair, von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel hofiert und sogar empfangen.

Und der sog. Revolutionsführer Gaddafi war willens zur Kooperation und befand sich im guten Glauben, dass seine Kompromissbereitschaft, die bis an die äußersten Grenzen des Machbaren bezüglich Souveränitätsrechten ging, ihm und seinem Land sowie auch der arabischen Welt und Afrika hilft, eine weitere Aggression seitens der USA( die seit dem Überfall der USA im Jahre 2003 auf den Irak, der trotz dessen Eingehen auf die vom Westen geforderte Raketenabrüstung überfallen wurde) von seinem Lande und von Afrika fernzuhalten.

Er hat in der Frage der Atomwaffen, chemischen und biologischer Waffen nachgegeben und diesen Waffen abgeschworen, er hat sogar auf Atomenergie verzichtet, er hat mit westlichen Ländern umfassende Verträge der Wirtschaftskooperation abgeschlossen und er arbeitete im sog. Antiterrorkampf eng mit den westlichen Ländern zusammen. Was die so genannten Menschenrechte anbelangt, so griff in seinem Lande eine Großzügigkeit um sich, wie sie in keinem EU-Land, geschweige denn in den USA, praktiziert wird. Der seit 2007 amtierende Justizminister Mustafa Abdul Jalil durfte sogar schlimme Terroristen amnestieren. Mit anderen Worten, Gaddafi hat quasi auf ein wirksames Vorgehen gegen militante Oppositionelle verzichtet.

Wenn man so will, wurde Gaddafi ein Verbündeter des Westens im Kampf gegen Al Qaida. Allerdings hat Gaddafi sich nicht Al Qaida als Feind auserkoren, denn wenn es so was wie Al Qaida überhaupt gibt, dann steht sie als Terrororganisation im Dienste der USA.

Ist Muammar al-Gaddafi dem Westen und ihren Finanzoligarchen noch nicht genügend entgegengekommen? Gaddafi ist in vergangenen Jahrzehnten von den westlichen Staaten schon einmal als ein Monster bezeichnet worden. Aber denken wir daran, dass er von ihnen dazu erklärt wurde, als er an der Vereinigung der arabischen Länder arbeitete!

Und jetzt? Gaddafi hat zur Wahrung der libyschen Souveränität noch ein paar Restriktionen aufrechterhalten:

1. durften sich ausländische Investoren an libyschen Firmen nur bis zu 49 % beteiligen;

2. gibt es in Libyen nach wie vor keine Bettler und auch im eigentlichen Sinne keine armen Leute, weil die Erdöleinnahmen breit unter dem Volk verteilt werden;

3. gab es nicht die für kapitalistische Länder typischen krassen Gegensätze zwischen Arm und Reich;

4. das Elend der Arbeitslosigkeit gab es dort auch nicht, und es wird sie nicht geben, solange Muammar al-Gaddafi das Sagen hat. Aber schon ein solches Herangehen wird heute von den westlichen Finanzoligarchen offensichtlich als unzumutbare Schmälerung ihrer Profitinteressen betrachtet, was dann auch in ihren Augen. im Klartext gesprochen, ein militärisches Eingreifen rechtfertigt. Und Libyen verfügt über große Erdöl- und Erdgasvorräte.

Militärisches Eingreifen in Libyen scheint unter diesem Aspekt betrachtet, eine logische Konsequenz des Raubtierkapitalismus zu sein.

Nehmen wir an, die USA und andere NATO greifen nun in Libyen militärisch ein, so kann Muammar al-Gaddafi wahrscheinlich gestürzt werden, aber das würde für die USA und den Westen verheerende Folgewirkungen in der internationalen Politik haben.

Man würde dann weltweit zu der Erkenntnis gelangen, dass Zugeständnisse an die USA und andere westlich-kapitalistische Staaten, einem Staat, der nur annähernd seine Souveränität schützen will, rein gar nichts bringen, sondern im Gegenteil, ihn und seine Bevölkerung in tödlicher Weise gefährden, was nach Jugoslawien, Afghanistan, dem Irak nun auch in Libyen der Fall wäre.

Der Deckmantel unter dem der Westen wieder einmal für Demokratie und Menschenrechte in den Krieg zu ziehen würde, würde dem Westen schließlich und endlich nichts mehr nützen.

Den Libyern und allen Menschen des afrikanischen Kontinents drohen - sollte die NATO in Libyen militärisch eingreifen und wie in Jugoslawien, dem Irak und in Afghanistan dort stationiert bleiben - schreckliche Folgen sozialer Verelendung.

Und zwar noch größer als die, die durch die sog. Regulierungsmaßnahmen des Westens unter dem IWF und Weltbank bereits sichtbar wurden, weil der Westen natürlich keine Politiker mehr dulden würde, die die Einkünfte aus den Erdöl- und Erdgasgeschäften den breiten Volksmassen zugute kommen lassen wollen. Nach Europa würden im Rahmen von Kriegen, Zerstörung und Hunger Hunderttausende von Flüchtlingen strömen, eine Frage, die Gaddafi zu Recht in seiner letzten Rede angeschnitten hatte. Die Rolle, diese Flüchtlingsströme aufzuhalten und im Notfall zu erschießen, würde dann augenscheinlich die NATO übernehmen, die dann aber von ALLEN afrikanischen Staaten als Unterdrückungsinstrument des Westens wahrgenommen werden würde. Welche Folge das haben könnte, kann man sich ausmalen. Vielleicht wären wir dann einer wirklichen umfassenden Volksrevolution in der Welt näher, als man heute zu glauben wagt.

Folgender Widerspruch der westlichen Staaten und auch mehrerer Linken in ihrer Argumentation bezüglich des notwendigen Sturzes von Muammar al-Gaddafi ist die Tatsache, dass Gaddafi keine offizielle Regierungsfunktionen in Libyen inne hat, so dass schon die Frage steht, aus welcher Funktion er eigentlich entfernt werden soll. Den symbolischen Namen Revolutionsführer, hat er sich 1969 erworben und den kann er nicht einfach so ablegen.

Dann redet der Westen von einem Volksaufstand und einer Demokratiebewegung in Libyen, die man militärisch unterstützen müsse, obwohl es de facto beides nicht gibt, wie das z. B. in "Welt im Blick aktuell" (http://www.welt-im-blick-de/index/2011-03/gadhafi-libyen-propaganda.php) oder Zettels Raum in (http://zettelsraum.blogspot.com) recht gut dargestellt wird.

Es gab einen Aufstand von Anhängern des früheren Königs Idris I. und der Senussi-Brüderschaft im Osten Libyens, der von westlichen Geheimdiensten unterstützt worden ist.
Diese entsandten auch sofort ihre bewaffneten Interbrigaden, mit deren Hilfe es gelang, einige Küstenstädte in der Cyrenaika und weiter westlich zu besetzen und zwar genau nördlich und nordöstlich der Haupterdölfördergebiete Libyens. Doch ist das Gebiet Bengasi, bzw.Teile der Cyrenaika wirklich in den Händen von Rebellen? Dort hat sich, wie wir aus berufener Quelle erfuhren, bereits Widerstand gegen die neuen Usurpatoren der Macht formiert. In Bengasi wurde am 12. März bei einem Anschlag ein Kameramann des Senders El Dschasira getötet, ein weiterer Kameramann wurde schwer verletzt. Der Sender hat seinen Sitz in Katar, dessen regierender Scheich sich voll den USA unterworfen hat und deswegen diktatorisch dort mit harter Hand gegen das Volk regieren darf. Der Anschlag erfolgte durch eine der im Raum Bengasi tätigen Kampfgruppen der libyschen Zentralregierung, die bereits erfolgreich Angriffe gegen die Kräfte des Nationalrats von Mustafa Abdul Jalil unternommen haben.

Aus Städten wie Syrte, Bin Dschawad, Misrata, Ras Lanuf und Brega wurden die Rebellen inzwischen bis zum 14. März wieder von Regierungstruppen vertrieben. Der militärische Sieg fiel den libyschen Truppen auch leicht, soweit sie es nur mit ein paar libyschen Rebellen zu tun hatten. Das Problem waren die Interbrigaden, und als diese zum Kampf gegen die regulären libyschen Truppen antraten, zeigte sich nachweisbar, dass die Aggression ausländischer Mächte schon im Gange war, bevor die USA und NATO offiziell verkündeten, militärisch eingreifen zu wollen.
Auffällig ist nun in der Tat, dass es die USA mit ihren NATO-Alliierten sind, die offiziell in Libyen eingreifen wollen.

Doch wenn überhaupt ein militärisches Eingreifen nach UNO-Recht zu rechtfertigen wäre, zum Beispiel im Falle eines wirklichen Völkermordes, (der ja nicht stattgefunden hat, da russische Satellitenfotos und Nachrichten unabhängiger Journalisten aus verschiedenen Ländern zufolge, es kein vom Westen erlogenes Bombardement von Gaddafi-Truppen auf friedliche Demonstranten gegeben hat!), läge es nahe, damit eben nicht Truppen der USA und der NATO zu beauftragen, sondern von den UNO mandierte Truppen, bzw. Truppen der Staaten der Arabischen Liga.

Da das aber der Westen nicht zulassen will, wurden deutlich vor den Augen der Weltöffentlichkeit die wahren Ziele einer drohenden NATO-Militärintervention entlarvt, nämlich die Inbesitznahme der Erdöl- und Erdgasfelder Libyens seitens der USA und Großbritanniens, sowie die geplante Degradierung des libyschen Volkes zu einem Volk von Arbeitssklaven und Heloten.

Man argumentiert, dass sich in Libyen eine vom Volk getragene Gegenregierung gebildet habe. Aber wie ist die Lage wirklich? Mit Stand vom 14. März 2011 hatten die so genannten Rebellen noch Bengasi und das Umfeld in der Hand. Dort bildeten sich zwei konkurrierende Nationalräte, einer unter dem bisherigen Justizminister der Regierung in Tripolis, Mustafa Abdul Jalil, der andere unter Rechtsanwalt Hafiz Ghoga. Dann hat sich auch eine Regierung des sog. Emirats der Cyrenaika gebildet, die im Gegensatz zu den beiden Nationalräten wirklich eine gewisse lokale Massenbasis hat. Letztere werden aber vom Westen als islamische Extremisten angesehen. Der französische Präsident Sarkozy, der sich über Jahre als Busenfreund Gaddafis gerierte, erkennt nun den Nationalrat in Bengasi an, aber man erfährt nicht, welchen er anerkannt hat.

Dann werden in Europa, auch in Deutschland libysche Konten quasi beschlagnahmt, auf denen sich Einnahmen vor allem aus Öl- und Erdgasexporten befinden.
Das ist ein Verfahren, das durch kein Gesetz der Welt, schon gar nicht durch die UNO-Charta, gedeckt ist!!

Die EU-Oberen haben vom 11. März an 5 libysche Finanzinstitutionen unter Finanzquarantäne gestellt. Die deutsche Regierung hatte schon einen Tag vorher die Einfrierung der Gelder folgender Institutionen beschlossen: der Libyan Investment Authority, der Libyan Foreign Bank und der Libya Afrika Investment Portfolio. Ferner geht es um die Beschlagnahme von Beteiligungen der Tamoil-Gruppe, der HypoVereinsbank-Mutter Unicredit, am Autobauer Fiat und weiteren Unternehmen, sogar am italienischen Fußballclub Juventus Turin. Betroffen seien 14 verschiedene deutsche Banken, heißt es. Dann wird ein Bürger mit EU-Pass namens Mustafa Zarti der Liste von 26 libyschen Führungspersonen hinzugefügt, deren Konten gesperrt sind.
Bei einem solchen Vorgehen, noch dazu bei der oben geschilderten Vorgeschichte, stellt sich natürlich auch die Frage:
Welcher ausländische Anleger soll denn da noch Vertrauen von Geldanlagen in EU-Ländern und damit auch in Deutschland haben?

Man soll nun nicht mit dem Schwachsinn kommen, das würde nur undemokratische Staaten treffen und man müsse sich bedroht fühlen, weil diese undemokratisch seien. Solche Heuchelei stinkt zum Himmel. Es gibt in der ganzen Welt keinen Staat mit lupenreiner Demokratie. Es gibt nur ganz wenige Staaten in der Welt, in denen man gerade mal von einer halbwegs funktionierenden Demokratie sprechen kann. In Sachen Demokratie kann man willkürlich fast jeden UNO-Staat am Zeug flicken, auch oder gerade dem Staat USA bzw. den Staaten Europas.

Das heißt, jeder könnte so auf die Abschussliste gesetzt werden und man könnte ihm unter diesem Vorwand sein Vermögen rauben. Und wenn man schon die Frage stellt, wer in Sachen Demokratie besser als der andere ist, so muss zumindest anerkannt werden, dass Libyen unter Muammar al-Gaddafi Vorbild in der Welt für Basisdemokratie ist. Es besteht ein von unten nach oben entwickeltes Volkskongresssystem. Das baut sich auf frei gewählten lokalen und regionalen Volkskomitees auf (rd. 15.000). Verschwiegen wird auch, dass Gaddafi in der Frage der Einführung einer neuen Verfassung den westlichen Ländern entgegenkam. Vor allem sein Sohn Saif fungierte als der öffentliche Vertreter von Menschenrechtsreformen (the public face of human right reforms).
Die Gaddafi-Stiftung gab 2009 und 2010 jeweils einen Bericht über Menschenrechte in Libyen heraus, die international Anerkennung fanden. Oder denken wir an die großzügige Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern, obwohl diese sich zumindest der schwerwiegenden fahrlässigen Tötung schuldig gemacht hatten.

Jetzt soll es zum bewaffneten Eingreifen der NATO in Libyen kommen. Vorausgeschickt wurden seitens der USA Frankreich und Großbritannien. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy fordert eine Militärintervention, mindestens aber die Errichtung von Flugverbotszonen, obwohl das nach dem Völkerrecht ebenfalls eine Aggression darstellt.

Es muss nochmals betont werden: in Libyen kämpft eine Bürgerkriegspartei gegen die legale Regierung. Die sog. Opposition ist schwer bewaffnet. Hier von außen einzugreifen, wäre völkerrechtswidrig!! Und seitens des Westens ausgerechnet für die aufständische Rebellenseite Partei zu ergreifen, für diese militärisch tätig zu werden, oder sie gar diplomatisch als einzige rechtmäßige Regierung anerkennen zu wollen, obwohl sie in der absoluten Minderheit ist und lediglich die Interessen von ostlibyschen Stämmen vertritt, deren Führer teils im Dienst ausländischer Mächte stehen, von diesen ausgerüstet und finanziert werden, ist ein offen räuberisches und in jeder Hinsicht rechtloses Vorgehen!

Als Vorwand will man die infame niederträchtige Lüge benutzen, Gaddafi würde nicht nur sein Volk mit Waffengewalt und mit der Luftwaffe bekämpfen, sondern auch chemische Waffen gegen sein Volk einsetzen. Nun, im Irak haben die Amerikaner noch mit der Lüge aufgewartet, Saddam Hussein würde Atomwaffen besitzen. Das geht nach den umfassenden Inspektionen durch die Internationale Atomenergieagentur in Libyen nicht mehr. Also verfällt man auf eine noch niederträchtigere und infamere Lüge:
Gaddafi setzte chemische Waffen gegen sein eigenes Volk ein. Aber was könnte im Rahmen der Rechtfertigung einer Aggression von außen als chemische Waffe gelten? Als chemische Waffe kann man schon Tränengas ansehen, das im Übrigen der Westen gegen eigene Demonstranten schon lange einsetzt!

Italien und Malta sind gegen ein militärisches Eingreifen in Libyen. Sie sind jetzt schon die Hauptleidtragenden der Sanktionen gegen Libyen unter den 27 EU-Mitgliedern und haben die größte Zeche durch die ausfallenden Erdöl- und Erdgasimporte aus Libyen zu zahlen. Sie leiden auch am meisten unter den Flüchtlingsströmen, die in die Millionen zu gehen drohen. Auch weitere Staaten wie Griechenland sind gegen eine Aggression von außen. Alle Westeuropäer zahlen für den Libyen-Wahnsinn schon jetzt mit beträchtlich höheren Preisen, insbesondere höheren Benzin- und Dieselpreisen, auch z. B. höheren Heizölpreisen und das drückt sich auch durch den Fall des Daxes auf den internationalen Börsen aus.

Nun wollten EU und NATO ein militärisches Eingreifen in Libyen von einem entsprechenden Beschluss der Arabischen Liga abhängig machen.
Den Beschluss haben sie sich inzwischen mit allerlei Tricks beschafft, aber nur dem Scheine nach. Was ist da gelaufen?

Der derzeitige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, sagte in einem Spiegel-Interview, dass die Durchsetzung einer Flugverbotszone von der Beschlusslage des UN-Sicherheitsrats abhängig gemacht werden sollte. Er betonte, dass die Afrikanische Union und die Arabische Liga gegen eine bewaffnete Intervention sind.
Dann tagte in der Tat am 12. März 2011 eine Außerordentliche Außenministerkonferenz der Arabischen Liga. Kann die aber Beschlüsse über die Errichtung einer Flugverbotszone in einem anderen arabischen Land fassen, das Mitglied der Liga ist?

Nun lief am Sonnabend/Sonntag den 12./13. März, die Nachricht über die westlichen Nachrichtenticker, nach der die Arabische Liga vom UN-Sicherheitsrat die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen fordert. Der Rat der Arabischen Liga habe damit eine wichtige Voraussetzung für das internationale Eingreifen in Libyen gefordert, hieß es.

Man könnte daraus ableiten, dass die arabischen Staaten eine Militärintervention der USA und NATO in Libyen gutheißen.

Das ist aber eindeutig falsch!!

Der Rat der Arabischen Liga, auch ein Außenministetreffen der Arabischen Liga, können nicht Beschlüsse fassen, wie die Einrichtung einer Flugverbotszone über ein anderes Land, geschweige denn über ein Mitgliedsland. Wenn in dieser Richtung überhaupt etwas passieren soll, kann er nur einstimmig angenommene Empfehlungen geben. Wichtigste Aufgabe der Arabischen Liga ist der Schutz und die Verteidigung der Souveränität sowie der territorialen Integrität aller Mitgliedsländer.

Der Rat der Arabischen Liga oder auch eine Außenministerkonferenz können nach der Satzung der Arabischen Liga für ein arabisches Mitgliedsland Empfehlungen herausgeben, die nur als bindende Beschlüsse gelten, wenn dieses selbst zugestimmt hat.

Bindende Beschlüsse müssen zudem von den Staatsoberhäuptern und Regierungen der betreffenden Länder gebilligt werden. Auf dem Außenministertreffen der Arabischen Liga am 12. März 2011. war aber Libyen offiziell gar nicht zugelassen, so hieß es zumindest, obwohl am Tagungsort eine Delegation aus Libyen anwesend war. In Abwesenheit der Vertreter eines arabischen Staates kann aber nach der Satzung der Arabischen Liga über diesen schon gar nichts entschieden werden.

Zudem kann man nicht einmal von einem Mehrheitsbeschluss bzw. einer Mehrheitsempfehlung der insgesamt 22 Mitgliedsländer der Arabischen Liga (ohne Libyen wären es 21) sprechen.
Für das betreffende Ersuchen an den UN-Sicherheitsrat sprachen sich nur Ägypten, Saudi-Arabien, der Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait, der Irak, Katar und Bahrain aus und auch das nur unter dem Vorbehalt, dass in Libyen keine ausländisches militärisches Eingreifen stattfinden dürfe.

Staaten wie Algerien, der Sudan, Syrien, der Libanon, Jemen sprachen sich konsequent auch gegen den dann vorgelegten Text aus, der als Ersuchen an den Weltsicherheitsrat zur Errichtung einer Flugverbotszone gelten soll.

Einige arabische Regierungen sprechen vom gewaltigen politischen Druck, der seitens der USA und anderer NATO-Staaten zur Annahme eine Resolution über die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen ausgeübt worden sei. Die Weltöffentlichkeit weiß bis zum heutigen Tage nicht, wie viele der 21 arabischen Außenminister da überhaupt zugestimmt oder teilweise zugestimmt haben.
Es heißt, es sei nur eine Minderheit gewesen. Manche sprechen nur von einer Diskussionsrunde, die da in Kairo stattgefunden habe.

Dass dann ein angeblich verabschiedeter gemeinsamer Beschluss zustande kam, der die [Berechtigung] zur Einrichtung einer Flugverbotszone für Libyen beinhaltet, ist höchst zweifelhaft!
Zumindest ist klar, dass sich ein gemeinsamer Beschluss der Arabischen Liga in sehr unkonkreter Form an den UN-Sicherheitsrat wendet. Es wird dort auch nicht formuliert, welche Staaten die Flugverbotszone durchsetzen sollen und welchen Raum von Libyen diese Flugverbotszone erfassen soll.
Zudem ist, wie gesagt, in der Formulierung die Ablehnung jeglicher Militärintervention in Libyen von Außen enthalten.
Das würde bedeuten, dass nur Fliegerstaffeln mit UNO-Hoheitszeichen in den libyschen Luftraum eindringen dürfen, um die libysche Luftwaffe an Militäroperationen über libyschem Luftraum zu hindern.

Es gibt Kommentatoren, die davon ausgehen, dass die Aufstandsregierung in Bengasi von Ägypten aus mit Waffen und Militärberatern unterstützt wird.
Ziel der ägyptischen Regierung sei es, die Cyrenaika mit den Haupterdölgebieten von Libyen abzuspalten, so dass im Endergebnis Ägypten als neue arabische Ordnungsmacht mit oder ohne Auftrag der USA die Verfügungsgewalt über einen Teil Libyens und besonders über seine Haupterdölfelder und Haupterdgasstätten erlangen würde.
Daraus soll auch die Forderung des ägyptischen Militärrats resultieren, den Nationalrat in Bengasi anzuerkennen.
Der Verlauf der außerordentlichen Sitzung der arabischen Außenminister am 12. März könnte nun gezeigt haben, dass Ägypten an einem Eingreifen arabischer Staaten in Libyen mit einer UNO-Ermächtigung interessiert ist.

Amr Moussa war deswegen wohl mit einer begrenzten Flugverbotzone für die Luftwaffe Gaddafis mit Mandat des UN-Sicherheitsrats einverstanden.

Möglicherweise will er sie auf Ostlibyen beschränkt sehen. Dies würde in der Tat auf eine Teilung Libyens abzielen.
Das alles könnte die Meinungen bestätigen, die davon ausgehen, dass Ägypten, bzw. sein Militärrat, die Rebellen in der Cyrenaika von Anfang an mit der Zielsetzung unterstützte, einen Zugriff zu den ostlibyschen Erdölfeldern zu erlangen.
Das wiederum aber dürfte aber der Absicht der USA und Großbritanniens zuwiderlaufen, die daran interessiert sind, dass ihre Konzerne die Erdöl- und Erdgasfelder, sowie die Erdölraffinerien, Libyens selbst in Besitz nehmen.

Generell gilt festzustellen: Das Ersuchen der Arabischen Liga beinhaltet nicht, der USA bzw. der NATO, eine Ermächtigung zu einer Militärintervention, geschweige denn zu einem Kreuzzug des westlichen Abendlandes gegen die arabische Welt, gegen das islamische Morgenland, zu geben.

Der deutsche Bundesaußenminister Westerwelle beeilte sich deswegen auch zu der Feststellung, dass der Eindruck vermieden werden müsse, die NATO plane einen Kreuzzug gegen den Orient und Arabien.
Dass Westerwelle dies so sagte, hatte natürlich seinen Grund darin, dass er den berechtigten Eindruck, die NATO plane eine Militäraggression, wegwischen wollte.

Es gibt derzeit Initiativen zu Lösung des Libyenkonflikts durch die Afrikanische Union, durch die Gruppe der lateinamerikanischen ALBA-Staaten und auch seitens der UNASUR, dem südamerikanischen Staatenbund. Zu ALBA gehören Venezuela, Antigua und Barbuda, Bolivien, Dominica, Ecuador, Kuba, Nicaragua, St. Vincent und die Grenaden. Einen Beobachterstatus haben: Paraguay, Uruguay, der Iran und Syrien. Ausgeschieden ist Honduras, in dem durch einen vom Westen geplanten und finanzierten Umsturz, eine USA-hörige Regierung etabliert wurde. Zur UNASUR gehören südamerikanische Staaten wie Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay, Chile, Peru, Venezuela.
Diese Staaten bilden neben Russland, der VR China und Indien, sowie deren Verbündeter, weitere Machtfaktoren, mit denen die USA wenn sie fortfahren, auf Kriegskurs zu gehen, in bedrohlicher Weise zu rechnen haben.

So entsteht für die USA und ihre Mitläuferstaaten zunehmend eine erdrückende Übermacht, sozusagen ein Macht-Gegengewicht. Das entscheidende Gegengewicht wird aber der Widerstand der Völker der Welt gegen die Finanzoligarchen der USA werden, die die Welt beherrschen wollen. Ein neuer Krieg des Westens gegen Libyen wird diesen Widerstand weiter befördern. Dann könnten die USA samt ihrer Verbündeten schnell in eine Situation gelangen, in die auch Hitlerdeutschland mit seinen Verbündeten nach wiederholten Aggressionen gelangte, nämlich in den unabwendbaren Untergang.

Was könnten die unmittelbaren Folgen eines neuen NATO-Krieges - diesmal gegen den souveränen Staat Libyen - sein?
Die erste schwerwiegende Folge eines Libyenkrieges würde ein neues Wettrüsten sein, weil das Vertrauen der Staaten auf das Völkerrecht und seine internationale Institution - die UNO - auf Null absinken würde. Das internationale gegenseitige Vertrauen der Staaten zueinander würde vollends untergraben werden.

Zu berücksichtigen ist ferner dass sich das Ganze im Atomzeitalter abspielt. Die Welt könnte in weiteren Kriegen also auch im atomaren Inferno untergehen. Die derzeit stattfindenden Explosionen in japanischen Atomkraftwerken wären dann nur Vorboten dafür.


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Quelle:
Copyright 2011 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2011