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STANDPUNKT/845: Vietnam als Ausrichter und Beispiel für den Gipfel Trump-Kim (Gerhard Feldbauer)


Vietnam als Ausrichter und Beispiel für den Gipfel Trump-Kim

Vergleiche hinken allerdings

von Gerhard Feldbauer, 1. März 2019


Mit der Ausrichtung des zweiten (inzwischen gescheiterten) Gipfeltreffens der Präsidenten der USA und der Demokratischen Volksrepublik Korea (DVRK), Donald Trump und Kim Jong Un, rücke Vietnam mit seinen Anstrengungen, zur Sicherung des Friedens beizutragen, erneut in den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit, schrieb Vietnam News Agency (VNA). In Erinnerung daran, dass Vietnam im November 2017 in Da Nang das Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) erfolgreich ausgerichtet hatte, meinte die staatliche Nachrichtenagentur, der Gipfel gebe erneut die Gelegenheit, diese Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. VNA hebt hervor, dass das hochrangige Treffen mit dem 20. Jahrestag der Würdigung Hanois durch die UNESCO 1999 als "Stadt des Friedens" zusammenfällt.

Die Sozialistische Republik Vietnam (SRV) profitierte von der Ausrichtung des Gipfels auf vielfältige Weise. Für Hotels, Restaurants und Geschäftsleute klingelten die Kassen. Das Fünf-Sterne-Hotel "Metropole", das frühere Thong Nhat (Wiedervereinigung) mit seinen 364 Zimmern, mehreren Suiten, Restaurants und Bars, einem Pool und mit Preisen pro Nacht ab 250 Euro, war seit Wochen ausgebucht. Findige Textil-Händler produzierten gemixte Fahnen mit den US-Strips und dem roten Stern Nordkoreas und Shirts mit den Konterfeis von Trump und Kim, die reißenden Absatz fanden. Von den über Tausend ausländischen Journalisten, die aus Hanoi berichteten, erwartete man einen Auftrieb für die Tourismusbranche.

Um größere Beträge ging es beim Treffen des US-Präsidenten mit seinem vietnamesischen Amtskollegen Nguyen Phu Trong, der gleichzeitig Generalsekretär der KP Vietnams ist. Nachdem Trump Vietnam für die Ausrichtung des Gipfels gedankt hatte, wurden, wie VNA berichtete, in ihrem Beisein mehrere Handelsverträge unterzeichnet, darunter über den Kauf von 100 Flugzeugen des Typs Boing 737 MAX. US-Medien vermeldeten, dass die neue vietnamesische Fluglinie Bamboo Airways zehn Flugzeuge vom Typ Boeing 787-9 Dreamliner kauft. Die Verträge werden auf ein Gesamtvolumen von mehr als 21 Milliarden US-Dollar beziffert. Bereits 2016 hatte Vietnam bei einem Besuch Barack Obamas in Hanoi 100 Maschinen dieses Typs gekauft. Zur Beratung der weiteren Kooperation traf Trump auch mit Ministerpräsident Nguyen Xuan Phuc zusammen.

Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen 1995, 20 Jahre nach Kriegsende 1975, ist es Schritt für Schritt zu einer vielseitigen Zusammenarbeit gekommen, die selbst militärische Aspekte einschließt. US-Kriegsschiffe ankern in Da Nang, der einst größten US-Luft- und Marine-Basis im Krieg gegen den sozialistischen Norden und die Befreiungsbewegung im Süden. Voriges Jahr war der Flugzeugträger "Carl Vinson" zu Besuch. Das sozialistische Vietnam ist zu einem der führenden Wirtschaftsmächte Südostasiens aufgestiegen und auf Platz 16 der wichtigsten Handelspartner der USA gerückt. US-amerikanische Unternehmen sind mit Milliarden an 834 Projekten (Stand 2018) beteiligt. Rund 30.000 Vietnamesen befinden sich derzeit zu Studien, Praktika oder anderweitigen Fortbildungen in den USA. Im Juli 2015 war mit Trong erstmals ein Generalsekretär der Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) offiziell zum Besuch in die USA eingeladen worden. Sicher mit Blick auf seine Begegnung mit Kim nannte Trump die "rasante wirtschaftliche Entwicklung" Vietnams als "beispielhaft". Vorher hatte er auf Twitter verkündet: "Vietnam gedeiht wie wenige Orte auf der Welt".

Wenn in den Berichten der ausländischen Journalisten die Entwicklung der Beziehungen Vietnams zu dem ehemaligen Kriegsgegner als Beispiel für Pjöngjang gepriesen wurde, dann wurden gravierende Unterschiede meist unterschlagen. Vietnam ging aus diesem Krieg als Sieger hervor, auch wenn es das nicht herausstellte und den USA die Hand zum Frieden reichte. Washington versucht bis in die Gegenwart, Vietnam im Konflikt mit China (um die Spratly-Inseln) auf seine Seite zu ziehen. Es sind vergebliche Versuche, deren Zurückweisung auch ohne Atomwaffen auf der konventionellen militärischen Stärke der SRV beruht.

In Korea endete der Krieg 1953 mit einem Waffenstillstand, die Aggression der USA scheiterte, weil die Volksrepublik China der Koreanischen Volksdemokratischen Republik (KVDR, damalige Bezeichnung des kommunistischen Nordens) militärisch zu Hilfe kam. Kims Faustpfand in den Verhandlungen mit Trump ist sein atomares Potenzial. Es ist verständlich, dass der Nordkoreaner, die Lehren Libyens vor Augen, ohne Zugeständnisse und zuverlässige Garantien seitens der USA auf diese Waffe nicht verzichtet. Trump war schon zu Zugeständnissen (Aufhebung der Sanktionen gegen die DVRK) nicht bereit. Daran ist der Gipfel gescheitert. Dabei war man zur Verhandlung über beiderseitige Garantien noch gar nicht gekommen.

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Quelle:
© 2019 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. März 2019

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