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LAIRE/1066: Justizerfolg für Bombodrom-Gegner (SB)


Kein Luft-Boden-Schießplatz in Nordbrandenburg

Bundeswehr verliert Berufungsverfahren


Seit Jahren wird die Bundeswehr von einer Armee der Landesverteidigung zu einer Interventionsarmee umgebaut. Zugleich strebt Deutschland nach mehr Einfluß auf der Weltbühne und will neben seiner wirtschaftlichen Bedeutung als Exportweltmeister auch politisch mehr Einfluß gewinnen, gegebenenfalls unterstützt durch militärische Einsätze.

Nun ist die Bundeswehr mit ihren Plänen hinsichtlich des sogenannten Bombodroms als Luft-Boden-Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heider gescheitert. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg bestätigte am heutigen Freitag ein Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam aus dem Jahr 2007, durch das die Betriebserlaubnis des Übungsplatzes aufgehoben wurde. Eine Revision des OVG-Urteils ist zwar zulässig - der juristische Streit könnte also auch nach über 15 Jahren weitergeführt werden -, ihr werden aber keine großen Erfolgsaussichten zugeschrieben.

Für die Region ist dies sicherlich ein großartiger Erfolg, der kräftig gefeiert werden dürfte ... vor dem Hintergrund der generellen Militarisierung der Gesellschaft und der zunehmend schärfer konturierten globalhegemonialen Bestrebungen der Bundesrepublik Deutschland als Mitglied der EU und der NATO kommt dem OVG-Urteil jedoch nur eine geringe Bedeutung zu. Allein aus der Tatsache, daß die Bundeswehr, ihre NATO-Partner sowie Nicht-NATO-Mitglieder wie Österreich oder Schweiz auf dem 142 Quadratkilometer großen ehemaligen sowjetischen Militärstützpunkt jährlich 1700 Einsätze - mehr als alle Einsätze in der Bundesrepublik im Jahr 2007 zusammen! - mit Kampfbombern, die teils in 150 Metern Höhe über die Köpfe der Anwohner donnern, fliegen wollte, zeigt die hohe Kriegsbereitschaft der Bundeswehr und ihrer Verbündeten.

Und daß die Luftwaffe im Jahr 2017 nicht die gesamte Tornado-Flotte durch den Eurofighter ersetzen will, sondern 85 Tornados aufbewahrt, zeigt darüber hinaus, daß deutsche Kampfpiloten weiterhin darin ausgebildet werden sollen, Kernwaffen - im Militärjargon werden sie als "ungelenkte Munition" bezeichnet - abzuwerfen. Deutschland selbst besitzt keine Kernwaffen, aber über die nukleare Teilhabe dürfen auch deutsche Tornado-Kampfpiloten sie ins Ziel befördern. Das Bombodrom in Nordbrandenburg hätte sich aufgrund seiner Größe für das Trainieren des Loft-Verfahrens, das beim Abwurf von Kernwaffen angewendet wird, geeignet, auf den Übungsplätzen Nordhorn und Siegenburg ist das nicht möglich. Dieser Umstand dürfte einer der Gründe für das beharrliche Festhalten der Bundeswehr an ihren Nutzungsplänen für das Militärgelände im nördlichen Brandenburg gewesen sein. Deshalb sollte nicht ausgeschlossen werden, daß die Bundeswehr in Revision geht oder andere Wege findet, um Sachzwänge zu konstruieren, durch die das Bombodrom doch noch in ihre Hände fällt.

Die nukleare Teilhabe an sich geht mit dem OVG-Urteil selbstverständlich nicht verloren. Es bedeutet lediglich, daß die deutschen Kampfpiloten das Abwerfen der menschheitsgeschichtlich zerstörerischsten Waffe weiterhin "nur" im Ausland werden üben können, was alles andere als bedauerlich ist.

27. März 2009