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LAIRE/1105: Call of Duty - Shooter-Spiel schlägt alle Verkaufsrekorde (SB)


Bestens gedrillte Shooter zum Nutzen der militarisierten Gesellschaft


4,7 Millionen mal wurde das Computerspiel "Call of Duty - Modern Warfare 2" innerhalb der ersten 24 Stunden seines Erscheinens allein in den USA und Großbritannien verkauft, teilten die Hersteller am Donnerstag mit. 310 Millionen Dollar wurden hierdurch eingenommen. Selbst Hollywood-Blockbuster können da nicht mithalten. In der Spielebranche werden höhere Umsätze gemacht als in der Kinowelt. In Scharen pilgerten Käufer, teils von sehr weit und unter Ausnutzung von Urlaubstagen, zu ihren Konsumtempeln, um so schnell wie möglich dem "Ruf zur Pflicht" Folge zu leisten. Bei der Verkaufseröffnung in London fuhren als amerikanische GI verkleidete Statisten in einem Militärfahrzeug vor und inszenierten einen realen Einsatz, um die Kauflust zu steigern.

Technisch gesehen übertrifft das Spiel aus dem Hause Activision alle bisherigen Videospiele deutlich. Inhaltlich hebt es sich nicht aus der Masse der Shooter Games hervor. Das muß es auch nicht. Es erfüllt alle Kriterien, wie sie sich die Rekrutierungsbüros der US-amerikanischen und britischen Armee nicht besser hätten einfallen lassen können. Heute schon bildet die U.S. Air Force mehr Pilotennachwuchs am Joystick, mit dem unbemannte Drohnen gelenkt werden, als an realen Kampfflugzeugen aus. Die virtuelle Welt ist nicht weniger tödlich.

In "Call of Duty" darf der Spieler als Mitglied einer Spezialeinheit rund um den Globus Jagd auf einen fiesen Terroristen und seine gefühlskalten Kumpanen machen. Die für Deutschland verhängte Altersfreigabe auf 18 Jahre und die "Entschärfung" durch eine eigene Version, in welcher der Spieler bei einem Flughafenmassaker nicht auf Zivilisten, sondern nur auf Polizisten schießen darf, kann man getrost vernachlässigen. Im Zweifelsfall besorgt sich der Spieler, welchen Alters auch immer, die internationale Version.

Solange es solche Spiele gibt, brauchen sich die Armeen dieser Welt keine Nachwuchssorgen zu machen. Mit Spielen wie Call of Duty - Modern Warfare wird das Kanonenfutter von morgen vorgebildet und in einen umfassenden Bereitschaftsmodus versetzt, der über den militärischen Aspekt hinaus die ganze Klaviatur menschlicher Empfindungen, Werte, Absichten und Ziele bedient. Hier wird ein Drache mit Futter versorgt, der sich noch nie einfach nur in die Form einer Kanone gießen ließ. Der Ruf zur Pflicht erschallt schon in den mit Zwangsmöbeln wie Stuhl und Schreibpult dotierten Grundschulen, wird von den höheren Bildungsstätten aufgegriffen und in den Werkstätten und Büros des späteren Berufslebens fortgetragen.

Wodurch sonst lassen sich Menschen zu Be-rufen nötigen, wenn nicht durch ihre von früh auf geschulte Ansprechbarkeit auf jenen, von fremdnützigen Interessen ausgehenden Ruf? Die Bundesregierung läßt "Deutschland" nicht nur am Hindukusch verteidigen, sondern eben auch bei VW in Wolfsburg, der Deutschen Bank in Frankfurt, im x-beliebigen bayerischen Braukeller oder bei den Krabbenpuhlern in Büsum. Der spielerische Umgang mit dem Einsatz von Waffen ist keine Erfindung der Neuzeit. Mit einem Verbot der Computer-Spiele erhöhte sich ihre Attraktivität. Vor allem änderte es nichts an der Bereitschaft von Menschen, sich in eine vorprogrammierte Schubladenwelt hineinzubegeben und im Drücken von elektronischen Knöpfen Sinn und Erfüllung zu finden.

13. November 2009