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DILJA/1128: Rassismuskonferenz der UN im Dienste israelischer Interessen (SB)


Westliche Frontstaaten untergraben das Ansehen der Vereinten Nationen

Rassismus-Konferenz im Vorfeld ihrer israel-kritischen Positionen entledigt


Im Rahmen der Vereinten Nationen besteht seit der Gründung dieser vorgeblich der Wahrung des Weltfriedens gewidmeten internationalen Organisation mit der in der UN-Charta niedergelegten Lizenz zu militärischen Interventionen ein fundamentaler Interessenskonflikt zwischen den (westlichen) Siegermächten des Zweiten Weltkrieges und den Staaten der vormals kolonialisierten Kontinente, deren Subordination in der Nachkriegsordnung durch die Bezeichnung "Entwicklungsländer" fort- und festgeschrieben wurde. Die atomar bewaffneten Siegermächte, aus deren Reihen die eigentlich zur kapitalistischen Staatenwelt antagonistische Sowjetunion keineswegs herausdefiniert werden konnte, schufen sich mit dem Weltsicherheitsrat ein Gremium, in dem sie die militärischen Auseinandersetzungen des vorhersagbaren "Kalten Krieges" so austarieren konnten, daß ihre eigenen Territorien und unmittelbaren Einflußsphären zulasten peripherer Regionen von Tod und Vernichtung weitgehend freigehalten werden konnten.

Mit einer internationalen Friedensordnung, die diesem Namen aus basisdemokratischer Sicht gerecht zu werden sucht, ist dieses Konstrukt, in dem die Vetomächte eine gegenüber allen anderen UN-Mitgliedsstaaten vollkommen unangreifbare Position einzunehmen imstande sind, beileibe nicht zu verwechseln, und so ist es ganz gewiß kein Zufall, daß der Weltsicherheitsrat über die Option verfügt, den von ihm erlassenen verbindlichen Resolutionen im Zweifelsfall militärisch Nachdruck zu verleihen, während die Generalversammlung der Vereinten Nationen, also das Gremium, in dem nicht nur alle Mitgliedstaaten vertreten sind, sondern alle über dasselbe Stimmrecht verfügen, bestenfalls unverbindliche Resolutionen verabschieden, jedoch keinerlei Druckmittel einsetzen kann.

Der sich aufdrängende Verdacht, die Vollversammlung, in der selbstverständlich all die Staaten die Mehrheit stellen, die nicht wie die Vetomächte über eine politische, wirtschaftliche und militärische Vormachtstellung verfügen, sei nicht viel mehr als eine weltpolitische Spielwiese, in der den nach wie vor benachteiligten Staaten und Regionen dieser Welt die Illusion einer Einflußnahme geboten wird, ohne daß diese je an den Stellschrauben der internationalen Hackordnung und Raubstruktur drehen könnten, hat sich einmal mehr im Jahre 1997 bewahrheitet, als die UN-Generalversammlung mit der Resolution 52/111 den Grundstein für Konferenzen im Rahmen der Vereinten Nationen zum Thema Rassismus legte. Die erste UN-Rassismus-Konferenz fand bekanntlich 2001 im südafrikanischen Durban statt; die nächste soll in Bälde, nämlich im April dieses Jahres in Genf, stattfinden.

Allein, es steht nicht zu erwarten, daß diese Veranstaltung irgendeine Bedeutung über ihre systemerhaltene Funktion hinaus, nämlich den Verlierern der internationalen Wirtschaftsbeziehungen und westlichen Vorherrschaft zu suggerieren, ihre Lage, unter dem Begriff "Rassismus" subsumiert, durch entsprechende Bemühungen im Rahmen der Vereinten Nationen verbessern zu können, erhalten könnte. Die Rassismus-Konferenzen, die in aller Welt in Seminaren intensiv vor- und nachbereitet werden, sollen offiziell dem Zweck dienen, das Phänomen Rassismus und insbesondere auch das Verhalten der Regierungen hinsichtlich dieses Problems zu untersuchen. 2001 kam es in Durban zu einem Eklat. Die Repräsentanten Israels sowie der USA verließen empört die Konferenz, nachdem die Teilnehmer in ihrer Abschlußerklärung den Zionismus als rassistisch bezeichnet und die Politik Israels gegenüber den Palästinensern kritisiert hatten.

Ein solcher Fauxpas soll und darf nach Ansicht der führenden westlichen Staaten nicht noch einmal passieren, und so machten sie im Interesse Israels von ihren Einflußmöglichkeiten regen Gebrauch, um diesmal bereits im Vorwege zu verhindern, daß es zu einer abermaligen Abschlußerklärung mit israelkritischen Positionen kommen könnte. Insbesondere nach der am vergangenen Montag geschlossenen Koaltionsvereinbarung zwischen dem rechten Likud von Benjamin Netanjahu und der nicht anders als offen rassistisch zu bezeichnenden Partei Jisrael Beitenu wäre mit einer deutlichen Kritik seitens der Konferenzteilnehmer zu rechnen gewesen. Allem Anschein nach ist ein solcher politischer Imageschaden für die neue israelische Regierung, auch wenn sie die Amtsgeschäfte noch gar nicht übernommen hat, ebenso inakzeptabel wie für ihre westlichen Verbündeten, und so übernahm Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die Aufgabe, im Vorfeld auf die Konferenz einzuwirken und ihr eine pro-israelische Haltung aufzuzwingen.

Am Montag erklärte Steinmeier, die - im Entwurf bereits bekannte - Abschlußerklärung der zweiten UN-Rassismus-Konferenz wäre "zu einseitig". Bei einem Treffen mit seinen EU-Außenministerkollegen drängte Steinmeier darauf, den Boykott der Konferenz seitens der EU ins Auge zu fassen. Einige Staaten - Israel, die USA, Kanada, Australien und Italien - haben bereits angekündigt, der Konferenz in Genf fernbleiben zu wollen, weil Israel dort "unangemessen kritisiert" werden würde. Die Anti-Rassismus-Konferenz drohe, so Steinmeier, "mißbraucht" zu werden. Seine Boykottdrohungen blieben nicht ohne Folgen. Es folgte die Forderung nach einer Abänderung des vorbereiteten Abschlußdokuments, abermals verknüpft mit der auch vom amtierenden EU-Ratspräsidenten, dem tschechischen Außenminister Karel Schwarzenberg, erhobenen, kaum verhohlenen Boykottdrohung, daß es "einen starken Ruf nach einer Absage unserer Teilnahme" gäbe, sollten die Papiere nicht wie gewünscht abgeändert werden.

Die EU drohte in ihrem wie auch im Interesse Israels, die Organisatoren der Rassismus-Konferenz beugten sich dem Druck. Der Text, in dem zuvor von einer "rassistischen Diskriminierung der Palästinenser durch Israel" die Rede war, wurde wesentlich gekürzt, wobei drei weitere Anträge, die den dominierenden Staaten dieser Weltordnung nicht genehm waren, gleich mit dem Rotstift zum Opfer fielen, lange bevor die Konferenz überhaupt eröffnet wurde. So wird das Abschlußdokument nun nicht mehr den von arabisch-islamischen Staaten 2005 nach den Auseinandersetzungen um die Mohammed-Karikaturen vorgebrachten Absatz gegen die Diffamierung von Religionen enthalten. Die von afrikanischen Staaten vorgeschlagene Entschädigung für die Sklaverei fand ebensowenig Gnade wie der von westlichen Staaten eingebrachte Vorschlag zur Diskrimierung der Homosexualität.

Ausschlaggebend dürfte jedoch die politische Vorfeldzensur im Interesse Israels gewesen sein, hatte die Rohfassung doch Sätze enthalten, in denen die Besetzung der palästinensischen Gebiete als "zeitgenössische Art der Apartheid und ernsthafte Bedrohung des internationalen Friedens" bewertet wurde. Desweiteren wäre in dem nun bereinigten Dokument erklärt worden, daß diese Besetzung "den Absichten und Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen" widerspreche - was fraglos zutreffend ist und deutlich macht, warum, noch dazu unter maßgeblicher Beteiligung der deutschen Bundesregierung, in einer zutiefst undemokratischen Weise die Vereinten Nationen korrumpiert und instrumentalisiert wurden, obwohl den beteiligten Gremien nicht einmal die Möglichkeit offenstand, gegen Israel wie gegen das Südafrika der Apartheid wirksame Sanktionen zu verhängen.

19. März 2009