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AFRIKA/1793: USA mitverantwortlich für LRA-Massaker in Ostkongo (SB)


Operation Lightning Thunder - Zivilbevölkerung zwischen den Fronten

US-Berater helfen ugandischer Armee gegen Rebellen


Die USA sind am gewaltsamen Tod von schätzungsweise 900 Dorfbewohnern in Ostkongo mitverantwortlich. Denn sie haben ugandische Truppen unterstützt, damit sie Jagd auf Rebellen machen, die daraufhin außer Rand und Band geraten und marodierend durchs Land gezogen sind.

Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten verbreitet die Rebellenorganisation Lord's Resistance Army (LRA) des Joseph Kony zunächst in Uganda, dann auch in Südsudan und nun in der Demokratischen Republik Kongo Angst und Schrecken unter der Bevölkerung. Der Internationale Strafgerichtshof (ICC) hat vor einigen Jahren internationale Haftbefehle gegen Kony und seine Stellvertreter ausgestellt und damit einen innerugandischen Friedensprozeß torpediert. Für viele Einwohner Nordugandas, wo Kony und seine Leute regelmäßig geplündert, gemordet und Kinder entführt haben, war Rache eines ihrer wichtigsten Anliegen. Doch schwerer wog bei vielen der Wunsch nach Frieden, und so wären sie bereit gewesen, auf ihre Rache und eine Strafverfolgung der LRA-Führung zu verzichten, wenn nur endlich Frieden einkehrte und sie sich nicht mehr nachts in speziell gesicherten Schutzzonen zurückziehen müssen.

Für die Bewohner Nordugandas hat sich die Lage inzwischen gebessert, da die LRA in den Osten der DR Kongo abgedrängt wurde. Doch nun wird die dortige Bevölkerung heimgesucht. Da war es geradezu kontraproduktiv, daß das US-Militär einen Vorstoß der ugandischen Armee am 14. Dezember 2008 gegen die LRA unterstützt hat. Wie die "New York Times" (7.2.2009) berichtete, hat dabei ein Team aus 17 US-Beratern und -Analysten mit ugandischen Offizieren zusammengearbeitet. Zudem stellten die USA Satellitentelefone, Informationen und eine Million Dollar für Treibstoff zur Verfügung. Die ganze Operation war ein Schlag ins Wasser. Schlimmer noch, bei ihrer Flucht töteten die Rebellen vermutlich bis zu 900 Einwohner.

Eigentlich wollten die Streitkräfte Ugandas (UDPF) gemeinsam mit denen Südsudans (SPLA) und der DR Kongo (FARDC) im Rahmen der "Operation Lightning Thunder" die LRA zerschlagen, doch ähnliche Versuche waren auch in der Vergangenheit schon gescheitert. Auch wenn jetzt wichtige Stützpunkte der LRA bombardiert und ausgehoben wurden, konnten Kony und seine Leute nicht gestellt werden. Nun marodieren sie erneut in der ostkongolesischen Provinz Orientale, mit einem Grenzübertritt in die Zentralafrikanische Republik oder in den Südsudan muß jederzeit gerechnet werden.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, die Südafrikanerin Navi Pillay, bezeichnete die Verbrechen der LRA als "grotesk", kritisierte aber die an der Verfolgung der Rebellen beteiligten Regierungen. Solange die militärischen Aktionen nicht angemessen geplant und durchgeführt werden, würden sie zu weiteren Menschenrechtsverletzungen führen, meinte Pillay. Die Zivilbevölkerung sei faktisch zwischen den Konfliktparteien gefangen.

Die katholische Hilfsorganisation Caritas International berichtete Ende Dezember, daß die LRA allein über die Weihnachtstage mehr als 400 Menschen umgebracht hat. Zeitgleich wurden mehrere Dörfer heimgesucht, Hütten in Brand gesteckt und deren Bewohner getötet oder verschleppt. Unter anderem wurde ein von Caritas organisiertes Konzert in der Stadt Faradje überfallen. Am nächsten Tag kamen die Rebellen wieder, rund 150 Menschen fielen ihnen zum Opfer. Während der Friedensverhandlungen mit der LRA im vergangenen Jahr in der südsudanesischen Stadt Juba hatte Caritas die LRA-Rebellen mit Lebensmitteln versorgt.

Auch vor der konzertierten Aktion der drei genannten Länder gegen die Rebellen mit Unterstützung der USA hatte die LRA Dörfer überfallen und ihre Bewohner umgebracht. Insofern kann den USA nicht die volle Verantwortung für das anschließende Blutbad durch die Rebellen nach dem Vormarsch der Regierungsarmeen angelastet werden. Das Versäumnis erfolgte an anderer Stelle, nämlich da, wo die internationale Gemeinschaft, einschließlich der Vereinigten Staaten, mit dem ICC als Speerspitze dem angeblich höheren Recht der Strafverfolgung Konys und der LRA das Wort redeten und den erklärten Willen vieler Ugander zum Friedensschluß, und sei er noch so bitter, mißachteten.

9. Februar 2009