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AFRIKA/1803: G20-Finanzminister - Kampfansage an die dritte Welt (SB)


G20-Finanzminister schreiben sich Kampf gegen Protektionismus auf die Fahne


Bei der aktuellen Berichterstattung über das Treffen der Finanzminister der G20-Staaten am Samstag im britischen Horsham wird die verkappte Kampfansage der Teilnehmer an die Länder des Südens gern unterschlagen. Bereits im ersten des acht Punkte umfassenden Abschlußkommuniqués erklären die Politiker, daß sie sich "zum Kampf gegen alle Formen von Protektionismus verpflichten" und Handel und Investitionen aufrechterhalten.

Von allen der mehr als 50 afrikanischen Staaten durfte lediglich Südafrika mit am Verhandlungstisch sitzen. Es läßt sich denken, daß es angesichts der geballten Übermacht der übrigen Teilnehmer wenig bis gar keinen Einfluß geltend machen konnte. Zudem ist Südafrika im Verhältnis zu allen anderen afrikanischen Staaten ein Industriestaat, dessen Regierung einen "Neoliberalismus light" betreibt, sich also ebenfalls nicht sonderlich für die Interessen der ärmsten Staaten stark macht.

Obgleich also bei dem Vorbereitungstreffen für den G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 2. April in London die Weichen für die gesamte Weltwirtschaft gestellt wurden, besaßen 850 Millionen Afrikaner keine Stimme. Wären sie zu Wort gekommen, so hätte es keine Verpflichtung zum Kampf gegen "alle Formen" des Protektionismus geben dürfen, stellt doch der Schutz der heimischen Wirtschaft für die Länder des Trikonts ein wichtiges Mittel der Existenzsicherung der Bauern ebenso wie der in den letzten Jahren allmählich aufkeimenden Wirtschaft dar.

Es ist kein Zufall, daß der Europäischen Union erheblicher Widerstand bei der Verabschiedung sogenannter Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs - economic partnership agreements) mit den AKP-Staaten - ehemalige Kolonien in Afrika, der Karibik und dem pazifischen Raum, die Handelspräferenzen genießen - entgegenschlägt, und das, obgleich die EU mit emsigen Einsatz von Zuckerbrot und Peitsche versucht, die Länder untereinander zu spalten und zum Einknicken zu bewegen. Die EPAs sehen unter anderem Handelserleichterungen für die AKP-Staaten vor, umgekehrt sollen sie aber ihre Zollschranken aufheben und die kapitalstarken Investoren des Nordens ins Land lassen. Darüber hinaus strebt die EU eine Öffnung des Dienstleistungsbereichs an, was die Regierungen endgültig zu bloßen Zuschauern des Raubs und der Verwertung der heimischen mineralischen, biologischen und eben auch menschlichen Ressourcen machte.

Sicherlich ist die Absage an alle Formen des Protektionismus nicht zentral gegen die afrikanischen Staaten gerichtet. Dazu sind sie globalwirtschaftlich gar nicht einflußreich genug. Es geht im Kern um die Zusage der Regierungen der G20-Staaten, den sogenannten freien Welthandel aufrechterhalten zu wollen - ob dies eingehalten wird, ist eine andere Frage -, aber dennoch dürfte Afrika davon besonders schwer getroffen werden. Womöglich werden künftige Verhandlungen auf internationaler Ebene noch härter geführt, und es werden Ergebnisse produziert, die keinesfalls im Interesse der afrikanischen Länder sein können.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist längst in Afrika angekommen, mit mannigfaltigen negativen Folgen in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen rechnen selbst IWF und Weltbank. Entwicklungs- und Nahrungsmittelhilfe, Investitionen von ausländischen Unternehmen und Geldüberweisungen von Afrikanern im Ausland an ihre Familien gehen allgemein zurück. Die Nahrungspreise sind zwar nach der Preisexplosion im vergangenen Jahr gesunken, aber auf einem deutlich höheren Niveau als in der Zeit davor verharrt. Inzwischen steigen die Preise wieder, und die Armut nimmt zu. Sollten die Länder ihre Zollschranken aufheben und ihre oft empfindliche heimische Wirtschaft auch durch keine anderen Maßnahmen vor den Global Players oder subventionierten Agrarerzeugnissen aus der EU schützen dürfen, wird die Not in Afrika unvermeidlich anwachsen.

16. März 2009