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AFRIKA/1820: Neokolonialismus - Mosambik exportiert Ethanol (SB)


Mosambiks Regierung hegt weitreichende Pläne zum Anbau von Energiepflanzen


Die Freude eines mosambikanischen Regierungsmitarbeiters über die Investitionssumme von 710 Millionen Dollar, den ausländische Unternehmen in die Ethanolproduktion des Landes gesteckt haben, muß man nicht teilen. Roberto Albino, Direktor des staatlichen Zentrums zur Förderung der Landwirtschaft (CEPARGI), berichtete am Dienstag gegenüber Reuters [1], daß künftig 440 Millionen Liter Ethanol aus Zuckerrohr produziert und dafür eine Fläche von 48.000 Hektar in sechs Provinzen bereitgestellt werden sollen. Das könnte 7.000 bis 10.000 Arbeitsplätze bringen.

Die Investitionen wurden von Principle Energy, Groun Resources und ProCana Ltd. getätigt. Letzteres Unternehmen hat die umfangreichsten Vereinbarungen mit der Regierung getroffen, unter anderem die Belieferung einer staatlich geführten Ethanoldestillerie.

Die langfristigen Pläne der Regierung sehen vor, daß bis 2020 eine Fläche zwischen 80.000 und 130.000 Hektar für die Agrospritproduktion aus Zuckerrohr und Sorghum kultiviert wird. Laut Albino könnten daraus 835 Millionen bis 1,6 Milliarden Liter Ethanol jährlich gewonnen werden. Die Investitionssumme von 710 Millionen Dollar, die ausländische Unternehmen eingebracht haben, soll nur einen Nutzen abwerfen: Profit.

Was für Mosambik abfällt, wird dies ein verschwindend kleiner Teil sein. Jene 7.000 bis 10.000 Arbeitsplätze auf Zuckerrohrplantagen und in der Ethanolherstellung sind bislang lediglich in Aussicht gestellt, sie sind noch nicht verwirklicht. Ob diese Zahl tatsächlich zustandekommt, ist somit ungewiß; falls ja, muß man davon ausgehen, daß die Arbeit auf dem Feld und in der Fabrik sehr schlecht bezahlt werden. Das wäre typisch für eine personalintensive Landwirtschaft und kann auch gar nicht anders sein, denn die oben genannten Unternehmen müssen profitorientiert, ausbeuterisch sein. Das geht üblicherweise zu Lasten derjenigen, die in der Produktionskette die miesesten Tätigkeiten verrichten, also die Erntearbeiter und ungelernten Beschäftigen aus der Ethanolfabrik. Das gilt sowohl für Zuckerrohr als Ausgangsmaterial für Agrosprit als auch für Jatropha, für die Mosambiks Regierung im vergangenen Monat eine landwirtschaftliche Strategie vorgelegt hat. Der Regierung liegen eigenen Angaben zufolge Anfragen für über fünf Millionen Hektar zu bewirtschaftender Fläche vor, auf der aus Jatropha, Sonnenblumen und Kokosnüssen Biodiesel gewonnen werden soll.

Werden allein die wirtschaftlichen Kerndaten vorgebracht, scheinen Mosambik und die vielen anderen afrikanischen Staaten, die Flächen für den Anbau sogenannter Energiepflanzen zur Verfügung stellen, großartig ins Geschäft zu kommen. Die gleiche Aufbruchstimmung wiederholte sich allerdings in jedem Jahrzehnt seit dem (vermeintlichen) Ende der Kolonialzeit. Für die Verheißungen in der heutigen Ära fühlt sich anscheinend Massimo Marletto, Berater der Biosprit-Handelsvereinigung PANGEA, zuständig. Laut Reuters [2] legte er kürzlich eine Studie vor, derzufolge die Europäische Union zur Erreichung ihres Ziels, den Biospritanteil an der Treibstoffproduktion auf zehn Prozent bis zum Jahr 2020 zu erhöhen, einen Mangel von fünf bis acht Milliarden Litern Ethanol verzeichnet. Die EU benötige dafür 40 bis 62 neue Destillerien mit einer durchschnittlichen Kapazität von 129 Millionen Litern Ethanol. Ein großer Teil könne aus Afrika kommen, stellte Marletto auf einer Biosprit-Konferenz in Aussicht. Ein ähnlicher Bedarf bestehe bei Biodiesel.

Solche Zahlen mögen auf den ersten Blick beeindrucken, doch geht aus ihnen nicht hervor, welche Vor- oder Nachteile daraus erwachsen. Laut der CEPARGI wird fast das gesamte in Mosambik hergestellte Ethanol in die Europäische Union exportiert. Nun hat aber die postkoloniale Zeit gezeigt, daß der Monokulturanbau, sei es mit Kaffee, Kakao oder anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, nie die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllt hat. Der wirtschaftliche Aufschwung, sofern er überhaupt stattfand, wurde vom Schuldendienst der afrikanischen Staaten getilgt und brachte in der Regel wenige Profiteure und viele Verarmte hervor. Die aktuellen Entwicklungen bieten keinen Anlaß zu der Vermutung, daß es diesmal anders kommt.


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Anmerkungen:

[1] "Investment worth $710m flows into Mozambique ethanol projects", 14. April 2009
http://www.engineeringnews.co.za/article/investment-worth-710m-flows -into-mozambique-ethanol-projects-2009-04-14

[2] "EU will need African ethanol to meet targets - study", Reuters, 3. April 2009
http://www.engineeringnews.co.za/article/eu-will-need-african-ethanol -to-meet-targetsstudy-2009-04-03

22. April 2009