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AFRIKA/1825: Landraub - Malaysischer Konzern investiert in Liberia (SB)


Biosprit statt Nahrung

Liberias Regierung verpachtet im großen Maßstab Ländereien


Der Landraub in Afrika hält unvermindert an. Die Preissteigerung für Nahrungsmittel und Getreide seit Beginn dieses Jahrzehnt hatte schließlich in den Jahren 2007, 2008 einen explosionsartigen Schub erhalten. Plötzlich war auf dem sogenannten Weltmarkt die Nahrung knapp. Einige traditionell nahrungsexportierenden Länder verlangten auf einmal höhere Exportsteuern oder verhängten gar ein Ausfuhrverbot für Reis und andere Getreidesorten. Das wiederum hat Nahrungsimportländer, unter anderem Saudi-Arabien, China, Indien, Südkorea, aufgeschreckt. Wenn es auf dem angeblich freien Markt nichts mehr zu kaufen gibt, müssen bilaterale Verträge geschlossen werden, damit die Nahrungsversorgung künftig gesichert ist, sagten sich die Regierungen und ließen der Erkenntnis alsbald Taten folgen. Sudan, Äthiopien Uganda, Kenia, Mosambik, Madagaskar und weitere afrikanische Länder verpachteten staatliches oder kommunales Land, auf dem die ausländischen Investoren Landwirtschaft für die Nahrungsmittelproduktion oder auch die Herstellung von Biosprit betreiben dürfen. Nicht selten, daß die Ländereien bis dahin von der einheimischen Bevölkerung genutzt wurden, um Vieh zu weiden oder Holz und Früchte zu sammeln, und ebenfalls nicht selten, daß es zum Gefallen der Investoren zu Vertreibungen kam.

Auch Liberia hat sich diesem problematischen Trend angeschlossen. Das Versprechen lautet auch hier, daß durch die Investition die wirtschaftliche Entwicklung gefördert wird. Dagegen wäre zunächst einmal nichts einzuwenden, wenn nicht, in der Regel durch die politischen und wirtschaftlichen Strukturen vorgegeben, nur ein kleiner Teil der Bevölkerung vom Wirtschaftsaufschwung profitierte.

Diesen Monat hat Liberias Regierung einen Pachtvertrag mit dem größten malaysischen Unternehmen Sime Darby abgeschlossen und ihm gestattet, Plantagen mit Palmen zur Gewinnung von Palmöl und eine Gummifabrik zu errichten. [1] Im ersten Schritt will der Konzern 20 Millionen US-Dollar für die Erschließung von 10.000 Hektar Palmenplantagen einsetzen. Die Laufzeit des Pachtvertrags läuft über 63 Jahre, weitere Investitionen sind fest eingeplant. Reuters berichtet unter Berufung auf Richard Tolbert, Vorsitzender der National Investment Commission Liberias, daß das Unternehmen alles in allem Investitionen in Höhe von 800 Millionen Dollar eingeplant hat. Dafür hat es sich ein Vorpachtrecht in dem westafrikanischen Land erworben. [2]

Es wird berichtet, daß Sime Darby die Erlaubnis besitzt, 220.000 Hektar zu bewirtschaften. Das ist mehr als das Doppelte der als Obergrenze festgelegte Fläche von 100.000 Hektar, die dem Unternehmen innerhalb Malaysias aufgrund von Landnutzungsbestimmungen zugestanden wurden. In Liberia, das sich noch immer von dem vierzehnjährigen Bürgerkrieg, der 2003 endete, erholen muß, herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, so daß insbesondere die Aussicht auf 20.000 neue Arbeitsplätze binnen zehn Jahren durch Darby verheißungsvoll klingen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Zahl tatsächlich zustande kommt, ob die Arbeitsplätze tatsächlich mit Einheimischen besetzt werden und um welche Art von Arbeit, die hier absolviert wird, es sich handelt. Ohne daß Einzelheiten des Vertrags zwischen Liberia dem malaysischen Konzern bekannt gegeben wurden, wäre erwartungsgemäß davon auszugehen, daß die neuen Arbeitsplätze fast ausschließlich am untersten Ende der Wertschöpfungskette anzusiedeln sind. Kautschuksammler und Erntehelfer in der Palmölgewinnung verdienen in der Regel so wenig, daß sie kaum ihre Familien ernähren können.

In Asien werde es zunehmend schwieriger, Land für Plantagen zu erwerben, sagte Sime-Chef Ahmad Zubir Murshid in einer Stellungnahme laut Reuters. Deshalb sei es geboten, neue Fronten zu suchen, um den wachsenden Bedarf zu decken. [3] Dieser Erklärung kann entgegengehalten werden: In Afrika wird es immer schwieriger, Land für Plantagen zur Produktion von Nahrung zu bewirtschaften und die Menschen zu ernähren. Entgegen der Zusage und der Erwartung der UN-Millenniumsziele, bis 2015 die Zahl der Hungernden in Afrika halbieren zu wollen (und zwar, indem die Hungernden Nahrung erhalten, und nicht, indem sie verhungern), nimmt die Zahl der Hungernden permanent weiter zu. Es bestehen Zweifel daran, daß die Lizenzvergabe an das malaysische Unternehmen geeignet ist, die Armut eines großen Teils der liberianischen Bevölkerung zu beheben.


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Anmerkungen:

[1] "Malaysian firm clinches deal to grow palm, rubber", TradeInvestAfrica, 5. Mai 2009
http://www.tradeinvestafrica.com/news/149260.htm

[2] "Sime Darby deal to create 20,000 jobs - Liberia Reuters", 5, Mai 2009
http://farmlandgrab.blogspot.com/2009/05/sime-darby-deal-to-create-20000-jobs.html

[3] "Sime Darby turns to Liberian palm, rubber estates", Reuters, 4. Mai 2009
http://af.reuters.com/article/investingNews/idAFJOE54300S20090504?sp=true

7. Mai 2009