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AFRIKA/1851: Ungenügende Spenden für UN-Hilfsorganisationen (SB)


Wirtschaftskrise verschlimmert Armut

UN-Koordinator für Humanitäre Hilfe spricht von Spendenmangel in Höhe von fast fünf Milliarden Dollar


Die UN-Hilfsorganisationen verzeichnen einen ungedeckten Rekordbedarf an Hilfsgeldern. Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat viele Menschen zusätzlich in Existenznot geworfen, mehr als eine Milliarde haben regelmäßig nicht genügend zu essen. Besonders betroffen sind die afrikanischen Länder. Zwar waren deren Banken kaum in internationale Spekulationsgeschäfte verwickelt und konnten deshalb auch nicht so hohe Verluste einfahren wie die Banken auf anderen Kontinenten, aber dafür schlägt der globale wirtschaftliche Einbruch um so härter zu.

Dem halbjährlichen Bericht der UN-Hilfsorganisationen zufolge beträgt der Fehlbetrag 4,8 Milliarden Dollar. Das ist wenig verglichen mit den riesigen Milliardenbeträgen, die die Regierungen in letzter Zeit zur Rettung ihrer Banken und Unternehmen aus Steuergeldern aufgewendet haben, aber es ist eine große Summe verglichen mit dem Mangel, den die UN-Hilfsorganisationen bei früheren Gelegenheiten verzeichnet hatten. John Holmes, vom UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA), berichtete laut der britischen Zeitung "The Guardian" vom heutigen Dienstag [1], es sei klar, daß die globale Rezession die Hilfebudgets des Geberländer unter Druck setze - aber natürlich sei der Druck auf die von der Krise betroffenen Menschen in den armen Ländern unermeßlich viel stärker.

Die Vereinten Nationen haben zwar in den ersten sechs Monaten dieses Jahres Spenden im Umfang von 4,6 Milliarden Dollar erhalten, was über dem Vorjahreswert liegt, aber es fehlten eben noch fast fünf Milliarden Dollar, und das sei Rekord, so Holmes. Namentlich nannte er die Länder Kenia und Simbabwe sowie Palästina, in denen sich die humanitäre Lage im vergangenen halben Jahr verschlechtert habe.

In Kenia gibt es umfassende strukturelle landwirtschaftliche Probleme, die von der Regierung nicht in Angriff genommen wurden, und es hat in diesem Jahr in östlichen und nördlichen Landesteilen kaum geregnet, was dort zu schwerwiegenden Ernteausfällen führt. Außerdem leben mehrere hunderttausend Einwohner aus dem benachbarten Somalia, in dem Bürgerkrieg herrscht, in kenianischen Flüchtlingslagern. Die Palästinenser, vor allem im Gazastreifen, leiden unter der Blockadepolitik Israels, und in Simbabwe gibt es eine überbordende Regierung mit vielen Ämtern, einem steten Postengerangel und einer anscheinend unstillbaren Dauerfehde zwischen der lange Zeit alleinregierenden Partei Zanu-Pf von Präsident Robert Mugabe und seinem Premierminister Morgan Tsvangirai vom ehemaligen Oppositionsbündnis MDC. Mehrere Millionen Simbabwer haben im Laufe dieses Jahrzehnts das Land verlassen, ein großer Teil der Bevölkerung ist auf Lebensmittelhilfe angewiesen.

Die Lage in Somalia verschlechtere sich aktuell ebenfalls, erklärte Holmes, aber nur deswegen, weil ein Hilfsprogramm wegen der unsicheren Lage abgesagt werden mußte. Die Gefahr für die Mitarbeiter sei zu groß.

Die G8-Staaten haben kürzlich bei ihrem Gipfel in L'Aquila mehr Hilfe für die afrikanische Landwirtschaft zugesagt, aber bekanntlich ist Papier geduldig. Die Geschichte der Armut in Afrika ist zugleich eine Geschichte der großartig klingenden, aber nicht eingehaltenen Versprechen seitens der relativ wohlhabenden Staaten. Die Jahr für Jahr um Spenden bittenden UN-Hilfsorganisationen erfüllen grundsätzlich eine wichtige legitimatorische Funktion bei der Bewahrung der vorgegebenen, die armen Länder benachteiligenden Weltordnung.


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Anmerkungen:

[1] "UN short nearly $5bn for aid projects as global recession cuts donations", The Guardian, 21. Juli 2009
http://www.guardian.co.uk/world/2009/jul/21/united-nations-budget-report-humanitarian

21. Juli 2009